Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Tanneberg (Nossen)

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Textdaten
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Autor: O. M.
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Titel: Tanneberg
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 57–58
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Tanneberg
bei Nossen.


Tanneberg liegt im Amtsbezirke Meissen, zwei Stunden von Wilsdruf und zwei und eine halbe Stunde von Nossen an der Dresdner Chaussee, und besteht aus siebenundsechszig Häusern mit etwa fünfhundert Einwohnern.

Der Ort wird eingetheilt in Alttanneberg, welches sich zur Linken des Trübischthales hinbreitet, und in Neutanneberg, das in einzelnen Häusern bis hinab zur Trübisch reicht, über welche sich hier eine Steinbrücke wölbt. Nahe bei Neutanneberg liegt ein grosser Steinbruch und im Thale die Eilenmühle, die nördliche Seite des Dorfes aber, zeigt auf steiler buschiger Höhe die Kirche und das Rittergut, und in kurzer Entfernung die nach Tanneberg gehörige Dammmühle, welche ihr Wasser von einem der Trübisch zueilenden Bache empfängt. Ein Fussweg, der westlich vom Dorfe von der Chaussee ausläuft und über Rothschönberg, Wendischbora und weiter, bis fast nach Topschedel, führt, leitet den Wanderer durch die reizendsten Gegenden. Ueppige Wiesen wechseln mit waldigen Berghängen, deren kahle Gipfel weidenden Schafheerden treffliche Nahrung bieten und in tausend Windungen, bald über Sand bald über Steingerölle hineilend, durchzieht das liebliche Thal die forellenreiche Trübisch, welche im Tharander Walde entspringend, nach achtstündigem Laufe und einem Falle von fünfhundertsechszig Ellen bei Meissen in die Elbe mündet.

Das Rittergut Tanneberg, dessen Gebäude noch theilweise aus dem Mittelalter herrühren, besitzt ein in neuerer Zeit gebautes stattliches Schloss und ausserordentlich fruchtbare Felder und Wiesen. Die ersten Besitzer desselben waren Edelleute des Geschlechts von Tanneberg, von denen 1227 Hermann von Tanneberg, Ritter und markgräflicher Marschall 1301 Friedrich von Tanneberg, und 1321 Hans von Tanneberg genannt werden. In der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts scheint diese Familie ausgestorben oder verarmt gewesen zu sein, da sie nirgends mehr erwähnt wird; das Gut Tanneberg aber befand sich zu dieser Zeit bereits im Besitze des von Otto dem Reichen 1162 gestifteten Cisterzienserklosters Altzelle. Dieses Kloster besass gleich bei seiner Stiftung achthundert Hufen Landes und die Nutzungen einer grossen Anzahl von Flecken und Dörfern im Umkreise von mehr als vier Meilen, für Christiansdorf und Lossnitz aber überliess Markgraf Otto nach Entdeckung daselbst vorhandener Silberadern dem Kloster die Stadt Rosswein. Ein wunderthätiges Marienbild, eine grosse Menge Reliquien, das hier befindliche Fürstenbegräbniss und endlich der weithinverbreitete Ruf der streng religiösen und gelehrten Mönche brachten das Kloster zu grossem Ansehen. Tausende wallfahrteten nach Altzelle, Spenden und Vermächtnisse häuften sich zu ungeheuren Reichthümern und die Zahl der Mönche stieg nach und nach bis auf achtzig. Das Kloster kaufte in Meissen, Thüringen und dem Osterlande eine grosse Menge von Besitzungen, worunter sich seit der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts auch Tanneberg befand, gehörte aber auch hinsichtlich seiner Mildthätigkeit zu den ehrenwerthesten Anstalten des Landes, denn kein Hungriger ging ungespeist, kein Reisender ohne gastliche Pflege von hinnen. Ein auf der Universitätsbibliothek zu Leipzig befindliches Wirthschaftsregister des Klosters aus dem Anfange des sechszehnten Jahrhunderts weist nach, dass das Altzeller Kloster in einem Zeitraume von drei Jahren nicht weniger als 34000 Reisende, (20000 zu Fuss und 14000 zu Pferde) beherbergte.

Beinahe vierhundert Jahre hatte das Kloster Altzelle bestanden, als die Reformation einen Mönch nach dem andern aus der Einsamkeit der heiligen Mauern hinaustrieb in das fröhliche Weltleben, obgleich der Abt, Paul Bachmann, sich eifrigst bemühte die lebenslustigen Klosterbrüder zurückzuhalten. Als ihm dies nicht gelang, verfasste der Abt ein Büchlein unter dem Titel: das wilde geyfernte Eberschwein Merten Luther, so mit seinen Riesel umzustossen sucht u. s. w. und später ein zweites: „Schnoptuchlein auf Luthers Geyfer“, worauf der Reformator ebenfalls in derber Weise antwortete. Im Jahre 1542 bestand das Klosterpersonal ausser dem Abte, dem Kaplane und dem Schatzmeister, aus dreizehn Mönchen, neun Laienbrüdern und dreiundneunzig bei der Oekonomie beschäftigten Leuten, und so legte denn 1545 der Abt, Andreas Schmiedewald, freiwillig sein Amt nieder, nachdem er sich aus dem Klostervermögen reichlich versorgt und verschiedene Kirchenkleinodien dem Kloster Marienthal zur Aufbewahrung übersendet hatte. Die Verwaltung des Klostereigenthums war dem Abte schon seit 1541 entzogen und wurde durch einen vom Herzog Heinrich verordneten Sequestrator versehen. –

Jetzt war das Kloster Eigenthum des Landesherrn. Mehrere Mönche hatte derselbe als evangelische Pfarrer angestellt. Der Prior Drechsler wurde Amtsverwalter der Fürstenschule in Grimma, Pater Schmidt Amtsverwalter [58] und der Seckelmeister Vischer Klosterverwalter in Zelle, die ältesten Brüder aber fanden lebenslängliche Pflege. Die Altäre, heiligen Gefässe und das übrige Kirchengeräth schenkte Herzog Moritz an evangelische Kirchen, so empfing Schneeberg die herrliche Orgel, Rosswein den starkvergoldeten Hochaltar, Etzdorf einen kleineren Altar, Belzig einige Altarbilder und die Dresdner Frauenkirche sowie die Kirche zu Mochau die Glocken; die Universität Leipzig aber erhielt des Klosters beträchtliche Bibliothek, dessen Archiv kam nach Dresden und die bedeutenden Klostergüter verwandelten sich in ein Kammergut.

Verwaist und verödet stand nunmehr die alte berühmte Stiftung Markgraf Ottos, verfallen lag die Gruft in der Sachsens Fürsten fast drei Jahrhunderte hindurch ihre letzte Ruhestätte gefunden und als 1599 ein Blitzstrahl die stolzen Gebäude des Klosters in Flammen setzte, als die prachtvolle Marienkirche in eine Gluthmasse zusammenstürzte, verschwand das berühmte Kloster von der Erde und nur wenige obgleich herrliche Ruinen zeugen noch von seiner einstigen Grösse.

Während Tanneberg Eigenthum des Klosters Altzelle war, soll sich nach der Volkssage, in diesem Dorfe ein kleines Nonnenkloster befunden haben, doch spricht davon weder eine Urkunde noch lässt sich ein anderer Beweis dafür auffinden. Vielleicht befand sich hier ein Spital. Dagegen stiftete hier ein Herr von Schönberg, Besitzer des Rittergutes, das sogenannte Jungfernhaus, einen Zufluchtsort für bejahrte Frauen der Familie, wie ein solches auch in Gnandstein bestand.

Das Rittergut Tanneberg blieb nur kurze Zeit landesherrliches Eigenthum, denn schon 1547 gehörte es dem Junker Nikol von Staupitz, der in einem Erbamtsbuche wegen des Gutes Amtsasse des Meissner Amtes genannt wird. Nach ihm gehörte Tanneberg dem Bürgermeister zu Freiberg und Herrn auf Oberschaar Steinbach und Kleinwaltersdorf, dem reichen Peter Alnpeck, dessen Geschlecht das Gut bis in die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts besass und eine seiner Linien nach dem Gute Tanneberg benannte. Wol durch Erbschaft gelangte von den Alnpecks Tanneberg an Rudolf von Miltitz auf Batzdorf, Robschitz und Eyla und von diesem an die in hiesiger Gegend reichbegüterte Familie von Schönberg. Von den Herren von Schönberg wird als Besitzer Tannebergs zuerst genannt Hans Heinrich von Schönberg, vermählt mit Magdalene von Degenfeld, der 1718 mit Tode abging. Bis 1852 gehörte das Rittergut dem Kammerherrn Gustav Adolf von Schönberg, der jetzige Eigenthümer desselben ist Herr Oberleutnant Carl Friedrich Rudolf von Schönberg-Pötting.

Wie in den Kriegen des funfzehnten und siebzehnten Jahrhunderts litt Tanneberg auch in dem letzten Kriege bedeutend. Die Landleute hatten sich bei der Annährung Russischer Heere namentlich einen schauderhaften Begriff von den Kosaken gebildet, von denen man glaubte, dass sie, je sechs Mann mit Ketten zusammen geschlossen, gleich wilden Thieren auf ihre Gegner losgelassen würden, ja Viele behaupteten, die Kosaken wären mit kleinen grässlichen Feueraugen und statt der Lippen mit Vogelschnäbeln ausgestattet. Der damalige Pastor zu Tanneberg bemühte sich angelegentlichst die Kosaken in ein günstigeres Licht zu stellen, indem er sie als harmlose Naturmenschen schilderte, die, grösstentheils selbst Familienväter, als einfache Hirten mit allen Tugenden genügsamer Menschen ausgerüstet wären und namentlich fremdes Eigenthum ehrten. Als nun endlich die gefürchteten Söhne der Steppe anlangten fand es sich dass sie zwar anderen Menschen ganz ähnlich waren, aber die Tugenden, welche ihnen der Pfarrer zugeschrieben fehlten gänzlich, und der wackere Prediger selbst hatte viel von der Rohheit und Plünderungssucht der von ihm verkannten Nomaden zu leiden.

Die Kirche zu Tanneberg war vor der Reformation dem heiligen Maximius geweiht und stand bis zum Jahre 1539 unter dem Erzpriester zu Wilsdruf, worauf sie der Meissner Ephorie einverleibt wurde. Die Collatur über Pfarre und Schule haftet auf dem hiesigen Rittergute.

O. M.