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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Boden

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Boden
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 107–108
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Boden.


Boden liegt nur 1200 Schritte südöstlich von Radeburg, vom linken Ufer der Röder etwas entfernt, am Wege nach Radeberg; die zugehörigen Häuser hingegen stehen an der Röder und oberhalb derselben auch die Mühle.

Boden gehörte in den allerfrühesten Zeiten zu Radeburg oder vielmehr zum comitatus Redariensis. Radeburg bildete nämlich nebst Hohnstein, Lohmen, Hain und Rödern eine eigene Grafschaft, welche vom letzten Orte den Namen comitatus Redariensis erhalten hat. Ueber Boden und Radeburg hatten zunächst die meissnischen Bischöffe die Lehnsherrlichkeit erlangt und 1292 belehnte der Bischoff Friedrich den Kleinen damit, durch welchen Boden später von Radeburg abgetrennt und an einen seiner treuesten Räthe verschenkt worden ist. Die Abtrennung eines solchen Gutes hatte in den früheren Zeiten nicht die Nachtheile der in neuern Zeiten vorgekommenen gewerbmässigen Betreibung der Zerstückelungen der Güter, denen auf keine Weise das Wort geredet werden kann, da sie zu weiter nichts führen, als dass sie die Armuth in einem Orte vermehren helfen. Die scheinbaren Gründe, welche die Vertheidiger solcher Zertrümmerungen vorbringen, sind von keinem Belang und für den Nationalwohlstand durchaus nicht fördernd, sondern lähmend und sogar gefährlich. Eine andere Sache war es in früherer Zeit, wo von einem grossen Districte ein Theil abgegeben wurde. Denn das war dann ein solcher Gütercomplex, dass der Bedachte davon reichlich zu leben hatte, und es geschah auch eine solche Schenkung aus reiner Liberalität, wodurch keine besonderen neuen Lasten auferlegt wurden.

Ein Herr von Strassau war der vertraute Freund und Rathgeber Friedrichs des Kleinen und dafür wurde diese Familie mit Boden beschenkt. Wir finden die Herren von Strassau zu Ende des dreizehnten und zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts zunächst als alleinige Besitzer von Boden. Das Geschlecht derer von Strassau besass das Gut auch noch im Jahre 1406, Heinrich von Strassau war zu dieser Zeit damit beliehen. Die von Zeidler und von Dölau haben es nur kurze Zeit besessen. Dann ist Boden um 1705 an die Herren von Böse übergegangen, welche dieses [108] Gut bis vor 100 Jahren besessen haben. Im Jahre 1788 kaufte es eine gewisse Madame Schmidt in Dresden, dann Leberecht Rentzsch und dann Wilhelm von Papsdorf, von welchem es auf den Banquier Frege in Leipzig überging. Letztrer verkaufte das Gut 1819 an die Frau von Polenz geb. Gräfin von Hohenthal, und von dieser erstand es der Amtsverwalter Hendel, von welchem es an den dermaligen Besitzer, Herrn Luckner gekommen ist.

Boden, wie Radeburg hat durch die Drangsale des Krieges, vorzüglich des dreissigjährigen Kriegs, viel dulden und ertragen müssen. Die Fluren wurden von wilden Feindeshaufen zertreten, das Vieh mit fortgenommen und mit Gewalt entrissen. Die beiden Breitenfelder Schlachten blieben bei Kindern und Kindeskindern lange die einzigen Abendunterhaltungen in hiesiger Gegend.

Boden wie Radeburg hat sich jedoch von den Drangsalen des Kriegs bald genug wieder erholt und zwar durch seine vortreffliche Viehzucht und seinen reichen Ackerbau. Heute noch fliesst reichliche Nahrung den Einwohnern hier und in der Umgegend durch ihre Betriebsamkeit in öconomischer Hinsicht zu.

Die Getreidemärkte zu Radeburg sind berühmt genug, als dass man nicht wissen sollte, wie der Umsatz alljährlich weit über 60000 Scheffel Getreide beträgt.

In der hiesigen Gegend baut man ausserdem auch viel Haidekorn, das die Grützhändler zu sogenannter polnischer Grütze verarbeiten und dann bis Dresden, Leipzig und Berlin schaffen.

Auch der Wiesenbau ist ein bedeutender zu nennen, zumal zu den beiden Ufern der Röder, welche bei Grossröhrsdorf in den Meissner Kreis tritt, dann südlich nach Kleinröhrsdorf und Wallrode, dann westlich nach Radeberg, von da nördlich nach Liegau, dann mehr westlich nach Diensdorf und Hermsdorf, nördlich nach Kunnersdorf, nordwestlich nach Grossdittmannsdorf, Boden und Radeburg, von da weiter nach Grossenhain fliesst und dann bei Uebigau mit der schwarzen Elster sich vereinigt.

Viele geschichtliche Data und interessante Nachrichten über Boden und die Umgegend sind durch den Brand in Radeburg im Jahre 1718 zu Grunde gegangen, wo die grosse Bibliothek, welche sich in der Kirche zu Radeburg befand, nebst vielen Handschriften und Actenstücken ein Raub der Flammen wurde.

Zu dem Rittergute Boden gehörte auch schriftsässig der Ort Grossdittmannsdorf, ¾ Stunde südlich von Radeburg. Die Kirche von Grossdittmannsdorf ist ein Filial von Medingen und steht unter der Inspection Dresden, der Schullehrer hingegen unter der Inspection Hain.

Die Collatur über Grossdittmannsdorf steht dem jederzeitigen Besitzer von Boden zu.

Boden gehörte mit Radeburg früher zu dem Amte Grossenhain, einer der merkwürdigsten Städte der Sächsischen Geschichte, der Residenz von den Brüdern Friedrich und Diezmann.

Jetzt ist Boden dem Gerichtsamte Radeburg zugetheilt nebst Grossdittmannsdorf. Beide Orte gehören deshalb auch zum Bezirksgerichte Meissen, zur Amtshauptmannschaft[WS 1] Meissen, zum Regierungsbezirk Dresden.

Boden hat 25 bewohnte Gebäude mit 30 Familienhaushaltungen und 141 Bewohnern, Grossdittmannsdorf zählt dagegen 78 bewohnte Gebäude mit 85 Familienwohnungen und 473 Einwohnern.

Boden ist, ebenso wie die umliegenden Orte, von Sorben-Wenden angelegt, wie die Namen der umliegenden Ortschaften z. B. Dobra deutlich beweisen.

Denn Dobra ist ein serbischer Name und bezieht sich auf das gute Feld, welches die Anbauer in einer solchen Gegend gefunden haben.

Boden vermehrt sich wegen seiner vortheilhaften Lage an der Röder von Jahr zu Jahr, weshalb auch „Boden mit Anbau“ jetzt gewöhnlich geschrieben wird.

Die an dem Wasser der Röder mehr und mehr entstehenden Garn- und Leinenbleichen verbreiten sich auch hierher.

Boden gehörte bis zum Jahre 1836 zum Amte Hain, das dazu gehörige Grossdittmannsdorf aber ins Amt Dresden. Seit dem Jahre 1836 wurden beide Orte dem Amte Moritzburg zugewiesen, bei welchem solche bis zur neuen Einrichtung im vorigen Jahre verblieben sind.

Grossdittmannsdorf mit der zu Boden gehörenden Rödermühle war sonst Garnisonsort der reitenden Artillerie.

Boden wird auch öfter Boden bei der Lausnitzer Haide genannt, welche im Nordosten die Grenze des früheren Amtes Moritzburg bildete.

In Grossdittmannsdorf wird auch noch Wein gebaut.

Grossdittmannsdorf war früher nach Radeburg eingepfarrt, was wohl seinen Grund darinnen haben mag, dass früher Boden und Radeburg vereinigt waren. Ungefähr um das Jahr 1600 brachte es der damalige Besitzer von Radeburg und Medingen, Rudolph von Bünau, dahin, dass Grossdittmannsdorf von Radeburg ausgepfarrt und als Filial nach Medingen geschlagen wurde.

Die ehemals öde und wüste Kapelle wurde zu einer schönen Kirche erbaut, und am 5. Mai 1605 feierlich eingeweiht. Diese Kirche erhielt auch im Jahre 1775 ein Orgelwerk vom Orgelbaumeister Pfützner aus Pulsnitz.

Grossdittmannsdorf nährt sich fast ausschliesslich von Ackerbau.

M. G.     



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Amtshauptmannschft