RE:Carpentum

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Zweirädriger Wagen
Band III,2 (1899) S. 16061607
Carpentum in der Wikipedia
Carpentum in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register III,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|III,2|1606|1607|Carpentum|[[REAutor]]|RE:Carpentum}}        

Carpentum, ein zweiräderiger Wagen, der in verschiedener Weise verwendet werden und dementsprechend verschieden gestaltet sein konnte. Das Wort bezeichnet am häufigsten den Wagen, in dem Frauen in der Stadt fuhren, früher alle – mit Ausnahme der Zeit der Geltung der lex Oppia, 215–195 v. Chr., Liv. V 25, 9. XXXIV 1ff. Ovid. fast. I 619 –, seit Caesars Municipalgesetz nur die der kaiserlichen Familiengehörigen, denen der Senat dies Vorrecht verlieh. Dies wird berichtet von Messalina und der jüngeren Agrippina, Dio Cass. LX 22, 3. 33, 2; vgl. Suet. Claud. 17. Tac. ann. XII 42. In C. wurden auch auf Anordnung Caligulas und Claudius die Bilder ihrer Mütter, der älteren Agrippina und der jüngeren Antonia, in der Pompa circensis geführt, Suet. Calig. 15; Claud. 11. Da nun auf späteren Münzen der Agrippina (Cohen Méd. imp. I² 231, 1) ein Wagen erscheint, so ist zweifellos, dass derselbe das C. darstellt. Den gleichen Wagen zeigen Münzen der Livia (a. O. I 171, 6. 7), Iulia Titi (a. O. I 466, 9. 10), der jüngeren Domitilla (I 427, 1–3), Sabina (II 253, 72), der jüngeren Faustina (III 154, 218); auch diesen wird also das gleiche Vorrecht verliehen worden sein. Diesen Münzen also entnehmen wir die Gestalt dieser Art des C; es ist ein zweiräderiger, zweispänniger Wagen, mit einem seitwärts bald offenen, bald geschlossenen, oben gewölbten Schutzdach. Darstellung eines solchen auch in dem Opus sectile der sog. Basilica des Iunius Bassus, de Rossi Bull. crist. 1871 Taf. I–II. Dem C. wird Liv. aa. OO. Hist. Aug. Heliog. 4, 4 als vorzüglicheres Fuhrwerk das nach Isid. or. XX 12, 4 vierräderige Pilentum (s. d.) entgegengesetzt; der Unterschied lag also wohl in der Zahl der Räder. Gleicher Art mag auch das C. gewesen sein, dessen sich seit dem 3. Jhdt. höhere Beamte (Hist. Aug. Aurel. 1, 1. Index zu Cassiod. ed. Mommsen 520) und auch Frauen dieser Stände (Hist. Aug. Heliog. 4, 4) in der Stadt bedienten. Sehr ähnlich, und daher auch wohl als C. zu bezeichnen, ist ein mehrfach auf spätetruskischen Reliefs dargestellter Reisewagen: zweiräderig mit einem gewölbten, vermutlich ledernen Schutzdach, Micali Ant. mon. (1810) Taf. 27. 28. Clarac 151 bis, 794. Daremberg-Saglio Dict. d. Ant. I 854, 1044. 927, 1195. C. als Reisewagen Liv. I 34, 8. Prop. V 8, 23. Iuv. 8, 147. Apul. met. X 18. XI 26. Ferner heissen C. die Wanderkarren der Hunnen [1607] (Ammian. XXXI 2, 11) und Gepiden (Cassiod. var. V 10, 3) und das für den Cursus publicus benutzte Fuhrwerk, Cod. Theod. VIII 5, 18; wohl ungenau auch die Streitwagen der Gallier (Liv. X 30, 5. Flor. I 18, 27) und Britannier, Flor. III 10, 17. Das Dach ist für den Begriff des C. nicht wesentlich; auch Düngerkarren werden so genannt: Pallad. X 1, 2; vgl. auch Apul. met. X 18.

Scheffer De re vehic. II 17. Ginzrot Wagen u. Fuhrw. d. Alten I 441. Becker-Göll Gallus III 16. Marquardt Privatl.² 735. Daremberg-Saglio Dict. d. Ant. I 926.

[Mau. ]