81) Aus Alexandreia, Sohn des Mnesitheos, mit dem Beinamen Δύσκολος. Er lebte in der ersten Hälfte des 2. Jhdts. n. Chr., wohnte im Brucheion und starb auch daselbst. Über den Ursprung des Beinamens Δύσκολος war man schon im Altertum im Unklaren (vgl. den Βίος in den älteren Ausgaben der Syntax des Α.): Α. soll ihn entweder von der Schwierigkeit seiner Ausdrucksweise oder von seinem mürrischen Charakter oder von seiner Virtuosität im Aufwerfen schwieriger Fragen erhalten haben. Die an erster Stelle gegebene Erklärung dürfte als die richtige anzusehen sein, denn kein anderer griechischer Schriftsteller bietet dem Verständnis so viele Schwierigkeiten. A. und sein Sohn Herodian sind die bedeutendsten und einflussreichsten Grammatiker der römischen Kaiserzeit, auf ihnen beruht die gesamte technisch-grammatische Wissenschaft der späteren Zeit. Indem A. zuerst den Weg der blossen Empirie verliess und auf philosophisch-rationellem Wege den gesamten Sprachstoff systematisch gliederte, wurde er der Begründer einer Wissenschaft der Grammatik und Schöpfer der griechischen Syntax. Er war späterhin Autorität in allen theoretischen und syntaktischen Dingen, wie es Herodian in Fragen der Prosodie, Accentlehre und Formenlehre wurde. Von den zahlreichen Schriften des A. scheint ein grosser Teil schon frühzeitig verloren gegangen zu sein. Das Verzeichnis bei Suidas ist sehr confus, indem z. Β. Teile grösserer Werke als besondere Schriften aufgeführt werden, und unvollständig, da mehrere anderweitig citierte Schriften und auch die erhaltenen drei kleineren darin fehlen. Ob A. seine Schriften (oder den grösseren Teil derselben) in einer gewissen Reihenfolge nach einem im voraus bestimmten Plane verfasst hat, lässt sich nicht mit [137] Sicherheit feststellen. Gestützt auf die Anordnung des Stoffes bei Priscian, der das grammatische System des A. seinen Institutiones grammaticae zu Grunde gelegt habe, suchte G. Drοnke (Rh. Mus. XI 549–585) zu beweisen, dass die meisten Schriften von A. darauf berechnet gewesen seien, das Ganze einer Τέχνη γραμματική zu bilden, und ordnete danach alle Schriften, die erhaltenen wie die anderweitig bekannten und vermutungsweise (nach Priscian) angenommenen folgendermassen: [περὶ φωνῆς]. περὶ στοιχείων. [περὶ συλλαβῆς. περὶ λέξεως]. περὶ προσῳδιῶν (mit den Unterabteilungen περὶ τόνων. περὶ σκολιῶν τόνων. περὶ κατηναγκασμένων τόνων. περὶ διεψευσμένων τόνων. περὶ χρόνων. περὶ πνευμάτων. περὶ παθῶν). περὶ σχημάτων (περὶ συνθέσεως). περὶ μερισμοῦ τῶν τοῦ λόγου μερῶν. περὶ ὀνομάτων ἢ τὸ ὀνοματικόν (περὶ τοῦ τίς. περὶ κτητικῶν. περὶ συγχριτικῶν. περὶ παρωνύμων. περὶ γενῶν. περὶ πτώσεων. περὶ τῆς ἐν θηλυκοῖς ὀνόμασιν εὐθείας). περὶ ῥημάτων ἢ τὸ ῥηματικόν (περὶ συζυγίας. περὶ παρωχημένων. περὶ προστακτικῶν. περὶ τῶν εἰς μι ληγόντων ῥημάτων παραγώγων). περὶ μετοχῶν. περὶ ἄρθρων (περὶ ὑποτακτικῶν). περὶ ἀντωνυμίας. περὶ προθέσεως. περὶ ἐπιρρημάτων. περὶ συνδέσμων. περὶ συντάξεως. Als ausserhalb dieses Systems stehende selbständige Schriften bezeichnete Dronke περὶ ὀρθογραφίας, περὶ ὀνομάτων κατὰ διάλεκτον, περὶ διαλέκτων Δωρίδος Ἰάδος Αἰολίδος Ἀτθίδος, περὶ σχημάτων Ὁμηρικῶν, περὶ τῶν Διδύμου πιθανῶν, περὶ διφορουμένων, περὶ κατεψευσμένης ἱστορίας. Verteidigt wurde Dronkes Ansicht von G. Uhlig (Rh. Mus. XXV 66–74), der sich hauptsächlich auf ein Scholion zu Dionysios Thrax (bei Preller im Dorpater Programm 1840 = Ausgewählte Aufsätze 89) berief, aus dem er zugleich folgerte, dass auch die Schriften Herodians eine Τέχνη bildeten: Uhlig giebt an der Hand Priscians die Disposition der apollonianischen Τέχνη in ihren Hauptteilen ähnlich wie Dronke an: 1. περὶ φωνῆς. 2. περὶ στοιχείου. 3. περὶ συλλαβῆς. 4. περὶ λέξεως. 5. περὶ λόγου. 6. περὶ ὀνόματος. 7. περὶ ῥήματος. 8. περὶ μετοχῆς. 9. περὶ ἄρθρου. 10. περὶ ἀντωνυμίας. 11. περὶ προθέσεως. 12. περὶ ἐπιρρήματος. 13. περὶ συνδέσμου. 14. περὶ συντάξεως. Mit Recht haben die meisten Gelehrten sich gegen die Annahme der Existenz einer Τέχνη des A. (und des Herodian) erklärt, so E. Hiller Quaest. Herodian. (1866) 46ff. und Jahrb. f. Philol. CIII 618ff. A. Lentz Herodian. Praef. p. XXXIV. R. F. L. Skrzecka Jahrb. f. Philol. CIII 630ff. Die dafür angeführten Gründe sind nicht stichhaltig. Aus dem von Uhlig citierten Scholion zu Dionysios Thrax folgt nicht mit Notwendigkeit, dass A. eine Τέχνη verfasst hat, die Worte lassen sehr wohl eine andere Erklärung zu. Dass Priscian die Schriften des A. in ausgiebiger Weise benutzt hat, steht allerdings sowohl durch seine eigenen Äusserungen (vgl. namentlich Prisc. II 584, 20. III 24, 7. III 107 Hertz) als durch Vergleichung mit den erhaltenen Schriften des A. fest; dass er aber dem A. auch in der Anordnung des grammatischen Stoffes gefolgt ist und dass demnach A. eine Τέχνη verfasst haben muss, in der die einzelnen Teile der Grammatik in derselben Reihenfolge wie bei Priscian behandelt waren, sind unbeweisbare Behauptungen. [138] Einen vermittelnden Standpunkt in dieser Frage sucht Th. Matthias zu rechtfertigen, er vermutet (Jahrb. f. Philol. Suppl. XV 609–616), dass Priscian und die Scholiasten des Dionysios Thrax deshalb gemeint haben, A. hätte eine Τέχνη verfasst, weil sie Exemplare benutzten, in denen der grösste Teil der apollonianischen Schriften von einem späteren Grammatiker zu einem Corpus vereinigt war. Auch diese Vermutung entbehrt der nötigen Begründung.
Als Hauptschriften des A. sind anzusehen περὶ μερισμοῦ τῶν τοῦ λόγου μερῶν in 4 Büchern, περὶ ὀνομάτων ἤτοι ὀνοματικόν, περὶ ῥημάτων ἤτοι ῥηματικόν in 5 Büchern, περὶ συντάξεως. Α. fixierte die Zahl der Redeteile auf acht und ordnete sie in nachstehender Reihenfolge: ὄνομα, ῥῆμα, μετοχή, ἄρθρον, ἀντωνυμία, πρόθεσις, ἐπίρρημα, σύνδεσμος; vgl. R. F. L. Skrzecka Die Lehre des A. D. von den Redeteilen, Progr. des Kneiphöfschen Gymn. in Königsberg 1853. Das Ὀνοματικόν und das Ῥηματικόν wurden (ausser von Priscian) von Georgios Choiroboskos und den Scholiasten des Dionysios Thrax stark benutzt, zum Ῥηματικόν schrieb ein späterer Grammatiker Namens Zenobios (s. d.) einen Commentar. Die Lehre des A. vom Verbum behandelt Skrzecka in vier Programmen des Kneiphöfschen Gymn. in Königsberg 1855. 1858. 1861. 1869. Zur Lehre des A. von den Modi vgl. G. F. Schömann Jahrb. f. Philol. XCIX 13–24 und Skrzecka ebd. 161–164. Erhalten sind uns von den Schriften des A. nur vier, die drei kleineren nur in einer Hs., dem cod. Paris, gr. 2548 membr. saec. XII, der auch für die Syntax die beste Hs. ist: 1. περὶ ἀντωνυμίας, zuerst herausgegeben von Imm. Bekker im Museum antiqu. studiorum I 2 p. 255–476 und daraus besonders abgedruckt Berlin 1813. Priscian benutzt sie im XII. und XIII. Buch. R. F. L. Skrzecka Observationes in A. D. librum de pronomine, Progr. Königsberg 1847. G. Dronke Rh. Mus. IX 107–117. P. Schmieder Zur Schrift des A. D. de pronomine, Progr. Barmen 1865. W. Hoerschelmann Rh. Mus. XXXV 373ff. Th. Matthias Jahrb. f. Philol. Suppl. XV 630–646. 2. περὶ ἐπιρρημάτων, zuerst herausgegeben vom Imm. Bekker in den Anecd. graeca II 527–625. Die Schrift ist in verkürzter und stark verderbter Gestalt überliefert. Der Schluss (von p. 614, 26 ab) gehört nicht hierher, sondern zur Syntax, wie O. Schneider Rh. Mus. III (1845) 446–459 nachgewiesen hat. Vgl. auch A. Buttmann Des A. D. vier Bücher über die Syntax 310–322. G. Dronke Rh. Mus. XII 321–346. G. F. Schömann Emendationes locorum aliquot corruptorum in A. libro de adverbiis, Progr. Greifswald 1860. Th. Matthias De A. D. Epirrhematici et Syndesmici forma genuina, Leipziger Studien VI (1883) 1–92. Von Priscian im XV. Buche benutzt. 3. περὶ συνδέσμων, zuerst herausgegeben von Imm. Bekker in den Anecd. graeca II 479–525. Auch diese Schrift ist stark verstümmelt und interpoliert; vgl. Th. Matthias a. a. O. Von Priscian im XVI. Buche benutzt. 4. περὶ συντάξεως in vier Büchern. Im ersten Buch wird zuerst die Zahl und Reihenfolge der Redeteile festgestellt und der Vorrang des ὄνομα und des ῥῆμα vor den übrigen hervorgehoben, sodann die Syntax des Artikels [139] behandelt; das zweite Buch handelt von der Syntax des Pronomens; im dritten Buch wird zuerst die Lehre von der sprachlichen Congruenz (καταλληλότης) und Inkongruenz auseinandergesetzt, darauf folgt die allgemeine Syntax des Verbums; das vierte Buch enthielt die Syntax der Praepositionen, Adverbien und Conjunctionen, es ist aber zum grösseren Teile verloren; erhalten ist die Lehre von den Praepositionen (IV c. 1–9) und von der Verbindung der Praepositionen mit Adverbien (IV c. 10–12); von der Syntax der Adverbien ist ein Teil in der Schlusspartie der Schrift περὶ ἐπιρρημάτων erhalten (s. ο.); den Schluss des vierten Buches und des ganzen Werkes bildete die Syntax der Conjunctionen, die ganz verloren ist. A. ist der erste und einzige alte Grammatiker, der ein selbständiges Buch über die Syntax geschrieben, er wurde massgebende Autorität auf dem Gebiete der Syntax, und sein System blieb das herrschende durch das ganze Mittelalter bis auf Theodoros Gaza und Laskaris hinunter. Priscian schliesst sich im XVII. und XVIII. Buch seiner Institutiones grammaticae ganz an A. an, das XVII. Buch enthält, zum Teil in wortgetreuer Übersetzung, die beiden ersten Bücher des A. und vom dritten Buch den von der Congruenz handelnden Abschnitt (c. 1–11), das XVIII. Buch entspricht in seinen wesentlichen Bestandteilen dem dritten Buch des A. von Kap. 12 an. Die Schrift des Byzantiners Maximos Planudes περὶ συντάξεως (Bachmann Anecd. gr. II 105–166) ist nichts als eine Rückübersetzung der Syntax des Priscian ins Griechische. Theodoros Gaza benutzte in dem περὶ συντάξεως überschriebenen vierten Buch seiner Grammatik die Syntax des A. unmittelbar, daneben aber auch andere Hülfsmittel wie die Schrift des Planudes. Ausgaben der Syntax: Aldina, Venedig 1495. Juntina, Florenz 1515. ed. F. Sylburg, Frankfurt a. M. 1590. ed. Imm. Bekker, Berlin 1817. Des A. D. vier Bücher über die Syntax, übersetzt und erläutert von Alexander Buttmann, Berlin 1877 (vgl. die Anzeige von P. Egenolff Jahrb. f. Philol. CXVII 567ff.). Imm. Bekker Diss. de A. Alex, libris syntaxeos, Halis 1806. O. Schneider A. D. de Synthesi et Parathesi placita, Ztschr. f. Alt.-Wiss. 1843 nr. 81. 82. W. Frohne Observationes in A. D. syntaxin, Bonn 1844. L. Lange Das System der Syntax des A. D., Göttingen 1852. Eine neue Ausgabe der Schriften und Fragmente des A. D. von R. Schneider und G. Uhlig erscheint als erster Band der Grammatici graeci (Leipzig bei Teubner); erschienen ist bisher der erste Fascikel, der die drei kleineren Schriften enthält (Apollinii scripta minora a Richardo Schneidero edita, Lipsiae 1878). An einer zusammenfassenden Monographie über A. D. fehlt es bisher. Ungenügend ist E. Egger Apollonius Dyscole. Essai sur l’histoire des théories grammaticales dans l’antiquité, Paris 1854. Beiträge zur Kritik und Exegese: G. Dronke Rh. Mus. IX 582–613. G. Uhlig Emendationum Apollonianarum specimen, Berlin 1892; Rh. Mus. XIX 33ff. R. Schneider Observationes criticae in A. D., Symbola philol. Bonnens. 467ff.; Observ. crit. in A. D. specimen II, Progr. Cöln 1867; Rh. Mus. XXIV 585ff.; Commentarii critici et exegetici in A. D. specimen, Progr. Norden 1878.