Schrift und Schrifttum:22
[40] allgemein üblichen nicht auf Schwäb. Gebiet beschränkten auch eigene Bezeichnungen dafür und innerhalb der einzelnen Gemeinden sind in älterer Zeit vielfach mehrere verschiedene Maße im Gebrauch, schon deshalb weil der auswärtige Herr und Besitzer eines Hofs die Gülten nach seinem eigenen Maß fordert. An Längenmaßen hat man die Rute, Schuh und Zoll, dazu im Handel die Elle, für Gewichte Centner, Pfund, Lot. Flächenmaße sind Morgen, Jauchert oder Juchart, lat. iugerum, Tagwerk (s. H. Fischer, Geographie der Schwäb. Mundart), bei Wiesen Mannsmahd, dazu die Rute; kleine Landstücke, anscheinend unbestimmter Größe, heißen Bletz, lat. petia. Getreidemaß ist alt das Malter. Die württ. Ordnung von 1557 bringt den Scheffel zu 8 Simeri (Sri), das Simeri zu 4 Vierling, den Vierling zu 8 Achteln usw. Dabei wird immer noch wie in älterer Zeit Haufmaß und Streichmaß unterschieden. Für Heu und Stroh gilt die Wanne und das Fuder, für Wein Fuder, Eimer, Imi oder Om und Maß; hier ist unterschieden Helleich, Trübeich und Schenkmaß. Das Klafter als Holzmaß ist jetzt noch nicht ganz aus der Erinnerung und dem Volksgebrauch verschwunden. Alle diese Bezeichnungen sind Gemeingut, aber sie stehen zu keiner Zeit überall für gleichen Wert oder Inhalt. Man muß also jeweils für den einzelnen Ort erst feststellen, was dort Brauch war, wobei die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Territorium oder Herrschaft nicht immer maßgebend ist. Es ist nicht möglich hier für jeden Fall im voraus den Weg zur Aufklärung zu weisen. Wo eigene Forschung auf Grund der hier gegebenen Andeutungen nicht zum Ziele führt, bleibt immer noch übrig, sich mündliche Auskunft zu holen. Manchmal wird man auch finden, daß es nicht für jede Frage eine befriedigende Antwort geben kann, weil dazu die Quellen nicht ausreichen. [41] Die folgenden Tafeln I–XXIV sollen zusammen mit den „Schriftproben aus Urbaren und Lagerbüchern des 14. bis 18. Jahrhunderts im Württ. Staatsarchiv“ (s. o. S. 21 A.) die Möglichkeit geben, sich mit dem Werden jedes einzelnen Buchstabens unserer Schrift, mit seiner allmählichen Entwicklung von den Formen der römischen Monumental- und Verkehrsschrift bis kurz vor dem Entstehen der jetzt gebräuchlichen Schriftformen vertraut zu machen. Wer es vermag, einen heutigen Buchstaben der deutschen Schrift durch die Jahrhunderte zurückzuverfolgen und die Linie zu erkennen, die ihn mit den entsprechenden römischen Formen verbindet, der hat schon einen großen Vorteil für das Entziffern mittelalterlicher und jüngerer Schriftstücke gewonnen. Dazu ist nicht nötig, daß die hier vorgelegte Reihe vollständig sei und jede einmal vorkommende Form enthielte. Aber es wird mit ihrer Hilfe jede einmal vorkommende Form an der ihr zukommenden Stelle eingereiht werden können. Man stelle fest: 1. Aus wie vielen einzelnen Strichen ist die einzelne Buchstabenform zusammengesetzt? 2. In welcher Reihenfolge werden diese Striche ausgeführt? 3. In welcher Richtung zieht dabei die Feder? 4. Ist zu erkennen wie der Schreiber die Feder gehalten hat? Aus diesen 4 Feststellungen wird jedesmal sich die Erkenntnis ergeben, warum die nächsten Formen der Reihe gerade so geworden sind, wie sie sind, und nicht anders. Für die Federhaltung vgl. besonders Nr. 6 der „Schriftproben“: ähnlich der bei Rundschrift. Beispiel: Beim A zeigen sich früh zwei entgegengesetzte Verfahren. Die ältere römische Kursive und die rustica führen im Zug von oben nach unten zuerst den rechten Schaft aus, dann den linken, der bei Anlehnung an den rechten gerne |
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