Schwere, Elektricität und Magnetismus/§. 29.

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§. 29.
Beispiel: Potentialfunction einer nicht homogenen Kugel.


 Wir wollen die Potentialfunction einer kugelförmigen Masse bestimmen, wenn die Dichtigkeit nicht constant ist und der Werth von in der Oberfläche als gegeben vorausgesetzt wird. Der Radius der anziehenden Kugel sei . In ihren Mittelpunkt legen wir den Anfangspunkt des rechtwinkligen Coordinatensystems.

 Zunächst kömmt es darauf an, von den rechtwinkligen Coordinaten zu Kugel-Coordinaten als unabhängigen Variabeln überzugehen.

 Wir legen den Mittelpunkt der Kugel-Coordinaten in den Anfangspunkt des rechtwinkligen Systems. Auf der Kugel vom Radius , welche diesen Punkt zum Centrum hat, wählen wir den Pol an der Stelle, welche von der Axe der positiven getroffen wird. Als Anfangsmeridian soll der vom Pol zum Gegenpol verlaufende grösste Halbkreis genommen werden, den die Axe der positiven durchschneidet. Der Punkt, dessen rechtwinklige Coordinaten sind, hat den Radiusvector . Dieser schneidet die Kugel vom Radius in einem Punkte, dessen Poldistanz mit und dessen geographische Länge mit bezeichnet werden möge. Der Zusammenhang von mit wird durch die Gleichungen ausgesprochen:


(1)




|[128]  Auf Grund dieser Gleichungen könnte man den Ausdruck



durch blosse Rechnung transformiren. Wir ziehen es vor, den neuen Ausdruck direct herzuleiten, indem wir den Satz von Gauss
Fig. 22.
(§.12) auf ein Raumelement des Kugelcoordinaten-Systems anwenden. Dieses Raumelement (Fig.22) wird begrenzt von zwei concentrischen Kugelflächen, die mit den Radien und um den Mittelpunkt der Kugel-Coordinaten beschrieben sind, ferner von zwei Kegelflächen, welche die Axe zur Axe haben, und deren Erzeugende mit dieser Axe die Winkel und resp. einschliessen, endlich von zwei Meridian-Ebenen, die mit der Ebene des Anfangsmeridians die Winkel und bilden. Die sechs Begrenzungsflächen durchschneiden sich in zwölf Kanten. Je drei von ihnen, welche eine dreiseitige Ecke bilden, stehen rechtwinklig aufeinander.

 Der Satz von Gauss lautet:


(2)


wenn die Integration über die Oberfläche des Raumelementes erstreckt wird. ist die Componente der Anziehung in der Oberfläche, genommen in der Richtung der nach innen gezogenen Normale, und die Masse im Innern des Raumelementes.

 Das Integral zerlegt sich in sechs Bestandteile, deren jeder von einer Seitenfläche herrührt. Wir haben zunächst zwei Seitenflächen, rechtwinklig gegen den Radius vector . Der Flächeninhalt derselben ist und resp. . Für die erste ist , für die andere . Folglich liefern diese beiden Seitenflächen zu dem Integral den Beitrag |[129]



Es kommen ferner in Betracht zwei Seitenflächen, rechtwinklig gegen den Meridian. Ihr Flächeninhalt ist und resp. . Für die eine ist , für die andere . Folglich lautet der Beitrag zu dem Integral



 Endlich handelt es sich noch um zwei Seitenflächen, rechtwinklig gegen den Parallelkreis. Jede von ihnen hat den Flächeninhalt . Für die eine ist , für die andere . Wir erhalten also zu dem Integral den Beitrag



 Fassen wir diese Beiträge zusammen, so wird aus der linken Seite der Gleichung (2):



Auf der rechten Seite ist



Stellt man hiernach die Gleichung (2) auf und dividirt auf beiden Seiten durch , so ergibt sich:


(3)


|[130]Dies ist die partielle Differentialgleichung, welche für Kugel-Coordinaten an die Stelle der Gleichung (4) des §. 13 tritt.

 Die Gleichung von Laplace lautet demnach für dieses Coordinatensystem:


(4)