Seite:Adolf von Stählin - Löhe, Thomasius, Harleß.pdf/37

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

war eine Art kirchlicher Gegenagitation zur Abwehr des widerkirchlichen Liturgiesturmes. In der damaligen Eingabe an das Oberkonsistorium trat Löhe schroffer und gebieterischer auf als je; er zog sie aber selbst wider zurück; einer seiner ehrwürdigsten Freunde war infolge jenes Schrittes aus der Gesellschaft für innere Mission ausgetreten. Einen weiteren Erfolg hatten diese neuen Versuche nicht. Der einzige Konflikt von Bedeutung in jener Periode war nicht kirchlich geistlicher, sondern kirchlich statsgesetzlicher Natur. Löhe hatte sich geweigert, ein Gemeindeglied, das wegen böslicher Verlassung der Frau rechtskräftig geschieden war und die Erlaubnis zur Widerverehelichung erhalten hat, wozu Löhe selbst als Vorstand der Armenpflege mitgewirkt, zu trauen, auch das Dimissoriale, damit ein anderer traue, auszustellen. Es kam auf diese Weise zu einer vorübergehenden Suspension vom Amte. Die aktenmäßige Darstellung dieses Konflikts findet sich in Protestantismus und Kirche, Jahrgang 1860, II, S. 263 f. Wir urteilen hier nicht über die materielle Seite der Frage; auch nahe Freunde Löhes, wie z. B. Dr. Weber, haben aber sein Verfaren formell inkorrekt gefunden, meinten auch, Löhe hätte one Gewissensverletzung wenigstens das Dimissoriale ausstellen können. Damals war es das letzte Mal, dass Löhe die Austrittsfrage ernstlich erwog; sie wurde auf einer engeren Konferenz besprochen; nur eine Stimme soll dafür gewesen sein; eine andere aus der Mitte der Separation mahnte dringendst ab. Nach einiger Zögerung übernahm Löhe mit einer Selbstverleugnung, die ihn ehrt, das Amt wider. Von geringerem Belang war die Kollision wegen Vornahme einer Krankenölung; als die Sache mit der für die Handlung verfassten Liturgie veröffentlicht worden war, untersagte das Oberkonsistorium, gewiss mit Recht, die weitere Vornahme. In Sachen der Kinderbeichte, einer besonderen Kirchenzuchtordnung, welche Löhe ganz selbständig eingefürt hatte, und in so manchem anderen ist das Kirchenregiment Löhe, trotz geäußerter Bedenken, möglichst entgegengekommen. Wenn wir von den Vorgängen in Kirchenlamitz absehen, dergleichen damals freilich öfter vorkam und bezüglich deren wenigstens das Oberkonsistorium nachträglich kräftigst für Löhe eintrat, ist uns kein Konflikt

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/37&oldid=- (Version vom 31.7.2018)