RE:Emporius orator

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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lateinischer Rhetor 5./6. Jh. n. Chr.
Band V,2 (1905) S. 25352536
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Emporius orator, ein lateinischer Rhetor vermutlich des 5. bis 6. Jhdts. n. Chr. (Gallier? Grässe in Ersch und Gruber Encycl. s. v.). Von ihm sind vier kurze Kapitel aus dem Gebiete der Rhetorik auf uns gekommen, von denen jedenfalls die beiden ersten progymnasmatischen Charakter an sich tragen: de ethopoeia 561–563 H. (in allen Redegattungen anwendbar 561, 4), praeceptum loci communis 564–567 (iudicialis materiae), praeceptum demonstrativae materiae 567-570, praeceptum deliberativae 570–574. Ethopoeia oder adlocutio ist bei E. der Gattungsbegriff, unter den die eigentliche Ethopoeia, d. i. die Nachbildung des affectus naturalis (der charakteristischen Stimmung) in der Rede einer Person, die Pathopoeia, d. i. die Nachbildung eines affectus indicens (einer außergewöhnlichen Stimmung), die Pragmatica, d. i. die der jedesmaligen Sachlage angepaßte Redeweise (nur von E. als besondere Spezies der Ethopoeie untergeordnet, vermutlich weil raro ita ponitur, ut non vel leviter aliquis illic affectus operetur 562, 28), die Prosopopoeia, d. i. die erdichteten Personen oder leblosen Wesen in den Mund gelegte und schon deshalb affektvoll wirkende Rede, fallen (bezüglich der bei Progymnasmatikern üblichen Einteilung der Ethopoeie vgl. Volkmann Rhetorik² 490, 3). Zum praeceptum deliberativae vgl. Volkmann a. O. 299ff., wo jedoch 301 irrtümlicherweise von E. gesagt wird, er begnüge sich selbst mit 12 Topen, die er elementa nenne, während E. in einem anerkennenswerten Streben nach Vereinfachung der bestehenden rhetorischen Vorschriften gegen diese unvernünftig große Topenzahl uns unbekannter Rhetoren ankämpft und seinerseits nur zwei (honestum und utile), höchstens vier (außerdem aequum und facile) gelten läßt, unter die er alle übrigen als Unterarten ordnet. Die stoische Unterordnung des utile unter das honestum weist er als für rednerische Zwecke unbrauchbar zurück; im übrigen scheint er sich vielfach an Vorschriften von Stoikern anzulehnen (Volkmann 326). Öfters weicht er von der üblichen Terminologie ab, so z. B. wenn er 561, 7 den erhabenen Stil figura vasta, den schlichten humilis nennt oder für suasoriae duplices, coniunctae den Ausdruck ex incurrenti gebraucht (Volkmann 298f.). Seine Quellen nennt er, von Cicero abgesehen, der ihm der orator κατ’ ἐξοχήν 571, 23 ist, nicht mit Namen, nur ganz allgemein (nonnulli, plurimi, quidam, Graeci u. ä.); seine Belege entnimmt er mit Vorliebe Virgils Aeneis. Was er bietet, ist verständig und nicht ungeschickt (Teuffel-Schwabe Röm. Litt.-Gesch.5 1244, 4); besonders wohltuend berührt seine Warnung vor Trivialitäten bei Gemeinplätzen z. B. 564, 23. 566, 7. Auf der Ed. princ. Basel 1521 oder einer verschollenen Speierer Hs. fußen die Ausgaben in den Sammlungen der Rhetoren von Pithoeus (Paris 1599, 278ff.) und Capperonnerius (Straßburg 1756, 303f.). Eine völlig neue Rezension nach Cod. Paris. 7530 saec. VIII bietet die Ausgabe in Halms Rhet. lat. min. (Leipzig 1863) 561ff.; praef. XIV. Kritische Beiträge haben geliefert Volkmann Animadvers. crit. in nonnullos vet. script. de praeexercitamentis rhetoricis locos, Gratulationsschrift zum 300 jährigen Jubiläum d. Gymn. zu Brieg, Jauer [2536] 1869, 3f. Haupt Herm. VIII (1874) 250f. = Opusc. III 2 (1876) 635.