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RE:Androlepsia

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Befugnis der Geiselname nach einem Mord
Band I,2 (1894) S. 2150 (IA)–2151 (IA)
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Androlepsia (Ἀνδροληψία), nach attischem Rechte die Befugnis, vermöge deren es den Verwandten eines in dem Gebiete eines fremden Staates getöteten athenischen Bürgers freistand, aus den Angehörigen jenes Staates, wenn derselbe den Mörder nicht entweder selbst zur Rechenschaft zog oder auslieferte, Geiseln auszuheben, um auf diesem Wege Busse für den Mord zu erlangen. Die Zahl der Geiseln durfte die Zahl 3 nicht überschreiten. Gesetz bei Demosth. XXIII 82: ἐάν τις βιαίῳ θανάτῳ ἀποθάνῃ, ὑπὲρ τούτου τοῖς προσήκουσιν εἶναι τὰς ἀνδροληψίας, ἕως ἂν ἢ δίκας τοῦ φόνου ὑπόσχωσιν ἢ τοὺς ἀποκτείναντας ἐκδῶσι· τὴν δὲ ἀνδροληψίαν εἶναι μέχρι τριῶν, πλέον δὲ μή. Die inhaltlich nicht gleichwertigen Nachrichten der Lexikographen gehen auf Demosthenes zurück, den sie zum Teil missverstanden und erweitert haben. Vgl. Pollux VIII 41. 50. Et. M. 101, 52. Harpokr. Suid. Hesych. Bekker An. 213. 393. Pollux und das Et. Mag. rechnen die A. unter die Formen des Klageverfahrens (εἶδος ἐγκλήματος). Nach der gewöhnlichen Ansicht wurden die Geiseln in Athen vor Gericht gestellt, um für den Mord ihres Landsmannes Busse zu geben. Doch verdienen die dieses bezeugenden Nachrichten der Lexikographen schwerlich Glauben; vgl. Lipsius Att. Process I 347. Die dem Verfahren der ἀνδροληψία zu Grunde liegende Auffassung ist uralt und aus der Anschauung entsprungen, dass die Ahndung des Totschlages eine heilige Pflicht der Verwandten ist, deren Vernachlässigung die Strafe der Götter herbeiführte. Doch ist es kaum denkbar, dass ein Gebrauch, bei dem ein Unschuldiger für das Vergehen eines seiner Landsleute verantwortlich gemacht und zur Strafe gezogen wurde, sich mit den juristischen Begriffen und Rechtszuständen der späteren Zeit vereinigen liess, wiewohl Demosthenes die A. für eines der schönsten und besten Gesetze der athenischen Demokratie erklärt (XXIII 82: Πολλῶν, ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι, καλῶς ἐχόντων νόμων οὐκ οἶδ’ εἴ τινος ἧττον οὗτος ἔχει καλῶς καὶ δικαίως ὁ νόμος· σκέψασθε γὰρ ὡς νομίμως καὶ σφόδρα ἀνθρωπίνως κεῖται). Welches Schicksal die drei ergriffenen Geiseln traf, ist nicht bekannt. Wie aus Pollux hervorgeht, bestanden gesetzliche Verordnungen, durch die eine ungerechte Anwendung der A. der Strafe unterworfen [2151] wurde. Den ohne Grund ergriffenen Geiseln wird wohl der Weg der Klage offen gestanden haben. In formeller Hinsicht ist zu bemerken, dass das Wort in doppelter Form, ἀνδροληψία und ἀνδρολήψιον, überliefert ist. Bei Demosthenes stehen beide Formen nebeneinander. Die Unterscheidung beruht wohl darauf, dass ἀνδρολήψιον das Recht, den Menschenfang auszuüben, bezeichnet, während ἀνδροληψία die Ausführung dieses Rechtes, den Menschenraub selbst, bedeutet; vgl. Lipsius Att. Process I 345. Litteratur: Riemer Spec. crit. in Demosth. or. adv. Aristocr. 65ff. Weber or. in Aristocr. (Jena 1845) 297ff. Heffter Athenische Gerichtsverfassung 428ff. Hermann-Thalheim Griech. Rechtsaltertümer (Freiburg 1884) 112, 1. Meier-Schoemann Att. Process I 345ff. (Lipsius). Cailemer bei Daremberg et Saglio Dict. I 268.