Seite:Adolf von Stählin - Das landesherrliche Kirchenregiment.pdf/14

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

ihre Freiheit und Selbständigkeit gebracht und sie fürstlicher Willkühr überantwortet. Jene war als ein Dienst am Evangelium gedacht; sie sollte dem Evangelium Raum geben, nicht dasselbe unterdrücken. Dagegen ist es ein vielverbreiteter Irrthum, daß in dem l. K. an und für sich schon nach dem Sinne der Reformatoren eine Vermengung geistlichen und weltlichen Regiments gegeben sei. Gegen letztere ist der 28. Artikel der Augsburger Confession gerichtet; er traf aber nicht die obrigkeitliche Kirchengewalt, da ja gerade Fürsten und Vertreter von Städten, welche tatsächlich das Regiment in der Kirche führten, die Augustana unterschrieben hatten. Es ist merkwürdig, wie gerade die Wittenberger Reformation die sittliche Möglichkeit, daß die Bischöfe weltliche Herren bleiben, daraus herleitet, daß auch „David, Ezechias, Constantinus, Theodosius und jetzund viel weltliche Herren zugleich ihrer weltlichen Regierung warten und demnach ein ziemlich Aufsehen auf die Kirche haben“, d. h. aus dem factischen Kirchenregiment der Fürsten (Walch XVII, 1448). Kurz – Luther war für das landesherrliche Kirchenregiment, weil er für den römischen Episkopat mit seiner Spitze im Pabstthum nicht sein konnte. Gegen den Episkopat an und für sich war er nicht, er war aber auch nicht so für ihn, daß er ihn um jeden Preis hätte wiederaufgerichtet gewünscht. Es war aber ganz unmöglich, daß nachdem für Luther der römische Episkopat gefallen war, er einen evangelischen Episkopat in gleicher Selbständigkeit wie diesen der weltlichen Gewalt gegenübergestellt hätte. Denn die Selbständigkeit des bisherigen Bisthums hing mit dem vermeinten jus divinum desselben, mit seiner Eingliederung in den hierarchischen Organismus, dann auch mit seiner weltlichen Jurisdiction zusammen; die beiden ersten mußten aber vor dem Evangelium unbedingt, das letztere wenigstens theilweise fallen. Darum kann man schlechterdings evangelischen Episkopat und l. K. nicht so gegenüberstellen, wie Harnack thut und behaupten, daß Luther mehr für jenen als für dieses gewesen wäre; wo ein ev. Episkopat war, bestand er unter der Auctorität der Landesherrn, und zwar nicht mehr und nicht weniger unter formaler Auctorität derselben, wie die Consistorien. Man kann deßhalb auch nicht unter Voraussetzung des l. K.