„Auch Vereine haben ihre Lebensalter und Schicksale, ihre Freuden und Leiden im Entstehen, Blühen und Vergehen. Der unsrige war als Knabe und Jüngling von schwächlicher Beschaffenheit, erst als er zu seinen Jahren kam, fing er an aufzublühen, und jetzt steht er als kräftiger Mann da.“ So leitete Otto Richter seinen
Rückblick auf das erste Vierteljahrhundert des Vereins (1894) ein. Und wir können jetzt hinzufügen: auch nach 50 Jahren ist noch keine Alterserscheinung zu bemerken, sondern der Verein steht auf der Höhe seines Lebens.
I.
Aus kleinem, für die Sache begeisterten Kreise ist er hervorgegangen. Karl Eduard Rieger, Lehrer an der 1. Bezirksschule (* 1836 12.11., † 1878 9. 3.), gab die Anregung zum Zusammenschluß durch eine öffentliche Aufforderung im „Dresdner Anzeiger“ vom 9. Mai 1869 (Nr. 129, 3. Beilage):
- „Wer einem zu begründenden Vereine für Geschichte Dresdens und seiner Umgegend beitreten will, wird gebeten, Adresse bei Herrn Kaufmann Böhme, Dippoldiswaldaer Platz, niederzulegen. E. Rieger, Lehrer.“
An demselben Tage noch meldeten sich Advokat Karl Gautsch, Redakteur am „Dresdner Anzeiger“ Ferd. Springer, Lehrer an der 6. Bezirksschule Adolf Hantzsch – der einzige, welcher noch jetzt aus diesem Kreise als Lebender unter uns weilt –, Lehrer der 1. Bürgerschule Paul Kunath, Geschäftsführer der Restauration des Schlesischen Bahnhofes F. Hagedorn, Inspizient am Kgl. Hoftheater Karl Handrich. Nach einer zweiten Aufforderung am 13. Mai im „Anzeiger“ und den „Nachrichten“ traten noch hinzu: Schriftsteller Dr. phil. Martin Bernhard Lindau in Hainsberg, der Verfasser der Geschichte Dresdens, deren erste Auflage bereits (1862) erschienen war, und der Hofuhrmacher Moritz Weiße, ein großer Sammler von Altertümern und Büchern zur Dresdner Geschichte.
Georg Hermann Müller: Fünfzig Jahre Verein für Geschichte Dresdens 1869–1919. Druck von Wagner und Humann, Dresden-N., Dresden 1919, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:50JVereinGeschichteDresden1919.djvu/9&oldid=- (Version vom 14.9.2022)