Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Nedaschütz
Im Amtsbezirke Stolpen, der vom Kurfürst August aus denjenigen
Orten gebildet wurde, welche vor der sogenannten „Carlowitzischen
Fehde“ dem meissnischen Bischof gehört hatten, liegt auch das Rittergut
umgeben von 34 Wohnungen mit circa 200 Einwohnern, nebst Bürkau, Cannewitz, Coblenz, Dahren, Dobranitz, Kleinpraga, Muschelwitz, Pietzschwitz, Pottschapplitz, Semichau und Wolkau, eingepfarrt in eines der ältesten und wichtigsten Dörfer des Königreichs Sachsen: Göda, in welche Pfarre ausser den ebengenannten Ortschaften noch 22 Dörfer gewiesen sind, die aber nicht, wie jene, in das Stolpener Amt gehören.
Mit der obenerwähnten „Carlowitzischen Fehde“ hatte es folgende Bewandtniss: Nach dem Tode des Bischofs Nicolaus II. aus dem Hause von Carlowitz, verlangte der Neffe desselben, Hans von Carlowitz, von dem Nachfolger seines Onkels, Johann IX., aus der Familie von Haugwitz, das Testament des verstorbenen Bischofs. Johann gab ihm auch, nebst einer Kiste Geld, ein Testament, welches aber Nicolaus noch als Canonicus abgefasst hatte. Allein Carlowitz, nicht damit zufrieden, behauptete, sein Onkel habe noch ein Testament kurz vor seinem Tode im stolpener Schlosse niedergelegt, und dieses müsse er herausgeben, fände es sich nicht vor, so sei es unterschlagen. Der Bischof wünschte die Sache vor ein Schiedsgericht gebracht, hiermit jedoch nicht einverstanden, schickte Carlowitz am 13. September 1558 einen Fehdebrief und schon am folgenden Tage umzingelte er die Burg, um den Bischof gefangen zu nehmen; dieser war jedoch nach Prag entkommen und die Besatzung wies jede Aufforderung zur Uebergabe zurück, weshalb sich Carlowitz mit der Zerstörung und Verwüstung des bischöflichen Gebietes begnügen musste. Da aber, trotz aller Signale zur Hilfeleistung, welche die Besatzung den anwohnenden Landbewohnern gab, Niemand erschien, denn der Bischof war bei den protestantischen Unterthanen nicht beliebt, so riefen die Stolpner den Kurfürst August, als obersten Schutzherrn, zu Hilfe. Dieser, dem das ganze Ereigniss nicht unlieb gewesen zu sein schien, sandte den Bruder des Carlowitz mit einigen Truppen nach Stolpen, welche sofort dort aufgenommen wurden und brachte es durch Unterhandlungen dahin, dass der Bischof seinen Gegner mit 4000 Gulden entschädigte, und statt der Veste Stolpen mit der dazu gehörigen Pflege, [82] welche der Kurfürst für sich in Anspruch nahm, sich mit der Stadt, dem Amte und Kloster Mühlberg begnügte. - Auf diese Weise kam auch unser Nedaschütz unter kurfürstliche Hoheit und ist darin, sowie beim Amte Stolpen, verblieben.
Die Kirche, in welche Nedaschütz eingepfarrt, ist schon im Jahre 1076 erbaut und wohl eine der ältesten des Königreichs. Das beim Brennen des Thurmes 1580 mit verunglückte Geläute soll eins der klangvollsten gewesen sein. An der Kirche wirken 2 Geistliche und wird der Gottesdienst, abwechselnd, in deutscher und wendischer Sprache abgehalten.
Gegenwärtig befindet sich das Rittergut im Besitze der Familie von Wolfersdorf, die man zu dem ältesten Adel Deutschlands zählt, denn ein Ernst von Wolfersdorf kömmt schon im Jahre 932, in der Schlacht bei Merseburg, gegen die Hunnen, vor, zeichnete sich in derselben durch grosse Tapferkeit aus und stand bei Kaiser Heinrich I. und dem Bayern- Herzog Berthold in hohem Ansehen. Ein anderer, Philipp von Wolfersdorf, ward von genanntem Kaiser zum Ober-Aufseher über die Obotriten- Wenden gesetzt, von diesen aber 933 erschlagen. Fast zu allen Zeiten nennt die Geschichte Männer des Geschlechtes von Wolfersdorf, die sich durch militärische Vorzüge oder durch Gelehrsamkeit auszeichneten. So ging Wittigo von Wolfersdorf im Jahre 1147 mit dem Meissner Markgrafen, Conrad dem Frommen, gegen die Sarazenen, trug durch seine Tapferkeit und Umsicht viel zur Eroberung von Damascus bei, starb aber auf der Rückreise auf der Insel Corcyra; - in der Schlacht bei Aussig, im Jahre 1426, fielen George und Dietrich, Beide als Obersten bei den Meissnern; - Gottfried von Wolfersdorf war 1472 Berghauptmann zu Schneeberg und ein anderer Gottfried von Wolfersdorf hat 1484 als kaiserlicher Oberst und Commandant von Wien, die Wiener Neustadt wider die Belagerung des ungarischen Königs gehalten, welcher beim Abzug sich verlauten lassen: „wenn er den kecken Obrist bekommen könnte, wolle er ihn mit Gold auswegen, inmassen ihm noch Keiner solchen Widerstand gethan."
Doch wir könnten Bände schreiben über dieses Geschlecht, - der Zweck dieser Zeilen ist aber ein anderer, und so schliessen wir diesen Bericht indem wir auf die beigegebene Abbildung von Nedaschütz hinweisen.