RE:Nikostratos 27
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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T. Aurelius, Sophist und Romanschreiber | |||
Band XVII,1 (1936) S. 551–553 | |||
GND: 102400733 | |||
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27) N., mit vollem Namen T. Aurelianus N. (wenn sich die Inschrift IG XII 1, 83 = CIG 2529, vervollständigt von A. Maiuri Annuario della R. scuola archeologica di Atene etc., vol. II, 1916, 146f. auf ihn bezieht) ist ein gefeierter Sophist und Romanschreiber des 2. Jhdts. n. Chr. Der in der Inschrift, übrigens einer Ehreninschrift von Volk und Rat von Rhodos, genannte Sophist ist vom Kaiser geehrt worden mit einem Lehrstuhl und dem Vorsitz in der ἱερὰ σύνοδος θυμελικά, einer agonistischen Vereinigung; er hat viele Gesandtschaften im Interesse seiner Heimat unternommen und bei der Kontrolle oder Revision der Eintreibung der εἰκοστά mitgewirkt. Aber es bleibt zweifelhaft, ob wir diese Tatsachen für unseren N. in Anspruch nehmen dürfen, weil die Inschrift den Sophisten seiner Herkunft nach als Ἄμιον (Ἄμος, Stadt in Karien: Hirschfeld o. Bd. I S. 1876, 60) bezeichnet im Widerspruch zu Suidas.
Leben. (Literatur. PIR I 192 nr. 1189. II 406 nr. 69. Schmid-Stählin II 2, 817). N. stammte aus Makedonien (Suid. s. v.). Seine ungefähre Lebenszeit ergibt sich daraus, daß er nach Suidas ein Zeitgenosse des Aristeides (117–189 oder 129–189) und des Dion Chrysostomos (ca. 40–120) war. Er lebte zur Zeit des Kaisers Antoninus Pius, auf den er ein Enkomion schrieb, und des Mark Aurel, von dem er wahrscheinlich mit mehreren Ehren ausgezeichnet wurde. Syncell, 666, 16 Bonn. nennt ihn als λογοποιός im vierten Jahr des Kaisers M. Aurelius Antoninus zusammen mit Aristeides und Oppianos. Papinianus (gest. 212) unterstützte ihn in einem Rechtshandel, in dem es sich um seinen verstorbenen Schüler Aquilius Regulus handelte, der seinen Lehrer usu cenaculi beschenkt [552] hatte (Dig. XXXIX 5, 27). Der zweite Philostratos (der bis zur Zeit des Philippus Arabs 244–249 lebte) erwähnt ihn in den Vit. soph. 138, 13 K. nur flüchtig, weil N. ein älterer Zeitgenosse von ihm ist. Wenn Hermogenes in der 184 n. Chr. entstandenen Schrift περὶ ἰδ 407f. R. eine Charakteristik vom Stile des N. gibt, während er in diesem Zusammenhang des von ihm ebenfalls kanonisierten Aristeides nicht gedenkt, so muß nach Schmid das wohl daraus erklärt werden, daß im J. 184 N. gestorben war, während Aristeides noch lebte.
Von Schriften, die alle verloren sind, zitiert Suidas:
- Δεκαμυθία, eine Sammlung von Fabeln in 10 Büchern: Hermog. π. ἰδ. 407, 15 R. 0. Crusius L. St. II, 1879, 228. Christ⁴ 783. Schmid-Stählin II 2, 682. Wie sich diese prosaische Sammlung zu der metrischen des Babrias verhält, ist noch nicht geklärt. Rohdes vorsichtig geäußerte Vermutung, daß die Progymnasmatiker sowohl wie die Sammler der Geoponika ihre Mythen aus der Sammlung des N. geschöpft hätten (Gr. Rom.³ 370), wird von Rabe ed. Aphthonii praef. XVIIIf. abgelehnt. Nach den Worten des Hermogenes sind es ja auch selbsterfundene Mythen (vgl. αὐτὸς ἔπλασεν mit Theon prog. II 76, 4: τοὺς δὲ καὶ παρ' ἑαυτῶν ἀναπλάσαντες; vgl. 74, 6).
- Πολυμυθία scheint eine ähnliche, noch umfangreichere Fabelsammlung gewesen zu sein.
- Εἰκόνες. Prosaische Gemäldebeschreibungen, die ersten ihrer Art, die uns genannt werden, während die Theorie für diese Art von Ekphrasen erst Nikolaos im 5. Jhdt. gibt. Vgl. Rohde Gr. Rom.³ 360, 3. Schmid Stählin II 2, 783.
- Θαλαττουργοί. Mimen oder mimische Briefe, voll Sehnsucht nach dem Leben in ländlicher Natur, die vielleicht das Vorbild für Alkiphron gewesen sind (Rohde Gr. Rom.³ 541, 5. Schmid-Stählin II 2, 826, 9).
- Ἐγκώμια. Außer dem auf den Kaiser Marcus Antoninus erwähnt Suidas auch noch welche εἰσ ἄλλους. N. scheint sich also hier auf πρόσωπα beschränkt zu haben.
- ἄλλα πλεῖστα. Daß darunter Romane waren, schließt Schmid-Stählin 817 aus den μῦθοι δραματικοί bei Hermogenes π. ἰδ. 407, 15 R. Aus einer in eine solche Romanerzählung eingelegten paränetischen Rede stammen nach Schmid die unter dem Namen des N. überlieferten γαμικὰ παραγγέλματα bei Stob. fλor. IV 536, 6ff. 593–599 H. Man tut aber wohl besser, zwei solcher Reden, vielleicht des Vaters an seinen Sohn, anzunehmen, eine vor der Eheschließung mit physiognomischen Ausführungen zwecks richtiger Wahl der Frau, wie sie durchaus in die Sophistik passen (Rohde Gr. Rom.³ 161ff.), und eine nach der Eheschließung über die Übung der σωφροσύνη. Bemerkenswert ist auch der intellektualistische Standpunkt, daß durch Belehrung die Frauen vom Ehebruch abgehalten werden können. Eine Bestätigung dafür, daß diese παραγγέλματα wirklich von N. herrühren, darf man vielleicht darin sehen, daß Ps.-Dionysios (art, rhet. 3, 9 p. 266, 13 Us.-Rad.) gerade [553] bei Behandlung der γαμήλιοι λόγοι N. als Muster der ἀφελὴς λέξις anführt.
Stil. N. wurde zu der Dekade der jüngeren Rhetoren gezählt (Suid, a. v. Schol. Lucian. 189, 11ff. Rabe) und galt als Vorbild des lieblichen und schlichten Stiles. Über seine Stilart schrieb Metrophanes (Suid. s. Μητροφάνης) eine Abhandlung, in der er ihn mit Platon, Xenophon und Philostratos zusammenstellte. Hermogenes, π. ἰδ. 329, 10 R. führt ihn neben Xenophon und dem Sokratiker Aischines als Muster an für συνθῆκαι ἀφελέστεραι, d. h. μᾶλλον λελυμέναι. Ebenso wird er ebd. 407, 8 an Xenophon und den Sokratiker Aischines angeschlossen als λεπτότερος und πολλῷ καθαρώτερος, dessen Stil ὑπέρισχνος ist und Größe höchstens mal in den Gedanken aufweist. Die ἐπιμέλεια κατὰ τὴν σύνταξιν wird gerühmt, die aber in der ἀφέλεια ihre Grenze findet. Hermogenes rechnet ihn 407, 19ff. unter die Schriftsteller, die sich in πανηγυρικοὶ λόγοι ausgezeichnet haben, verwahrt sich aber 409, 4 ausdrücklich gegen die Unterstellung, daß er Nikostratos über Herodot stelle. Philostratos vit. soph. 123, 13f. K. bezeichnet den Aelianus als seinen Stilverwandten hinsichtlich der ὥρα. Menander π. ἐπιδεικτ.. III 390, 1 in dem Kapitel über die λαλιά rechnet ihn zu den Schriftstellern, die sich keiner τραχεῖα ἐξαγγελία mit Perioden und Enthymemen bedienten, sondern einer ἁπλουστέρα und ἀφελεστέρα, einer ἐρριμμένη und ἀκατάσκευος. Auch Ps.-Dion. art. rhet. a. O. stellt ihn neben Xenophon als Muster für die ἀφελὴς λέξις hin. In Gegensatz zu Isokrates setzt ihn Liban. or. I § 42 p. 105, 1 F.
Nachleben. Die zahlreichen und anerkennenden Urteile über N. Stil zeigen, daß N. auch weiter gern gelesen wurde. Im 5. Jhdt. beweist das Synesios, der ep. 129 extr. die Übersendung eines Buches von N. zusammen mit einem von Alexandros Aphrodisias fordert (716, 34 Hercher). Stellen aus ihm wurden in die Florilegien aufgenommen (s. o. Stob. flor., ferner Maximus Chrysoc. bei Migne G. 91, 941 A, der in seinen Κεφάλαια Θεολογικά die auch von Stob. flor. II 38 nr. 8 M. exzerpierte Stelle gegen das λαλεῖν bringt).