Rußland (Theodor Fontane)
Rußland.
(Einem Freunde als er nach Moskau übersiedeln wollte.)
Wer auf die Zukunft schwört und unbekümmert
Der ew’gen Kraft des Geistes noch vertraut,
Die, gleich dem Meere, eine Welt zertrümmert,
Und eine neue, schönre auferbaut;
Ob jener Zeit, die kommen muß, vergißt,
Der fliehe Dich, wo keine Geister weben,
Und jede Hoffnung eitel Thorheit ist.
Die junge Saat, von keinem Sommerregen,
Doch, über Nacht, von frischem Thau erquickt;
Der fliehe Dich, wo auf den stein’gen Boden
Nur Mehlthau fällt, der jeden Keim zerfrißt,
Und jede Hoffnung eitel Thorheit ist.
Doch wer, verzweifelnd ob so langem Harren,
Der Hoffnung Prachtbau selber niederreißt,
Und unser Thun das Streben eines Narren,
Der suche Dich, und find’ in dir betroffen
Ein Maaß, daran er unsre Größe mißt,
Und lerne dorten für die Heimath hoffen,
Wo jede Hoffnung eitel Thorheit ist.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Lasciate ogni speranza voi ch’entrate. (ital.) Die ihr eintretet, lasst alle Hoffnung fahren. aus: Dantes „Die Göttliche Komödie“ (Die Hölle, 3. Gesang, Vers 9)