RE:Alkidamas 4
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Rhetor und Sophist aus Elaia, 4. Jh. v. Chr., Schüler des Gorgias | |||
Band I,2 (1894) S. 1533 (IA)–1539 (IA) | |||
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4) Rhetor und Sophist (φιλόσοφος bei Suid.) im 4. Jhdt. v. Chr., gebürtig aus Elaia in Aiolis, Sohn eines Diokles, der μουσικά geschrieben (Suid.). Wenn der Autor des Quintilian (III 1, 10) von A. sagt quem Palamedem Plato appellat, so verwechselt er offenbar den Elaïten A. mit dem Eleaten Zenon, den Platon (Phaidr. 216 D) unter dem Ἐλεατικὸς Παλαμήδης versteht (Diog. L. IX 25). Schüler und Schulerbe des Gorgias (Dion. de Isae. 19. Athen. XIII 592c. Suid. s. Ἀλκιδάμας, Δημοσθένης 1, Γοργίας), trat A. als Wortführer des Teils der Gorgias-Schüler, die in des Meisters Bahnen verblieben, offen gegen seinen ziemlich gleichaltrigen Mitschüler Isokrates (Tzetz. Chil. XI 670. 746) und die durch diesen vertretene neue Richtung auf. [1534] Gegenüber der langen Reihe hervorragender Isokrates-Schüler muss es uns befremden (wenn es sich auch erklären lässt, s. Reinhardt 14f.), dass kein einziger Name eines A.-Schülers auf uns gekommen ist; nur ganz allgemein werden bei einem späteren Scholiasten (zu Hermog. VII 8 W.) οἱ περὶ Ἀ. genannt. Die Nachricht, dass Aischines ein Schüler des A. gewesen sei, beruht auf einer willkürlichen Folgerung aus der Ähnlichkeit beider in Bezug auf Stegreifrede und Stil (Suid. s. Αἰσχίνης 1. Phot. bibl. 20 a b mit Ruhnkens Änderung Ἀλκιδάμαντι); höchstens mag Aischines die von A. verfasste Rhetorik studiert haben (Schäfer Demosth. u. s. Zeit I 230f. Suid. μαθητὴς κατὰ τὴν ῥητορικὴν Ἀλκιδάμαντος). Letzteres berichtet Hermippos, der seine Nachricht dem Ktesibios entlehnt hat, von Demosthenes, der sich durch Mittelspersonen die τέχναι des A. (Plut. Dem. 5; λόγοι nennt Ps.-Plut. v. X orat. 844 c; vgl. auch Suid. s. Δημοσθένης 1. Luk. Dem. encom. 12) heimlich verschafft und gelernt haben soll; vermutlich hat Demosthenes wie von den verschiedenen Richtungen, welche die Rhetoren seiner Zeit einschlugen, überhaupt, so auch von des A. Weise und Kunst Kenntnis genommen; dazu bedurfte es aber keiner Zwischenträger (Schäfer a. O. I 278. Blass Att. Bereds. III 1, 16. 2, 356). Als Lehrer der Beredsamkeit bezeichnet A. im Gegensatz zu Isokrates als höchstes Ziel seines Unterrichts schlagfertiges Improvisieren über jeden beliebigen Gegenstand. In dieser Hinsicht ist er getreuer Jünger des Gorgias, ebenso wie in der eng damit zusammenhängenden Forderung eines encyclopädischen Wissens, das er selbst nach Ausweis der Fragmente in hohem Grade besass, während es ihm an dialektischer Schärfe und Gründlichkeit gebrach. Im ganzen mag sein Unterricht ähnlich dem des Gorgias mehr praktisch-mechanisch als theoretisch gewesen sein. Als Hauptbildungsmittel sah er die ἀκροάσεις an; demzufolge extemporierte er sowohl selbst als auch ermahnte er seine Schüler zu beständiger Übung im Extemporieren. Daneben gab er ihnen, namentlich denen, die ihn früher nie gehört hatten, ausgearbeitete Stücke als Muster in die Hand. Das grösste Gewicht legte er auf die Auffindung und Anordnung des Stoffs, während er den Ausdruck der Gedanken dem Augenblick überliess. Seine Sprache hatte etwas Gesuchtes und Unnatürliches. Aristoteles, welcher die Werke unseres Rhetors auf das genaueste studiert hat, entnimmt in Rhet. III 3 fast alle seine Belege für das ψυχρόν den Schriften des A. Unter dem ψυχρόν des A. befasste Aristoteles den Gebrauch auffallender, dichterischer Composita, glossematischer Ausdrücke, langer, häufiger und müssiger Epitheta (wie τὸν ὑγρὸν ἱδρῶτα, welches Beispiel auch von Demetr. π. ἑρμ. 116 aus Aristoteles angeführt wird), übertriebener und zu weit hergeholter Metaphern (hierzu vgl. Philodem. rhet. IV 2 p. 180 Sudhaus), Fehler der Diction, welche A. mehr oder minder mit Gorgias und andern Gorgianern gemein hat. Von späteren Schriftstellern nennt Dion. a. O. den A. im Verhältnis zu Isokrates παχύτερον τὴν λέξιν καὶ κοινότερον, und Cicero (Tusc. I 116) hebt, teilweise mit diesem Urteil übereinstimmend, wenn auch nicht in tadelndem Sinne, des A. ubertas [1535] orationis hervor; Demetr. π. ἑρμ. 12 endlich bemerkt, dass A. wie Gorgias und Isokrates stets διὰ περιόδων συνεχῶν schreibe. Thatsächlich wetteifert A., nach der Sophistenrede zu schliessen, in der Periodenbildung erfolgreich mit seinem Rivalen. Auch sonst hat A. in der Composition von Isokrates gelernt und sich von Gorgias entfernt; dies tritt besonders in der strengen Vermeidung des Hiatus zu Tage. Auffällig ist auch die Masshaltung in den gorgianischen Figuren.
Von den Schriften des A. hat noch Tzetzes (Chil. XI 750) viele gelesen. Wir besitzen vollständig nur zwei unter seinem Namen überlieferte Declamationen περὶ τῶν τοὺς γραπτοὺς λόγους γραφόντων ἢ περὶ σοφιστῶν und Ὀδυσσεὺς κατὰ Παλαμήδους προδοσίας, die man früher beide für Nachbildungen späterer Rhetoren erklärt hat. Jetzt wird die erstere, die hinsichtlich des Inhalts, wie Spengel 173ff. längst erwiesen, keinem Bedenken unterlag, nach den überzeugenden Ausführungen Vahlens 507ff., der besonders die von Aristoteles bezeugte stilistische Manier des A. mit vielen Beispielen aus der Rede belegt hat, ziemlich allgemein für ein Werk des A. angesehen. Sauppe (Götting. gel. Anz. 1873, 1739) kann trotz Vahlen den Stil des A., wie ihn Aristoteles schildert, in dem Pamphlet nicht wiedererkennen; auch bleibt ihm die Gesellschaft, in der die Hss. es geben, höchst verdächtig. Greilich (Dion. Hal. quibus potissimum vocabulis ex artibus ductis … usus sit, Bresl. Diss. Schweidnitz 1886, 42 Anm.) will die Rede bedeutend später setzen, weil in ihr ‚so viele‘ technische Ausdrücke der bildenden Künste vorkämen; auf die Hinfälligkeit dieses Arguments hat Hammer (Jahresber. LXII [1890] 56) hingewiesen. Gegen Benseler (de hiatu 170) bemerkt Blass 356, dass, wo immer in A.s Fragmenten wörtlich citiert ist, sich der Hiatus mit der gleichen Strenge, wie in der fraglichen Rede, vermieden zeigt. Die Rede kündigt sich selbst als κατηγορία τῶν γραπτῶν λόγων an; ohne das Ausarbeiten von Reden ganz zu verwerfen, verbreitet sie sich in geistvoller und geschickter Weise über die grössere Brauchbarkeit der Extemporalrede. Ohne Zweifel ist sie gegen die Schreibeberedsamkeit des Isokrates gerichtet; da dieser sich in seinem Panegyrikos auf sie bezieht, so fällt ihre Abfassung vor 380; hatte A., wie von vielen Seiten angenommen wird, des Isokrates Sophistenrede in erster Linie im Auge, alsdann liesse sich als terminus post quem etwa 390 ansetzen (Reinhardt 16; vor 387? Wendland Herm. XXV 1890, 173). Einen Einfluss des platonischen Protagoras auf A. nimmt Teichmüller (Litter. Fehden I 93f.) an, derselbe leugnet dagegen eine Bezugnahme auf den Phaidros. Letzteren findet Zycha (Jahresber. des Leopoldstädter Gymnasiums, Wien 1880) von A. benutzt; ihm stimmt Susemihl (Philol. Anz. XI [1881] 296; Ind. lect. Greifswald 1884, XX) bei. v. Morawski (Zschr. f. öst. Gymn. XXX [1879] 162ff.) verzeichnet manche Einzelheiten, die des A. Abhandlung in sprachlicher Hinsicht mit den Declamationen des Gorgias gemein hat, und erschliesst aus dem Umstande, dass A. immer wieder auf den καιρός, über den nach Dion. de comp. verb. 12 zuerst Gorgias geschrieben [1536] hat, zurückkommt, eine weitere Abhängigkeit des A. von seinem Lehrer Gorgias.
Die andere unter A.s Namen erhaltene Rede, den Ὀδυσσεύς, suchte neuerdings für ihn zu retten Zycha a. O. 14f. Indes steht ihre Kunst- und Geistlosigkeit im ärgsten Widerspruch mit dem sonstigen schriftstellerischen Charakter des A. Blass 361 nennt sie ein ‚Erzeugnis elendester Geistesarmut und jämmerlichster Sophistik‘. Über die Zeit ihrer Abfassung schwanken die Ansichten. Eine Bezugnahme auf des Gorgias Palamedes, dem der Odysseus anscheinend entgegengesetzt ist, tritt nirgends hervor. Eine Abhängigkeit des Declamators von Diodoros (IV 33) hat Foss (de Gorg. 85ff.) behauptet, aber nicht bewiesen. Blass folgt der Überlieferung, welche die Rede fälschlich dem A. zuweist, wenigstens insoweit, dass er sie in die Epoche dieses Redners setzt; nach Sprache und Wahl des Stoffs würde sie eines Sophisten vom Schlage des Polykrates, in dem Blass 363. 372 den Verfasser vermutet, nicht unwürdig sein. Dagegen verweist R. Schöll (Jahrb. f. Philol. CIII [1871] 308f.) die Rede in die Zeit, welcher der grösste Teil der in die späteren Redensammlungen eingeschwärzten unechten Reden angehört, in die Zeit der Nachahmung und Schulübung vom 3. bis zum 2. Jhdt. Rosenberg ebenda 309f. vermutet als Verfasser einen Declamator, dem des Lykurgos Leokratea vorgelegen habe.
Von anderen Schriften des A. besitzen wir blos Bruchstücke oder gar nur Titel. Dem γένος συμβουλευτικόν angehörig, aber keine eigentliche Demegorie, sondern nur ein Schulstück war der Messeniakos. Im Gegensatz zu des Isokrates Archidamos empfahl er Frieden und Freilassung der Messenier (frg. 1. 2 S.). Während Blass es dahingestellt sein lässt, ob diese oder jene Rede die andere hervorrief, nimmt man gewöhnlich eine frühere Abfassung des Archidamos an. Nach Keils Berechnung (Anal. Isocr. 6) fällt der Archidamos ins J. 366 oder doch nicht lange nachher; wahrscheinlich ist der Messeniakos bald nach der Schlacht bei Mantineia verfasst. In ihm kam der denkwürdige Satz vor: ἐλευθέρους ἀφῆκε πάντας θεός, οὐδένα δοῦλον ἡ φύσις πεποίηκεν. In der nachdrücklichen Betonung des Naturrechts im Gegensatz zu der willkürlichen Menschensatzung giebt sich wieder der Jünger des Gorgias und Fortsetzer der alten Sophistik zu erkennen (vgl. auch Arist. Rhet. III 3, 1406b, wo A. die Philosophie ein Angriffswerk wider die Gesetze nennt).
Zu dem γένος ἐπιδεικτικόν gehören das ἐγκώμιον Ναΐδος τῆς ἑταίρας (Athen. XIII 592 c), das Blass mehr in den Anfang des 4. Jhdts. setzt, und das ἐγκώμιον θανάτου. Letzteres bestand nach Cic. a. O. in einer Aufzählung der menschlichen Leiden ohne tiefere philosophische Begründung; unter den παράδοξα ἐγκώμια zählt es noch im 4. Jhdt. der Rhetor Menandros (Genethlios) III 346 Sp. (= 46 Burs.) auf; Tzetzes (Chil. XI 751) hat es zu seiner Zeit nicht mehr auffinden können. Ausserdem weisen Fragmente bei Aristoteles auf eine Lobrede der Philosophie und Bildung (Vahlen 502ff. Blass 351), vielleicht auch auf einen λόγος περὶ Ὀδυσσείας (Vahlen 504). Dagegen beruht das ἐγκώμιον τῆς πενίας auf falscher [1537] Lesart bei Menandros a. O. (Volkmann Rhetorik² 316, 3). Die fünf ‚Fragmente einer polemischen Rede gegen Isokrates‘, die Wessely in den Mitteilungen aus der Sammlung der Papyri Erzherzog Rainer II 79ff. dem A. zuschreiben wollte, verweist Keil (Herm. XXIII [1888] 387ff.) in die Zeit zwischen dem 1. Jhdt. v. und dem 2. n. Chr.; Blass 69. 350, 4 vermutet Polykrates als Verfasser.
Auf ein rhetorisches Lehrbuch (τέχναι) wies die oben erwähnte Überlieferung hin. Dass A. eine hinlängliche Vertrautheit mit den Mitteln der Kunst besass, lehrt seine Sophistenrede (Blass 348. 354). Dass er vor Aristoteles neben Isokrates, Anaximenes und anderen in der Technik etwas geleistet hat, bezeugt Dion. ad Amm. I 2. Dazu stimmt die Notiz bei Plut. Dem. 5, woraus, mag man über die Glaubwürdigkeit der Nachricht denken, wie man will, so viel wenigstens hervorgeht, dass neben technischen Schriften des Isokrates solche des A. in hohem Ansehen standen. Cic. a. O. giebt dem A. vollends das Prädikat eines rhetor antiquus in primis nobilis. Die beiden bei Sauppe mitgeteilten Fragmente 8. 9 enthalten eine Definition der Rhetorik als δύναμις τοῦ ὄντος πιθανοῦ, die wieder im Gegensatz steht zu der isokrateischen Auffassung vom Wesen der Rhetorik (Reinhardt 17–21), und eine Einteilung der Rede in vier ἰδέαι λόγων. Ausserdem berichtet Tzetzes (Chil. XII 567), dass A., wie viele andere Rhetoren seiner und der späteren Zeit, vier Vorzüge des Stils angenommen habe. Des A. Name findet sich auch in der ἐπιτομὴ ῥητορικῆς des Tzetzes an einer im übrigen verderbten Stelle (III 684 W.).
Ein nach Titel und Inhalt viel umstrittenes Werk des A. war das Μουσεῖον, über das am ausführlichsten und gründlichsten Nietzsche (Rh. Mus. XXV 528–540. XXVIII 211ff.) gehandelt hat. Danach erscheint es als erwiesen, dass der dem hadrianischen Zeitalter angehörende Verfasser des florentinischen Traktats περὶ Ὁμήρου καὶ Ἡσιόδου καὶ τοῦ γένους καὶ ἀγῶνος αὐτῶν (siehe Ἀγὼν Ὁμήρου καὶ Ἡσιόδου), in welchem sich zwei Fragmente aus dem Museion des A. finden (frg. 4. 6 S. = Nietzsche Acta soc. phil. Lips. I [1871] 19. 8), das Hauptstück des Ganzen, jene in sich zusammenhängende Erzählung des homerisch-hesiodeischen Wettkampfes, an dessen Erfolg sich die weiteren Schicksale beider Dichter anschliessen, aus dem Museion entlehnt hat. Der Sinn der Erzählung, dass der Nichtstegreifredner (Hesiod, gegen den A. offenkundige Abneigung zeigt) nur durch Ungerechtigkeit und Urteilslosigkeit des Kampfrichters siegen könne, passt zu den Anschauungen des A. über Improvisation; ebenso sieht die Verherrlichung des grossen Improvisators Homer, für den A. auch sonst Vorliebe zeigt, einer Selbstverherrlichung des von stolzem Selbstgefühl erfüllten Sophisten (soph. 30) nicht unähnlich. Daraus, dass der Hiatus in den betreffenden Stücken des Agon sehr selten vorkommt, scheint hervorzugehen, dass wir es mit einer ziemlich wörtlichen Entlehnung zu thun haben. Vollständige Vermeidung des Hiatus bei sonst recht genauer Übereinstimmung mit dem Agon findet sich auf den von Mahaffy edierten Papyrus des [1538] 3. Jhdts. v. Chr. (Pap. Flinders Petrie, Dublin 1891, Taf. XXV); allem Anscheine nach liegen uns hier wirkliche Reste alkidamantischer Darstellung vor (Blass 349, 4). Ausser dem Verfasser des Agon hat A.s Museion mittelbar oder unmittelbar noch anderen Autoren als Quelle gedient, so Aristoteles in der πολιτεία Ὀρχομενίων, Ioa. Tzetzes (hierüber vgl. ausser Nietzsche und Blass noch Friedel Jahrb. f. Philol. Suppl. X 1879, 235–278; rec. v. Rzach Jahresber. XXI 1880, 91f.). Was das Museion ausserdem noch etwa enthalten haben mag, muss dahingestellt bleiben. Bergks Mutmassung (Anal. Alex. I 21), dass A. gar nicht der Rhetor, sondern ein Perieget sei, der bei der Beschreibung des ‚Musentempels‘ auf dem Helikon auch Hesiod erwähnen musste, ist unhaltbar. Nach Heffter (Z. f. A.-W. 1839, 860) bezog sich das Museion auf Geschichte der Poesie. Christ (Gesch. d. griech. Litt.² 332), nach dessen Ansicht dem Museion der durch Beispiele beleuchtete Satz zu Grunde lag, dass die Dichter Kinder der Musen sind und unter dem Schutze der Götter stehen (Vahlen 502), vermutet, dass wohl die meisten Anekdoten der älteren Litteraturgeschichte auf dieses Buch zurückgehen. Sauppe (O. A. II 155. 354), der auf Grund von Stob. flor. 120, 3 das ἐγκώμιον θανάτου für einen Teil des Museion angesehen, glaubt es mit einem promptuarium rhetoricum, quod declamationes de variis rebus contineret, zu thun zu haben. Ähnlich deutet Vahlen 495 das Museion als eine mannigfache rhetorische Probestücke umfassende ‚Schule‘. Ihm pflichtet Nietzsche bei; während jedoch Vahlen den bei Arist. Rhet. III 3, 1406a überlieferten Titel τὸ τῆς φύσεως μουσεῖον auf ein naturwissenschaftliches Werk bezieht, gewinnt Nietzsche a. O. XXVIII 217ff. aus diesen Worten den in der stilistischen Manier des A. wohlbegründeten vollständigen Titel für unser Museion (‚Schule des Talents‘, ‚Schule für Schüler‘) und vermutet, dass gleich am Thore dieser Schule der Redekunst als glänzendes Einleitungsstück das breit und witzig durchgeführte Gemälde jenes Wettkampfes stand.
Endlich wird noch bei Diog. L. VIII 56 ein φυσικός des A. erwähnt. Das einzige ebendort mitgeteilte Fragment enthält zum Teil abenteuerliche oder von dem flüchtigen Sammler falsch aufgefasste Nachrichten über einige Philosophen, so über Empedokles (Zeller Philos. d. Gr. I³ 667). Wenig wahrscheinlich wollte Nietzsche a. O. 221f. in ἐν τῷ φυσικῷ die Abbreviatur oder die Verderbnis des Titels ἐν τῷ τῆς φύσεως μουσείῳ wiedererkennen; schon Foss (de Gorg. 17) wollte ἐν τῷ μουσείῳ oder μουσικῷ ändern, was Sauppe 156 mit Recht zurückgewiesen hat.
Ausgaben der beiden Reden finden sich in den Ausgaben der Redner von Reiske VIII (Leipzig 1773) 64–91. Bekker V (Berlin 1824) 667–679. Dobson IV (London 1828) 649–665. Baiter-Sauppe II (Zürich 1845) 156–162. Müller II (Paris 1858) 197–206, und im Anhange zur Antiphon-Ausgabe von Blass (Leipzig 1871) 174–197 (vgl. praef. X–XVI); Fragmentsammlungen in den Ausgaben von Sauppe 154–156 und Müller 316–318; lateinische Übersetzungen beider Reden bei Müller, des Ὀδυσσεύς [1539] bei Dobson XIV 504–507; eine deutsche Übersetzung der Sophistenrede von Dilthey in Allg. Schulzeitung IV 2 [1827], 185–191. Über A. überhaupt sind zu vergleichen Spengel συναγ. τεχν. (Stuttg. 1828) 174ff. Vahlen Der Rhetor A., separat Wien 1864 (= S.-Ber. Akad. Wien XLIII [1863] 491–528). Blass Att. Bereds. II² (Leipzig 1892) 345ff.; über das Verhältnis des A. zu Isokrates besonders noch Reinhardt de Isocratis aemulis, Bonn 1873, 6–24.