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6, Db, Ka). Zweimal (Hb 3, Hd 3) kommt das mädchen mit abbitteleistung davon.

Die frau des helden des märchens als dieb des zaubergegenstandes und ihre bestrafung sind europäische umformungen. In Ka finden wir in dieser beziehung europäischen einfluss.

Die urform. Verknüpfen wir nun die ergebnisse der obigen betrachtungen, so gewinnen wir für das volkstümliche märchen folgende urform:

Ein armer junge kauft für sein weniges geld einen hund los, der getötet werden soll. Ebenso befreit er eine katze, der dasselbe geschick droht. Beide tiere folgen ihrem wohltäter. Nach einiger zeit findet der junge eine in todesgefahr schwebende schlange und rettet sie. Dankbar führt ihn dieselbe, um ihn zu belohnen, zu sich nachhause, und ihr vater giebt dem retter seines kindes einen stein, mit hilfe dessen er alles verwirklichen kann, was er sich wünscht. Der junge benutzt den zaubergegenstand, um reich zu werden. Vor allem schafft er sich als wohnung ein prächtiges schloss. Er beschliesst auch eine gattin zu nehmen und heiratet die königstochter. Aber das glück ist nicht von langer dauer. Der zaubergegenstand wird gestohlen, das schloss und die frau, die wider wissen und wollen das trügerische vorhaben des diebes begünstigt, werden durch zaubermacht weitweg zu einer anderen person entrückt, und der junge ist so arm, wie er früher war. Als die dankbaren tiere, die katze und der hund, das unglück ihres herrn sehen, machen sie sich auf, den zaubergegenstand zu suchen. Sie gelangen ans meer, an dessen entgegengesetztem ufer der dieb wohnt. Die katze sitzt auf dem rücken des hundes, als sie hinüberschwimmen. Am ziele angekommen, trifft die katze anstalten zur wegnahme des gegenstandes. Aber der stein ist schwer zu gewinnen, denn der dieb trägt ihn im munde. Die katze fängt eine maus und droht sie zu töten, wenn sie ihr den stein nicht verschaffe. Die maus berührt in der nacht mit ihrem schwanze die lippen des diebes. Dieser speit den stein auf den boden aus. Indem die katze den stein trägt, geht es ohne verzug auf den heimweg. Aber auf dem weg entsteht ein zwist zwischen der katze und dem hunde. Der hund verlangt den stein, um ihn zu tragen, aber zum unglück lässt er ihn aus dem maule ins meer gleiten, und ein fisch verschluckt den stein. Sie finden indes den fisch und gewinnen den stein zurück. Schliesslich langen sie glücklich wieder bei ihrem herrn an. Er zaubert sich sofort mit hilfe des steins sein schloss und seine frau wieder herbei und verfügt wieder über seine frühere macht.


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Antti Aarne: Vergleichende Märchenforschungen. Société Finno-ougrienne, Helsingfors 1908, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aarne_Vergleichende_M%C3%A4rchenforschungen.djvu/76&oldid=- (Version vom 31.7.2018)