Reise mit der Yacht Maria 1854 zu den Färöern/Kapitel I
KAPITEL I
Vorbereitungen
[Bearbeiten]Während wir auf einer Landkarte eine schöne Kreuzfahrtroute für den vergangenen Sommer aussuchten, fiel unser Augenmerk auf die Färöer. Es erschien uns, dass sie es eher wert wären, gesehen zu werden, als bekanntere Orte. In Abwesenheit besserer Informationsquellen nahmen wir eine alte Ausgabe der „Encyclopaedia Britannica“ aus der Bibliothek. Dort lasen wir:
- „Es gibt eine Ansammlung von kleinen Inseln im nördlichen Ozean. Sie gehören zu Dänemark. Es gibt 17, die bewohnbar sind, und jede von ihnen ist ein aus dem Meer hochaufragender Berg, von den anderen durch tiefe und reißende Strömungen getrennt. Einige von ihnen sind tief eingekerbt mit sicheren Häfen, die offensichtlich von der Vorsehung als Rückzugspunkte für die Menschheit in den ungestümsten Gewässern geschaffen wurden. Alle sind sehr steil, und die meisten mit gewaltigen Abgründen versehen.“
Die Beschreibung fuhr damit fort, die umgebenden Gewässer als voll mit Strudeln und die Luft voll von Wirbelstürmen zu präsentieren, von den Dänen Oes genannt, über die es dort heißt:
- „Sie ergreifen eine riesige Menge Wasser, so dass an dieser Stelle eine zeitweilige Kluft entsteht und alle Fische in der Reichweite ihrer Wut über enorme Entfernungen davon getragen werden. Also wurden große Heringsschwärme auf den Gipfeln der höchsten Berge gefunden.“
Dieser Bericht, obwohl offensichtlich zu phantasievoll, um sich darauf verlassen zu können, war so kurios, dass wir uns entschlossen, mehr über die Inseln zu lernen und uns mit einiger Mühe zwei andere Werke zum Thema besorgten, keines von ihnen besonders aktuell.
Sie enthielten keine so phantastischen Beschreibungen, wie oben zitiert, aber sie dienten uns vollkommen, um zur Überzeugung zu gelangen, dass dieses „Friesland“ der alten Venezier nicht die komplette Vernachlässigung verdiente, in der es von modernen Reisenden gelassen wurde, und es der Aufmerksamkeit eines jeden wert war, der ein Interesse sowohl für eine großartige Szenerie, als auch eine bemerkenswert feine Rasse von Menschen verspürte, die dort in einer merkwürdigen Abgeschiedenheit vom Rest der Welt leben.
Folglich wählten wir die Färöer als Ziel unserer Kreuzfahrt, und unser nächster Schritt bestand darin, jemanden ausfindig zu machen, der schon mal dort war und uns mit weiteren Informationen ausstatten könnte, als die, die wir in den geschriebenen Berichten vorfanden. Die Suche nach so jemanden erwies sich als gänzlich erfolglos. Niemand schien irgendwas zu wissen und sich überhaupt darum zu kümmern. Weder in den großen Yacht- noch den Handelshäfen konnten wir jemanden auftreiben, der mehr gemacht hat, als an den Inseln aus der Entfernung vorbei gefahren zu sein. Der Grund war wohl, dass die Färöer vom Handelsverkehr der Nationen ausgespart waren. Das erschien hiernach klar.
Segeln von Kingstown
[Bearbeiten]Mit den Vorbereitungen abgeschlossen, legten wir von Kingstown, Dublin, um zwei Uhr nachmittags am 31. Mai ab. Unser Schiff war eine Schoner-Yacht moderner Bauart, 83 Tonnen alten Maßes, 68 Fuß lang und ein schnelles Fahrzeug in einer steifen Brise, wenngleich nicht für Rennen gemacht. Unsere Gruppe bestand aus dem Kapitän, vier Seemännern, zwei Schiffsjungen, einem Koch, einem Steward, einem schwarzbraunen Terrier und den beiden Autoren. Wir veranlassten auch einen gemeinsamen Freund, uns bis zum Norden Schottlands Gesellschaft zu leisten, unter der Voraussetzung, dass er dort an Land geht, bevor wir endgültig von der Küste weiter fahren.
Wir passierten die Sunde von Islay und Mull; und nach einer ermüdenden Reise, in der wir eine Abfolge von kaltem Nordwind und Flauten hatten, ankerten wir am Abend des 4. Juni in Tobermory auf der Insel Mull. Um 10.30 Uhr des nächsten Morgens setzten wir Segel, und nachdem wir Ardnamurchan Point im leichten Gegenwind umrundet hatten, nahmen wir Kurs nordwärts nach Skye und dann durch die Straßen, die es von den pittoresken Inseln Eig, Muick, Rum und Canna trennt.
Der Wind fuhr entschieden fort, uns entgegen zu blasen. Am Morgen des 6. Junis kam er so hart von Nordost, dass wir wussten, dass wir nur wenig vorankommen werden, wenn wir uns durch den Minch schlagen. Unsere Haupttakelage wurde sehr locker, sodass wir in Loch Braccadale Schutz suchten, einem der bestgeschützten Häfen von Skye. Wir verbrachten den Tag damit, die Wanten zu spannen.
Stornoway
[Bearbeiten]Hier nahmen wir unter großem Bedauern Abschied von unserem Freund und sahen ihn mit seiner Reisetasche sicher unter der Obhut eines Highland-Führers mit Pony, der ihn durch die Berge nach Portree geleiten sollte. Wieder lichteten wir Anker angesichts eines starken Gegenwinds und erreichten Stornoway an den Westlichen Hebriden um 2 Uhr nachmittags am 8. Juni.
Diese Stadt ist hauptsächlich wegen ihres großartigen Schlosses bemerkenswert, das über dem Ort liegt. Es wurde von Sir James Matheson gebaut, der Großes vollbrachte, den Ort schöner zu machen.
Die Heringsaison war auf ihrem Höhepunkt, und der innere Hafen war bevölkert mit Fischkuttern, während aus einigen Yards Entfernung ein widerlicher Geruch herströmte, wo eine Anzahl barfüßiger Mädchen, überall, außer ihren Gesichtern, mit Blut und Schuppen bedeckt, damit beschäftigt waren, die Heringe zu köpfen und auszunehmen. Das taten sie mit einer großartigen Schnelligkeit. Andere verstauten sie in Fässer mit Lagen aus Salz. Eine Frau kann so in den Monaten Mai, Juni und Juli 30 Schillinge in der Woche verdienen, bis die Heringszeit zu Ende ist.
Da wir vorhatten, direkt von Stornoway zu den Färöern zu segeln, war der nächste Morgen davon in Beschlag genommen, so viel Wasser an Bord zu nehmen, wie in die Tanks passten.
Es war nötig, ausreichend Vorräte anzulegen, die für die Reise dorthin und zurück reichen mussten, damit wir nicht unfähig wurden, sie anzusteuern, hinsichtlich der Nebel, in denen sie angeblich ständig eingehüllt liegen. Die meisten bergigen Inseln, die kein anderes Land in der Nähe haben, kämpfen damit, weil die vorbeiziehenden Wolken in ihrer Umgebung ein sehr dunstiges Wetter verursachen, besonders in höheren Lagen. Die Färöer soll sie alle darin übertreffen. Dr. Scoresby schrieb in seiner „Greenland Narrative”, dass er öfters dort vorbeifuhr, und „fast immer in dickem und stürmischem Wetter”, während Landt den großen Teil eines Kapitels dafür widmete, die damals in Dänemark kursierende Behauptung zu widerlegen, dass die Färinger so sehr an das Leben im Nebel gewohnt seien, dass sie immer dann eine Erkältung bekämen, wenn die Sonne scheint.
Vor dem Ablegen bekamen wir ein äußerst großzügiges und willkommenes Geschenk von Gemüse aller Art aus dem Garten von Sir James Matheson, der mit echter Highland-Gastfreundlichkeit verfügt hatte, dass in seiner Abwesenheit alle Yachten so auszustatten seien.
Verlauf der Reise
[Bearbeiten]Am Freitag dem 9. Juni um 1.30 Uhr nachmittags, unternahmen wir unsere endgültige Abreise von der schottischen Küste und verließen Stornoway mit einem leichten Südwind, der, da unser Kurs beinahe genau nach Norden zeigte, günstig war. Gegen Abend ließ er aber nach und während der Nacht kam er von Nordwest.
Samstag, 10. Juni. Der Tag fing an mit Wind von Nordwest bis Nord. Um neun Uhr morgens passierten wird North Rona, eine trostlos erscheinende Insel ungefähr 30 Meilen nördlich von Kap Wrath. Sie ist anderthalb Meilen lang und ungefähr eine Meile breit, und die höchste Erhebung ist 600 Fuß hoch. Der einzige Anlegeplatz ist so felsig und ungeschützt, dass er nicht angelaufen werden kann, außer bei sehr ruhigem Wetter. Aber die See war zu rau, um uns den Landgang zu erlauben. Die Insel hat keinen Baum oder Strauch, aber bietet etwas Weideland für Schafe. Ein Seemann, der auf einem Zollkutter war, erklärte uns, das ein Schafhirte mit seiner Familie die einzigen Bewohner sind. Ihre Existenz muss einzigartig eintönig sein, durch zehn Ligen stürmischen Ozeans vom nächsten Land getrennt.
Dr. McCulloch gibt in seinem Werk über die Westinseln von Schottland, das 1819 erschien, einen sehr interessanten Bericht über seinen Besuch auf der Insel. Sie wurde demnach von einem einzigen Schäfer und seiner Familie besetzt, der im Dienste des Haupt-Großgrundbesitzers von Lewis stand, welcher zweimal jährlich ein Boot dorthin entsandte, um die Schafsprodukte und Federn von Seevögeln abzuholen. Sie waren andere Besucher derart ungewohnt, dass sie beim Erscheinen von McCullochs Boot flohen und sich zwischen den Felsen versteckten, bis ein paar Worte auf Gälisch den Mann und seinen Sohn zurückriefen, was einige Zeit vorher war, bis die Frauen aus ihren Versteck kamen – im Aussehen und Auftreten sehr unähnlich zu Einwohnern einer zivilisierten Welt.
Zur Mittagsstunde war unsere geografische Breite 59°22’ Nord. Der ganze Tag, obwohl nicht wirklich regnerisch, war bedeckt, kalt und düster.
Gegen Abend ließ der Wind ganz nach, und wir blieben auf Gedeih und Verderb einer starken Dünung ausgeliefert, in der wir höchst ungemütlich rollten. Obwohl nicht absolut seekrank, „hing uns das Essen zum Hals raus“. Die beiden Schiffsjungen, die schon auf anderen Booten zur See gefahren sind, zollten tatsächlich dem Meer seinen Tribut. Ein armer Bursche schien sich seiner Schwäche sehr zu schämen und täuschte vor, eher lässig zur Seite zu schauen, aber als er sich umdrehte, verrieten ihn dem erfahrenen Beobachter halbangestaute Tränen in jedem Auge.
Nichts kann erbärmlicher sein, als auf diese Weise einer rauen See ausgeliefert zu sein, nachdem der Wind nachgelassen hat. Alles Leben in dieser Situation stirbt ab und hinterlässt nichts als Unbehagen. Das faule Schlagen der Segel, das monotone Knirschen der Rahen, das Rucken des Großbaums, wenn das Boot heftig auf die andere Seite rollt, das Wissen, dass man mit so viel Lärm keinen Fortschritt macht und nicht zuletzt die äußerste Hilflosigkeit in dieser Lage – all das übt einen deprimierenden Einfluss auf die Gemüter aus, was schwer von jemanden nachempfunden werden kann, der es nicht selber erlebt hat. Wie auch immer, der Tag wurde wie zum Trost länger. Der Sonnenuntergang war um halb zehn und die Dämmerung war so hell, dass wir den Sextanten noch zu Mitternacht an Deck ablesen konnten. Tatsächlich hatten wir seitdem keine Dunkelheit mehr bis zur Rückkehr an die schottische Küste. Wir fanden, dass das konstante Licht eine Reihe Annehmlichkeiten mit sich brachte, aber am Ende war es eine Belästigung. Es gibt etwas Inakzeptables für Menschen, die nicht daran gewöhnt sind, sich absichtlich bei Sonnenschein auszuziehen und sich hinzulegen, und unsere Assoziationen machten es schwer, einzuschlafen, so dass wir uns sehr bald nach ein paar Stunden friedlicher Dunkelheit sehnten.
Land in Sicht!
[Bearbeiten]Sonntag, 11. Juni. Früh am Morgen frischte eine Südost-Brise auf, die uns schnell auf unserem Kurs weitertrug, und um 7 Uhr 30 hörten wir den Willkommensruf des Manns auf dem Ausguck: „Land voraus am Lee-Vorschiff!”
Wir wussten, dass es der südlichste Punkt der Färöer sein muss, aber es war noch weit entfernt und erschien nur als dünner Umriss am Horizont. Wir steuerten weiter nach Norden, da wir zur Ostküste der Inseln wollten, und nach drei weiteren Stunden hatten wir dwars Suderöe, eine bergige Insel, fünfzehn Meilen lang und fünf breit, südlich der anderen gelegen.
Wir hielten ungefähr sieben Meilen Abstand zu ihrer Ostküste, und von dieser Position konnten wir deutlich die beiden Diamanten, Skuöe und Sandöe sehen – alle kleiner als Suderöe, während weiter weg im Norden und Nordwesten gelegentlich hohe kegelförmige Berge durch die Wolken hervorschauen.
Die Dinge waren in jeder Hinsicht im auffallenden Kontrast zum vorherigen Abend. Der Morgen war schön und klar, und alle an Bord schienen guter Laune zu sein. Das Boot glitt durch das Wasser mit neun oder zehn Knoten und hinterließ eine lange weiße Spur, was den kühnen Landspitzen an der Küste ein schnell wechselndes Panorama gab. Das Gebirge in der Ferne löste sich langsam auf in separate Inseln, als wir die Fjorde erreichten, die sie voneinander trennen.
Am Mittag frischte der ständig zunehmende Wind so stark auf, dass wir, obwohl wir frei fuhren, das große Gaffelsegel einholen mussten, und das Hauptsegel doppelt refften. Der kleine Diamant, der Aisla Craig sehr ähnelt, lag dann Nordwest bis Nord in neun Meilen Abstand.
Eine erste Ankunft auf den Färöern, selbst an dieser ihrer zahmsten Seite, ist sehr eindrucksvoll. Ihre Küsten sind fast überall lotrechte Klippen von beachtlicher Höhe über dem Meeresspiegel, aber nach oben hin gebrochen durch grasbewachsene Böschungen und Terrassen.
Die wenigen geeigneten Anlegeplätze sind beinahe alle in Dörfern, die sich in den Fjorden oder hinter schützenden Felsen verstecken, sodass die Küsten, wenn man sie vom Meer aus betrachtet, außerordentlich unzugänglich und unbewohnt erscheinen.
Uns präsentierten sie ihren wildesten und verlassensten Aspekt, denn in allen Richtungen war kein Boot zu sehen, und gegen Nachmittag umnebeln sich diese schwungvollen Berge, was die alten Nordmänner als die Schatten ihrer Vorväter begriffen, die entlang der Küsten vorbeihuschen und so zum Schwermut der Szene beitragen. Wir waren daher doppelt besorgt, rechtzeitig einen sicheren Ankerplatz zu finden, bevor die ganze Inselgruppe in ihre normale Obskurität zurückfällt.
Schwierigkeiten, einen Hafen zu finden
[Bearbeiten]Thorshaven, der Hauptort der Inseln an der Ostküste von Stromöe gegenüber von Naalsöe, war der Hafen, den wir zuerst anlaufen wollten, weil wir dachten, dass es dort am einfachsten wäre, einen Dolmetscher aufzutreiben und weitere Informationen über unseren weiteren Kurs zu erhalten.
Wir hatten eine Seekarte, die aufgrund der Vermessungen von Kapitän Born angefertigt wurde, als er 1806 Gouverneur von Island war. Aber die Karte war weder mit den üblichen Beschreibungen von Küsten und Ankerplätzen versehen, die zusammen mit Karten verkauft werden, noch glauben wir, dass irgendwelche regulären Seefahrtswege veröffentlicht waren.
Der Mangel an bestimmten Informationen brachte uns so gesehen in eine peinliche Lage, denn Thorshaven erschien auf dieser Karte ungeschützt genau der Richtung ausgeliefert zu sein, von wo der Wind kam, und wir hatten unsere Zweifel, dass wir dort sicher liegen könnten.
Es war auch gewiss, dass beim gegenwärtigen Wetter kein Lotse es wagen würde, zu uns raus zu fahren. Und: Selbst wenn man sich implizit auf die Genauigkeit seiner Karte verlassen kann, ist es selten erstrebenswert, ohne eine solche in einen fremden Fjord einzulaufen, denn unbekannte Strömungen können ein Boot manövrierunfähig machen.
Tatsächlich erwähnt Landt einen Fall, der sich während seines Aufenthalts im Land zugetragen hat, als ein Kapitän, der auf der Suche nach Schutz vor schlechtem Wetter in einem der färöischen Häfen, von der Strömung an die Küste der Insel Koltur gedrückt wurde, wo das Boot dann verloren war – mitsamt der ganzen Ladung.
Jedenfalls dachten wir, als der Wind geradeaus durch die Naalsöe-Passage fegte, dass wir die Kontrolle der Yacht an eine vermutete Strömung abgeben. Und wenn keine Lotsen zu uns rausfahren würden, wenn wir ganz im Sund sind, oder sie sagten, dass Thorshaven ein ungeeigneter Hafen wäre, könnten wir wieder durch die nördliche Fjordmündung in die offene See steuern. Dementsprechend fuhren wir dorthin und hielten uns nahe der Küste von Naalsöe um einige Untiefen zu vermeiden, die vor der anderen Küste gekennzeichnet waren. Wir hissten eine Gösch an der Spitze des Fockmasts – ein Signal, das allgemein als die Anforderung eines Lotsen verstanden wird. Als wir gut im Lee der Insel waren, drehten wir das Boot in vergleichsweise ruhiges Wasser bei.
Nach ein paar Minuten beobachteten wir ein Boot, das vom dortigen Dorf ablegte, und das sich, als es sich uns näherte, als offenes Boot erwies. Es war spitz an beiden Enden, über alles zwanzig Fuß lang und mit zwölf Männern Besatzung, jeweils zu zweit nebeneinander auf jeder Bank. Es waren große langbeinige Kerle mit spitzen Mützen, braunen Jacken und Kniebundhosen. Sie ruderten mit sehr kurzen Riemen mit schmalen Ruderblättern, die am Dollbord mit Lederriemen festgemacht waren – auf eine Weise, die es unmöglich machte, sie zu verdrehen. Das Boot war nicht angestrichen, aber außen gut geteert und an beiden Enden mit Vorderteilen versehen, die als Handgriffe dienten, um es an den Strand ziehen zu können.
Die ersten Worte, welche die Einheimischen sprachen, als sie in Hörweite kamen waren: „irgendwelche Kranken an Bord?“ denn es scheint, dass die Insulaner sehr schlimm unter von Fremden eingeschleppten Infektionskrankheiten gelitten haben, und eine große Furcht davor entwickelt haben.
Wir waren sehr erleichtert, festzustellen, dass sie ein wenig Englisch redeten (obwohl es so sehr die universale Sprache der Meere wurde, dass ein paar seemännische Begriffe an fast jeder Küste üblich sind). Wir konnten schnell ihre Befürchtungen bezüglich unserer Gesundheit ausräumen, worauf sie längsseits kamen und zwei von ihnen zu uns an Bord kletterten, während der Rest die Yacht mit ihrem Boot vertaute.
Anker in Thorshaven
[Bearbeiten]Als Antwort auf unsere besorgten Nachfragen erklärten sie: „Thorshaven wär ein gott Haven, sehr gott”, was hochgradig erfreulich war, denn Sturm kam auf und der Nebel um uns wurde von Minute zu Minute immer dichter. Sie machten uns sofort klar, dass es leewärts auf der anderen Seite des Sundes liegt. Alles was wir erkennen konnten, war ein schwarzer Kirchturm, die Dächer der Häuser mit Gras bedeckt, was es aus der Entfernung unmöglich macht, sie von den umgebenden Hügeln zu unterscheiden.
Nach einer kurzen Starre der Neugier ringsum übernahm einer der Männer das Ruder und steuerte das Boot in Richtung Thorshaven, während unsere Seeleute die Segel einholten, um das Ankern vorzubereiten.
Als wir uns der Stadt näherten, wurden ihre verschiedenen Charakterzüge deutlicher. An verschiedenen Plätzen wurden Flaggen gehisst, um uns willkommen zu heißen. So selten sind Ankünfte selbst im Haupthafen der Inseln, dass trotz des inzwischen eingesetzten heftigen Schauers die Einwohner in Scharen an den Ufern erschienen, um zu sehen, wer die Ankömmlinge sind.
Die Situation in Thorshaven ist in keiner Hinsicht aufregend. Es hat nicht mehr als 120 einzelne Häuser, die sich um zwei kleine Buchten erstrecken. Jedes von ihnen ist etwa 150 Yards lang und halb so breit. Auf der Landzuge, die die beiden Buchten trennt, sind sie etwa fünfzig Yards breit. Im Hintergrund sind öde Torfhügel, nicht abschüssig genug, um malerisch zu sein. Die Küsten sind felsig, und der Boden, auf dem die Kleinstadt steht, ist unterbrochen von Hügelchen, über die die Häuser verstreut sind – ohne jede Ordnung. Die Front des einen liegt gegenüber der Seite eines anderen, und die Straßen zwischen ihnen sind nur steile unebene Pfade, die nie mehr als sechs Fuß breit sind.
Die Lotsen steuerten uns in die südwestliche Bucht und ankerten in ihrer Mitte – neun Faden Tiefe, um sechs Uhr abends, einen Steinwurf von beiden Ufern entfernt. Es erwies sich als sehr schöner Hafen, geschützt vor der südöstlichen See. Aber als das Boot langsam anfing zu zerren, vertäuten wir es mit von beiden Seiten mit den Ringen am Ufer. Mit dieser zusätzlichen Sicherung lag sie sehr stabil.
Die Lotsen baten uns um ein Pfund für ihre Arbeit, jedoch, als sie es bekamen, schauten sie so forschend darauf, dass wir glaubten, dass sie es vorher nur in der Erscheinung des Zwanzig-Schilling-Stücks gesehen haben. Nachdem es erklärt wurde, schienen sie sehr glücklich, und vor dem Abschied gaben sie jedem von uns die Hand – eine Zeremonie, die in diesem primitiven Land zwischen den Höchsten und Niedrigsten stattfindet. Es gab nur ein anderes Schiff in Thorshaven: eine kleine dänische Schaluppe von vierzig Tonnen.
Ein gereister Färinger
[Bearbeiten]Sofort nachdem wir ankerten, kam ein färöischer Gentleman an Bord, der sich als Mr. Müller, der Sysellmann vorstellte, oder wie man bei uns sagen würde, der Bezirkshauptmann oder Gemeindevorsteher.
Er sprach exzellentes Englisch, und fast im selben Atemzug fragte er uns, welche Nachrichten wir vom Großen Krieg mitgebracht haben. Er entschuldigte sich für den Sturm, von dem er befürchtete, es würde uns einen schlechten Eindruck von seinem einheimischen Klima geben. Wir konnten ihm aufrecht versichern, dass wir diesbezüglich bisher keinen Grund zur Klage über sein Land hätten, zumal wir den Sturm ja aus dem Süden mitgebracht hätten, und er zweifellos noch wütender im Englischen Kanal toben würde. Dann erklärte er uns, dass er sein Englisch 1851 in London perfektionierte, als er die Große Ausstellung besuchte, und dass er dort als einziger Landsmann die Färöer bei dieser riesigen Versammlung der Nationen vertrat. Er sprach mit warmen Worten über die Aufmerksamkeit, die ihm dort zuteil wurde. Er versprach uns, früh morgens wieder an Bord zu kommen, um uns darüber zu informieren, was in seiner Macht steht, das Erreichen unserer Reiseziele zu ermöglichen.
Also sicher an unserem Bestimmungsort angelangt und einen akzeptablen Kollegen als Dolmetscher versprochen bekommen, haben wir allen Grund, mit dem Tageswerk zufrieden zu sein. Wir wechseln unsere feuchten Sachen und setzen uns zu einem sehr späten Dinner, von dem Pepys gesagt hätte „in großer Zufriedenheit“. Es goss in Strömen, und die spritzenden Wellen in der Bucht machten es unannehmbar, die kurze Strecke zwischen dem Boot und dem Ufer zurück zu legen, sodass wir an diesem Abend nicht mehr an Land gingen.
Die folgende Nacht muss auf See schrecklich gewesen sein. Als wir in unseren Kojen lagen und den wütenden Sturm hörten, wie er durch unsere Takelage brüllte, empfanden wir große Dankbarkeit, dass wir rechtzeitig einen sicheren Hafen erreicht hatten.
- „The wind blew as ‘twad blawn its last,
- The rattling showers rose on the blast:
- That night a child might understand
- The de’il had business on his hand.”
Das Ende von Burns Beschreibung eines schottischen Sturms war hier nicht anwendbar, denn es gab keinen Donner. Und merkwürdigerweise: Donner ist auf den Färöern im Winter üblicher als im Sommer. Landt sagt: „Gewitter in einer zerstörerischen Art ist vollkommen unbekannt”.
Der Orkan erreichte seinen Höhepunkt gegen Mitternacht. Bei unserer Heimkehr in England fanden wir später heraus, dass er von der portugiesischen Küste heraufzog – Samstag nachmittags beginnend, als wir in die Flaute gerieten und bis zum folgenden Dienstagmorgen.
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