Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Alt-Oschatz
Altoschatz liegt südlich von der Stadt Oschatz in einem hübschen Thale, welches von dem Döllnitzbache, in den sich hier der Stranggraben, ein aus den Wermsdorfer Waldungen herkommendes Gewässer ergiesst, durchflossen wird. Der Ort besteht mit Ausnahme der Rittergutsgebäude aus dreiunddreissig Feuerstätten, nämlich zwei geistlichen Gebäuden, wobei die Kirche, sechs Gärtnerwohnungen, vierundzwanzig Häusern und einer steinernen Windmühle mit der Wohnung des Müllers. Eine mit sechszehn Scheffeln Areal hierher gehörige Wassermühle steht in Unterthanenverhältniss zu dem Rittergute Saalhausen. In Altoschatz leben gegen dreihundert Einwohner, und dieser Ort bildet mit Rosenthal, das nur durch den Döllnitzbach von ihm geschieden ist, und Kleinerforst in Heimaths- und Verwaltungsangelegenheiten eine Gemeinde.
Das Rittergut Altoschatz bestand früher aus zwei Vorwerken, die noch in Handschriften des siebzehnten Jahrhunderts diesen Namen führen. Eines derselben war auf der Stätte, wo sich jetzt das Rittergut befindet, das andere auf der Stelle der jetzigen Schäferei erbaut. Nach einem Auszuge der 1652 angefertigten Grundtaxe gehörte zu ersterem ein Areal von 180⅜ Ackern 35 □Ruthen, wozu auch 9 Scheffel Feld und 1 Scheffel Wiesenland gerechnet waren, die vormals dem hiesigen Pfarrgute zustanden. Die Vereinigung beider Vorwerke zu einem Rittergute bewerkstelligte 1679 der Amtsvoigt Höppner, und zwar dergestalt, dass das von jetzt an Rittergut Altoschatz genannte Gut wegen vererbter wiederkäuflicher Kapitalien, Amtswiesen, Fischwasser und der 1683 aufgesetzten und Michaelis betagten Erbzinsen zwölf Groschen an das Rentamt Oschatz entrichten sollte; die Obergerichte, Steuern und Zinsen dem Amte verblieben, das Rittergut aber die Erbgerichte und die Folge mit einem Ritterpferde verdiente. Zur Zeit besteht der Flächenraum des Rittergutes Altoschatz aus etwa 360 Ackern an Feld, Wiesen, Waldung, Teichen und Lehden.
Das Dorf Altoschatz ist Sorbischen Ursprungs und hiess ursprünglich Ozzek, wurde aber von den Deutschen nach Erbauung der nur eine Viertelstunde entlegenen Stadt Oschatz, die auch Ozzek hiess, „Aldinozzek“ genannt. Die ersten Besitzer der beiden hiesigen Vorwerke waren freie Sassen oder milites agrarii, welche Kaiser Heinrich der Vogelsteller um das Jahr 926 für treue Dienste mit einigen Hufen des eroberten Landes belehnte, die aber später in der Stadt wohnten, und ihre Besitzungen Anderen überliessen, da sie das Leben in der Stadt der unsicheren und beschwerlichen Beschäftigung des Ackerbaues vorzogen. Auch das benachbarte Rosenthal besass ein solches Vorwerk, das sehr bald Eigenthum des Georgenhospitals zu Oschatz wurde. – Der erste bekannte Besitzer des grösseren Vorwerkes zu Altoschatz ist Heinrich von Czichow, welcher am 1. April 1339 mit der Stadt Oschatz einen Vertrag schloss in dem er sich verpflichtet, der Stadt für ihre Forderungen an die Mühle zu Kreischa an jedem Michaelistage funfzehn Groschen Zins zu zahlen und auf Verlangen bis auf drei Meilen weit mit sechs Knechten ihr Folge zu leisten, wofür die Stadt verspricht, Heinrichen von Czichow und seine Nachfolger in jeder Hinsicht zu schützen und ihnen Hülfe zu gewähren gleich einem ihrer Bürger. Der nächste Herr des Gutes war Balthasar von Czichow, von dem im Oschatzer Rathsarchive noch eine Urkunde vorhanden ist, nach welcher er Peter Kahlen, dem Propste zu Kloster Sornzig und Altaristen der Altäre St. Ursulä und Marien Magdalenen anderthalb Schock Jahreszinsen und zwei Zinshähne, die auf einigen Gütern in Neusslitz und der Vorstadt Oschatz hafteteten, verkaufte, womit die Markgräfin Anna den Propst zu Eilenburg am Mittwoch vor dem heiligen Dreikönigstage 1408 belehnte. Von den Czichow’s kam das Gut an die Herren von Nossen, von denen Hans von Nossen 1511 der Stadt Oschatz einen Teich am alten Schlosse nebst einer Wiese und einigem Gehölze für sechszig gute Groschen auf zwei Jahre wiederkäuflich abtrat, welchen Vertrag Herzog Georg der Bärtige am Sonntage nach Lätare bestätigte. Ganglof von Nossen, des Vorigen Sohn, empfing bei[WS 1] seiner Vermählung im Jahre 1529 vom Rathe der Stadt Oschatz ein Ehrengeschenk von einem Viertel Bier, und 1533 schloss er mit dem Rathe eine Uebereinkunft wegen eines Theiles des ihm zustehenden Baumgartens, durch den man zur Erweiterung des Stadtmühlgrabens einen Graben ziehen wollte. In demselben Jahre übernahm Ganglof von Nossen das von seinem Vater aufgenommene Kapital von hundert Gulden gegen sechs Gulden Jahreszins, den er von dem Vorwerk Altoschatz an den Hochaltar der Schlosskapelle zu Stolpen zahlte, wozu Herzog Georg am 13. Juli 1533 seine Einwilligung gab. [50] Hans von Nossen besass das Vorwerk zu Altoschatz um 1558 und hinterliess es Balthasar von Nitzschwitz, welcher wahrscheinlich mit des Ersteren Tochter vermählt war, die 1564 als Taufzeugin, sowie ihr Gemahl 1566 als Herr auf Altoschatz genannt wird. Ambrosius von Nossen, der folgende Besitzer, scheint ebenfalls mit dem Rathe zu Oschatz auf sehr freundschaftlichem Fusse gestanden zu haben, denn bei seiner Dienstag nach Estomihi 1586 stattgefundenen Hochzeit schenkten ihm die Hochweisen Herren vier Goldgulden als Ehrengabe. Er starb am 17. October 1632 im dreiundneunzigsten Jahre seines Alters in der Stadt Oschatz, wohin er sich vor den Kriegsunruhen geflüchtet hatte, und wurde in der dasigen Klosterkirche beerdigt; sein Nachfolger aber war Johann Georg von Nossen, der am 16. Februar 1629 das Pfarrfeld zu Altoschatz an sich kaufte und mit dem Vorwerke vereinigte. Sein Tod erfolgte um das Jahr 1639 und es wurde Eigenthümer von Altoschatz Georg Ernst von Nossen, der am 30. Mai 1641 eine Wiese zu Altoschatz an den Stadtrichter Paul Grünwald verkaufte und noch in demselben Jahre mit Tode abging. Georg Ernst von Nossen war der Letzte seines Stammes, und so fiel Altoschatz als offenes Lehn an den Landesherrn, doch war das Gut durch die Verwüstungen des dreissigjährigen Krieges dergestalt heruntergebracht, dass jährlich dafür nur zweiunddreissig Gulden Pachtgeld gezahlt wurden, wesshalb man es zum Verkaufe ausbot. Für die Summe von 2600 Gulden erstand das Gut Catharine von Schleinitz, geborene von der Pforte, Gemahlin Hans Dietrichs von Schleinitz auf Seehausen und Mautitz, die es noch 1657 besass. Ihr Nachfolger, Andreas Dietrich von Schleinitz, trat in Besitz des Gutes 1660 und hatte das Unglück im Jahre 1678 beim Nachhausegehen vom Felde durch Unvorsichtigkeit sich mit dem eigenen Gewehre zu erschiessen, worauf Altoschatz durch Kauf an den schongenannten Amtsvoigt und Kammercommissar Johann Heinrich Höppner gelangte, der beide Vorwerke vereinigte, indem er 1679 das zweite Vorwerk oder sogenannte Schäfereigut von dem grösseren Kirchenaerar zu Oschatz erkaufte, wobei zugleich das Berggut in Rosenthal hinsichtlich der Lehn zum Rittergute kam; auch brachte er am 31. Juli 1680 acht Unterthanen in Rosenthal die bisher zum Georgenhospital zu Oschatz gehört hatten unter seine Gerichtsbarkeit. Nach Höppners 1691 erfolgtem Tode erbte das Rittergut sein Sohn, Dr. Johann Friedlieb Höppner, der 1704 mit Tode abging und eine Wittwe Charlotte Elisabeth geborene Zopf als Erbin hinterliess, welche das Herrenhaus wieder aufbaute, weil ein Orkan am 12. Februar 1715 das alte Schlösschen nebst der Scheune über den Haufen geworfen hatte. Im Jahre 1743 verkauften ihre Erben das Gut an Johann Gottfried Heyern, den Pachter des Rittergutes Mutzschen, dessen Wittwe es 1770 Christian Gottlieb Steigern überliess, der ihrer Tochter, der Wittwe Nollaun auf Oetzsch jüngste Tochter heirathete und später auf dem von ihm erkauften Rittergute Mannschatz wohnte. Seit 1826 gehört Altoschatz Herrn Johann August Oehmichen.
Was die Besitzer des zweiten Vorwerks zu Altoschatz betrifft, so wird von ihnen zuerst Kraft von Bibra genannt, der auch das Thalgut vor Oschatz besass und von 1495 bis 1507 vorkommt. Er überliess am Tage Gertrudis 1495 Georg Puschens zu Meissen Hausfrau und ihren drei Söhnen zehn Gulden wiederkäuflich auf sein Gut Altoschatz mit Zubehör verschriebene Zinsen, wozu Herzog Georg am Freitag nach Peter Paul 1496 seine Bestätigung aussprach. Einer der Puschischen Söhne, Matthes, überliess diese Zinsen am Wenzelstage 1505 käuflich dem Vikar zu Meissen, Vincenz Rodis, wozu seine Brüder an selbigem Tage ihre schriftliche Einwilligung gaben; Junker Kraft von Bibra aber stellte ein Bekenntniss aus, dass er den Vikar als seinen Zinsherrn anerkenne, auch lieh er 1507 von des Meissner Domvikars, Wolfgang Düngstals, Erben vierzig Gulden, die er mit zwei Gulden verzinste. Nach ihn besass das Vorwerk Christoph von Bibra. Er traf am Dienstage nach Mariä Reinigung 1513 mit dem Rathe zu Oschatz einen Vergleich, wornach auf seinen Gütern im kleinen Forste Wasserquellen gesucht und gegen Erlegung von fünf Gulden durch Röhren in die Stadt geleitet werden durften. Nach dem Jahre 1513 gehörte das Vorwerk Haubold von Schleinitz, dem es 1519 Heinrich von Hartwig abkaufte, der Dienstag nach Johannis 1520 versprach die von Kraft von Bibra erkauften und auf dem Gute haftenden Zinsen noch länger darauf zu behalten und dieselben, weil sie nunmehr dem geistlichen Herrn Propste und Convent zu St Afra zuständig geworden, alle Jahre in ihr Kloster nach Meissen zu schicken. Noch in demselben Jahre übernahm der Rath zu Oschatz Heinrichs von Hartwig Kauf, denn in der Kämmereirechnung von 1519 wird bemerkt, dass er mit der Hartwigin in Anwesenheit des Amtshauptmanns Haubold von Schleinitz auf Schleinitz wegen des Gutes vorläufig unterhandelt und nachher die Bürgermeister Seydel und Köhler nach Meissen gesandt habe um vom Herzog Georg die Lehn darüber zu empfangen. Das Kaufgeld dafür, (560 Gulden) zu erlangen, liess der Rath im kleinen Forste 451 Klaftern und 288 Schock Holz nebst vielen Erlen schlagen, und 1591 am Tage Viti liessen der Rath, als Besitzer des Vorwerks, und Hans Lehmann, als Besitzer des Berggutes, im kleinen Forste beim Erlicht Rainsteine setzen. Im Jahre 1679 trat der Rath das Gut gegen eine Schuldforderung dem geistlichen Aerarium in Oschatz ab, das noch in demselben Jahre es an den schon erwähnten Amtsvoigt Höppner verkaufte, welcher dasselbe mit dem anderen Vorwerke vereinigte und die Schäferei dahin verlegte.
[51] Altoschatz wurde im Laufe der Zeit von mannigfachen Schicksalen heimgesucht, namentlich scheint der Hussitenkrieg nicht ohne nachtheilige Folgen für den Ort gewesen zu sein, und die sogenannte Schwedenschanze bei Rosenthal, ein auf steilen Felsen aufgeworfenes Vertheidigungswerk, dürfte nach seiner Anlage wohl nicht dem Zeitalter Kaiser Heinrich I. sondern dem des Hussitenkrieges angehören. Im dreissigjährigen Kriege wurde der Ort von den Schweden geplündert und die Kirche ihrer beiden silbernen Kelche beraubt. Am 5. April 1696 brannten das Pfarrgut und bald darauf eine Anzahl Häuser nebst einem Theile der Wirthschaftsgebäude des Rittergutes ab, und 1715 warf der Sturm das Herrenhaus um. Im Jahre 1783 brannten die Schule und 1826 die Oekonomie des Gutes ab, worauf an deren Stelle das jetzige Herrenhaus erbaut, das ältere aber zur Pachterwohnung bestimmt wurde. Am 3. Juli 1827 verheerte die Fluren ein furchtbares Hagelwetter und 1832 verbrannte die hiesige Mühle. Dass bei der Nähe der Stadt Oschatz und einer Hauptstrasse Altoschatz durch Plünderungen und andere Kriegsdrangsale auch im letzten Französischen Kriege viel zu leiden hatte bedarf wohl kaum der Erwähnung.
Die Kirche zu Altoschatz ist Filial von dem nahen Dorfe Merkwitz. Sie war zuerst eine Kapelle, wird aber schon im Jahre 1330 eine Pfarrkirche genannt. Als im Jahre 1549 die zweite Kirchenvisitation hierher kam und in der Oschatzer Diöces mancherlei Veränderungen vornahm wurden die Pfarre und Kirche zu Altoschatz mit allen ihren Nutzungen, welche die Kastenherren zur Unterhaltung der Kirchendiener einnehmen sollten, mit der Hauptkirche zu Oschatz vereinigt, dafür sollte der Superintendent aller vierzehn Tage in Oschatz eine Predigt bestellen und nach Bedürfniss Communion halten lassen. Wegen der Taufen sollten die Altoschatzer sich an die nächste Kirche halten, das Begräbniss aber im Orte stattfinden. Diese Einrichtung währte indessen nur kurze Zeit, denn schon 1555 war Altoschatz Filial von Merkwitz. Die Kirche ist sehr alt, freundlich, aber dabei sehr beschränkt. Ein interessanter Altar mit der Jahreszahl 1547 enthält reichvergoldete Schnitzereien und Gemälde, und eine zugemauerte Stelle an der linken Kirchwand zeigt noch den Platz wo zur Zeit des Katholizismus das Allerheiligste aufbewahrt wurde. An der Mitternachtsseite des Gotteshauses steht das steinerne Ritterbild eines Herrn von Bock auf Saalhausen und daneben das Bild einer ebenfalls längst verstorbenen Edelfrau; in einiger Entfernung kniet eine zweite Rittergestalt, alle drei Denkmäler aber sind durch ungeschickte Hände so stark übertüncht dass die Inschriften nicht entziffert werden können. Vor dem Altar befinden sich noch die Steinplatten, welche den Eingang zu den Grüften decken, worin die früheren Besitzer der Güter Altoschatz und Saalhausen mit ihren Angehörigen schlummern. Das Taufbecken ist ein Geschenk der Ehefrauen der Herren Steiger auf Altoschatz und Eulitz auf dem Berggute zu Rosenthal vom Jahre 1800, und die neue Bekleidung des Altars, der Kanzel und des Taufsteines nebst einer goldgestickten Decke weihten 1832 der Kirche zu Altoschatz, der jetzige Besitzer, Herr Oehmichen und seine Hausfrau. – Die silberne Abendmahlskanne schenkten 1728 Johann Nollau und seine Ehehälfte. – In die Filialkirche zu Altoschatz sind eingepfarrt; Rosenthal mit 170, Kleinerforst mit 200, Thalheim mit 160, Saalhausen mit 100, Kreischa mit 60, Striesa mit 75 und Altoschatz mit 300 Einwohnern.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: hei