Sankt Stephan (Bürger)

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Autor: Gottfried August Bürger
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Titel: Sankt Stephan
Untertitel:
aus: Gedichte, S. 271–276
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum: 1777
Erscheinungsdatum: 1778
Verlag: Johann Christian Dieterich
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Erscheinungsort: Göttingen
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Apostelgeschichte Kap. 6 und 7
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Sankt Stephan.
Im April 1777.


     Sankt Stephan war ein Gottesman,
Von Gottes Geist berathen,
Der durch den Glauben Kraft gewan,
Zu hohen Wunderthaten.

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Doch seines Glaubens Wunderkraft,

Und seine Himmelswissenschaft
Verdros die Schulgelehrten,
Die Erdenweisheit ehrten.

     Und die Gelehrten stritten scharf

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Und waren ihm zuwider;

Allein die Himmelsweisheit warf
Die Irdische danieder.
Und ihr beschämter Hochmut san
Auf Rache an dem Gottesman.

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Ihn zu verleumden, dungen

Sie falscher Zeugen Zungen.

     Und gegen ihn in Aufruhr trat
Die Jüdische Gemeinde.
Bald ris ihn vor den hohen Rath

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Die Rachgier seiner Feinde.

Die falschen Zeugen stiegen auf
Und logen: Dieser hört nicht auf,
Zum sträflichsten Exempel,
Zu lästern Gott und Tempel.

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     „Sein Jesus, schmäht er, würde nun

Des Tempels Dienst zerstören;
Hinweg die Sazung Mosis thun,
Und andre Sitte lehren.“ –
Starr sah der ganze Rath ihn an;

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Doch Er, mit Unschuld angethan,

Troz dem, was sie bezeugten,
Schien Engeln gleich zu leuchten.

     „Nun sprich! Ist dem also?“ began
Der Hohepriester endlich.

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Da hub er frei zu reden an,

Und deutete verständlich
Der heiligen Propheten Sin,
Und was der Herr von Anbegin,
Zu Juda’s Heil und Frommen,

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Gered’t und unternommen.


     „Doch, Unbeschnitt’ne“, fuhr er fort,
„An Herzen und an Ohren!
An Euch war Gottes That und Wort
Von je und je verloren.

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Eur Stolz, der sich der Zucht entreist,

Stets widerstrebt er Gottes Geist.
Ihr, so wie eure Väter,
Seyd Mörder und Verräter!

     Nent mir Propheten, die sie nicht

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Verfolgt und hingerichtet,

Wenn sie aus göttlichem Gesicht
Des Heilands Kunst berichtet;
Des Heilands, welchen eur Verrath
Zu Tode jezt gekreuzigt hat.

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Ihr wist zwar Gottes Willen;

Doch wolt ihn nie erfüllen.“ –

     Und horch! ein dumpfer Lärm erschol.
Es knirschte das Getümmel.
Er aber ward des Geistes vol,

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Und blikt’ empor gen Himmel,

Und sah eröfnet, weit und breit,
Des ganzen Himmels Herlichkeit,
Und Jesum in den Höhen
Zur Rechten Gottes stehen.

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     Nun rief er hoch im Jubelton:

„Ich seh’ im ofnen Himmel,
Zu Gottes Rechten, Gottes Sohn!“
Da stürmte das Getümmel,
Und brauste, wie ein wildes Meer,

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Und übertäubte das Gehör,

Und, wie von Sturm und Wogen,
Ward er hinweg gezogen.

     Hinaus zum nächsten Thore brach
Der Strom der tollen Menge,

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Und schleifte den Man Gottes nach,

Zerstossen im Gedränge;
Und tausend Mörderstimmen schrie’n,
Und Steine hagelten auf ihn,
Aus tausend Mörderhänden,

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Die Rache zu vollenden.

     Als er den lezten Odem zog,
Zerschellt von ihrem Grimme,
Da faltet’ er die Hände hoch,
Und bat mit lauter Stimme:

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„Behalt, o Herr, für dein Gericht,

Dem Volke diese Sünde nicht! –
Nim meinen Geist von hinnen! –“
Hier schwanden ihm die Sinnen.