Schwere, Elektricität und Magnetismus/§. 1.

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§. 1.
Newton’s Gravitationsgesetz.


 Die Theorie der Schwere beschäftigt sich mit der Untersuchung der gegenseitigen Anziehung ponderabler Körper. Dieser Untersuchung liegt als Hypothese das allgemeine Gravitationsgesetz von Newton zu Grunde. Dasselbe lautet:

 Zwei mit ponderabler Masse erfüllte Punkte üben eine Anziehungskraft auf einander aus. Die Richtung dieser Kraft wird durch die gerade Verbindungslinie der beiden Punkte angegeben. Die Grösse der Kraft ist direct proportional dem Producte der beiden Massen und umgekehrt proportional dem Quadrate ihrer Entfernung.

 Es sei die Grösse der Kraft, mit welcher zwei Masseneinheiten einander anziehen, wenn ihre Entfernung gleich der Längeneinheit ist.
Fig. 1.
Dann üben nach Newton’s Gesetze zwei Massen und , die in zwei Punkten von der Entfernung concentrirt sind, eine Anziehungskraft auf einander aus, deren Grösse


(1)


ist. Es seien (Fig. 1) die rechtwinkligen Coordinaten des Punktes von der Masse und die rechtwinkligen Coordinaten des Punktes von der Masse . Die Entfernung dieser beiden Punkte ist |[4]


(2)


und die von dem Punkte nach dem Punkte gerichtete gerade Linie von der Länge schliesst mit den positiven Coordinatenaxen Winkel ein, deren Cosinus die Werthe haben


(3)




 Die Kraft, mit welcher die Masse von der Masse angezogen wird, ist von dem Punkte nach dem Punkte hin gerichtet. Die Componenten dieser Kraft parallel den Coordinatenaxen sind demnach resp.


(4)




 Es werde ferner die Masse von mehreren Massen angezogen. Irgend eine dieser anziehenden Massen werde mit bezeichnet. Sie sei im Punkte concentrirt. Der Abstand dieses Punktes von dem Punkte findet sich, indem man in (2) an die Stelle von resp. setzt. Die Masse übt auf die Masse eine Anziehung aus, deren Componenten aus (4) hervorgehen, wenn man dort den Grössen den Index gibt. Wird dann für der Reihe nach gesetzt, so ergeben sich die Componenten der einzelnen Kräfte, mit welchen die Masse resp. von den Massen angezogen wird. Alle diese Componenten greifen im Punkte an. Handelt es sich um die Gesammtwirkung, so hat man nur die gleichnamigen Componenten zu summiren. Die Masse wird also durch eine Gesammtkraft in Anspruch genommen, deren Componenten parallel den Coordinatenaxen sich berechnen: |[5]


(5)


 Die Gesammtkraft selbst ist


(6)


 Sie greift im Punkte an, und ihre Richtung schliesst mit den positiven Coordinatenaxen Winkel ein, deren Cosinus die Werthe haben


(7)


 Von besonderer Wichtigkeit ist der Fall, dass die Anziehung nicht von einzelnen getrennt liegenden Massenpunkten ausgeübt wird, sondern von den sämmtlichen Molekülen eines physischen Körpers. Dann ist ein Raum von endlichem Volumen mit einer Masse von endlicher Grösse erfüllt, ein unendlich kleines Raumelement mit einer unendlich kleinen Masse. Dagegen enthalten Punkte, Linien und Flächen keine anziehende Masse. In diesem Falle treten in den Ausdrücken (5) Integrale an die Stelle der Summen. Wir betrachten im Innern des Raumes, welchen die anziehende Masse
Fig. 2.
erfüllt, ein unendlich kleines Parallelepipedon (Fig. 2), dessen Kanten den Coordinatenaxen parallel laufen. Der dem Anfangspunkte der Coordinaten zunächst gelegene Eckpunkt habe die Coordinaten . Die Länge der von ihm ausgehenden Kanten sei resp. . Die Masse dieses Parallelepipedon ist unendlich klein. Wir bezeichnen sie mit . Da alle drei Dimensionen des Parallelepipedon unendlich klein sind, so darf man seine Masse als in einem Punkte desselben concentrirt ansehen, z. B. in dem Eckpunkte . Der Factor , mit welchem man das Volumen

|[6]des Parallelepipedon multipliciren muss, um seine Masse zu erhalten, wird die Dichtigkeit genannt, und zwar die Dichtigkeit im Punkte . Im allgemeinen ändert sich die Dichtigkeit, wenn der Punkt an eine andere Stelle rückt. Es ist also eine Function des Ortes


(8)


Wenn nichts anderes ausdrücklich festgesetzt wird, soll diese Function im Innern des anziehenden Körpers überall endlich und stetig variabel sein. Ausserhalb des anziehenden Körpers ist sie Null. Die Masse des betrachteten Parallelepipedon ist



Sie übt auf die im Punkte befindliche Masse eine Anziehung aus



deren Componenten parallel den Coordinatenaxen die Werthe haben





 Die Oberfläche des anziehenden Körpers werde ausgedrückt durch die Gleichung


(9)


wobei eine Function von bezeichnet. Diese Function habe negative oder positive Werthe, je nachdem der Punkt im Innern oder ausserhalb des anziehenden Körpers liegt. Die Componenten der Gesammtanziehung, welche auf die Masse ausgeübt wird, sind


(10)


|[7]  Die dreifache Integration erstreckt sich auf alle Werthen-Combinationen , für welche



ist.