2)Χίος, Hauptstadt von Nr. 1. Vgl. die umstehende Planskizze der jetzigen Stadt. Von ganz genauer topographischer Wiedergabe eines Teils, namentlich um die jetzige Festung, musste bei der Croquierung, die eilig und nur mit verstohlenen Peilungen 1888 ausgeführt wurde, abgesehen werden. Die in den Fundberichten [2298] von Inschriften genannten Quartiere und Örtlichkeiten sind möglichst genau angegeben. Sie unterliegen auch keinen Veränderungen, während beim Wiederaufbau der durch das grosse Erdbeben von 1881 zerstörten und 1888 noch nicht wiederhergestellten Stadtteile Strassen und Häuserreihen anders gelegt wurden. Die zahlreichen Belegstellen in Schriftstellern und Inschriften sind in Papes und Benselers Wörterbuch der griechischen Eigennamen und im Index zum CIG gegeben. Als Stätte der Akropolis haben wir den jetzt Παλαιόκαστρον genannten Hügel anzusehen. Über die Mauerreste Fustel de Coulanges a. a. O. 488f. 493. Nach den Inschriftfunden zu schliessen, befand sich die alte ἀγορά mit den Staatsgebäuden zwischen Παλαιόκαστρον und Βουνάκι (jetzt kein Hügel mehr). Die Stadt zog sich ähnlich wie Genua als Streifen um den (später versandeten) halbmondförmig geschweiften Hafen her. Die Mauern der Stadt (aus bräunlichen, beim jetzigen Dorf Θυμιανά gebrochenen Marmor erbaut) erstreckten sich nach Vitr. X 16 bis hart an das Seegestade. Der alte Hafen, für 80 Fahrzeuge Raum bietend, erstreckte sich weiter ins Land, als es jetzt der Fall ist, und reichte wohl an den Südfuss des Παλαιόκαστρον (Fustel de Coulanges a. a. O. 488). Dass von der alten Stadt und den Gebäuden um den Hafen nicht mehr Überreste zu Tage liegen, rührt nicht nur von der ununterbrochenen Bewohnung der Stätte her, sondern ist auch den starken Erdbeben zuzuschreiben, die die Insel so oft heimgesucht haben. Aus Aeneas poliorc. 11 wissen wir, dass dicht an dem durch κλεῖθρα (wohl geteerte Ketten) geschlossenen Hafen die Schiffswerften lagen, daran eine στοά jedenfalls zum Verstauen der Waren u. dgl. Geschäften, hieran ein Turm stiess, in dem sich die ἄρχοντες aufhielten, c. 17 erwähnt er, dass eine Anzahl Strassen zur ἀγορά führten. Ob das ἱρὸν Ἀθηναίης Πολιούχου (Herodot. I 160) auf der Akropolis oder in der Stadt stand, können wir nicht entscheiden. Ein Sitzbild der Athena in Ch. wird Strab. XIII 601 genannt. Aeneas pol. 17 erwähnt die Διονύσια, die an einem βωμός gefeiert werden. Das Theater wird Appian. Mithr. 47 erwähnt. Λουτρὸν τῶν ἀνδρῶν (Paspatis 403 nr. 4), γυμνάσιον (ebd. 418, 46). Eine Stunde Wegs nördlich von der Akropolis befindet sich die berühmte δασκαλόπετρα, nach dem Glauben vieler jetziger Einwohner die Schule des Homeros, in der That ein altes Heiligtum der Kybele (vgl. Pococke a. a. O. III 10ff. Chandler a. a. O. c. 16. Choiseul-Gouffier pl. XLVII. Conze a. a. O.).