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evangelisch gesinnte Männer auf den vacanten bischöflichen Stuhl erhoben wurden. Besonders gilt dieß für die Wahl des Nicolaus von Amsdorf zum Bischof von Naumburg. Kaum irgend jemand in älterer und neuerer Zeit, weder Seckendorf noch Ranke, weder Menzel noch Leo, hat das Verfahren des Kurfürsten in dieser Sache, gegen welche Anfangs Theologen wie Juristen waren, gebilligt. Gleichwohl hat man die Sache so dargestellt, als habe es sich hier um Herstellung eines organisch kirchlichen Instituts und Wiederabnahme einer den Fürsten auf Zeit an- und aufgetragenen Function gehandelt. Nichts widerspricht aber dem wirklichen Hergang mehr als diese Anschauung, abgesehen davon, daß die Reformatoren nicht im mindesten Macht und Neigung hatten, in dieser Weise mit Dienstleistungen der Fürsten zu verfahren. Gerade bei Schaffung dieses sogenannten Bisthums treten die Schattenseiten der den Fürsten eingeräumten kirchlichen Stellung recht grell hervor. Luther wollte das Stift der Kirche erhalten wissen; der Kurfürst zog es ein. Luther rieth von aller Gewaltsamkeit ab; dagegen überschreibt Menzel in seiner neueren Geschichte der Deutschen (I, 360) den betreffenden Abschnitt nicht mit Unrecht: „Der Kurfürst läßt den ev. Theologen Amsdorf gewaltsam zum Bischofe einsetzen.“ Der Kurfürst verfuhr Anfangs mit nicht zu rechtfertigender Leidenschaft; nachher mußte Luther klagen, „der Hof unternehme eine Sache kühnlich; ehe sie aber noch in’s Geleise gekommen, wenn man nur die Welt auf’s Neue auf sich geladen habe, rege keiner die Hand.“ Amsdorf’s Stellung war eine klägliche; es ist charakteristisch, daß Leo in seiner Universalgeschichte ihm gar nicht den bischöflichen Titel gönnt, sondern ihm nur den Namen eines Superintendenten gibt. Wichtiger ist, wie die Theologen noch vor Besetzung des bischöflichen Stuhls sich über die künftige Verfassung ausgesprochen haben: „Und wäre ein sehr nützlich Ding, daß für den bischöflichen Stuhl ein stattlich Consistorium mit einer rechten Auctorität und Execution aufgerichtet würde, wie denn weiter darüber zu berathschlagen, daß dennoch der Landesfürst eine Auctorität darüber hätte. So dann Gelegenheit der Zeit alsdann also sein würde, möchte man eine stattliche Person mit dem bischöflichen