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an den gewaltigen Wendepunkt seines Lebens zu denken, da er, der ein Lästerer und ein Verfolger und ein Schmäher war, nach dem Reichthum göttlicher Barmherzigkeit ein Jünger und Apostel des Herrn geworden ist (1 Tim. 1, 13). Und ihm nach hat das Evangelinm seine Gotteskraft an Millionen Herzen geoffenbart, es hat hier Menschen vom Irrthum ihres Weges herumgebracht und aus tiefem Verderben errettet, dort im bittersten Kampf mit höherem Frieden gesegnet, die Trübsalsnacht mit hellem Trostlicht durchleuchtet und Sterbenslust auch unter den dräuenden Schrecken des Todes eingehaucht.

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 Ja, es ist das Evangelium von Christo eine Kraft Gottes zur Seligkeit. Es tritt dem Unheil und der Unseligkeit entgegen, unter denen die Menschheit liegt, und überwindet diese mit göttlichen, himmlischen Kräften. Nun gehört ja wahrlich, Geliebte, nicht viel dazu, das Unheil dieses Lebens, den schweren, mit dem Gewichte ewiger Entscheidung beladenen Ernst zu erkennen, der auf diesem Leben ruht. Wenn man es auch nur von außen ansieht, wer zählt es, das Heer von Uebeln, mit denen die Menschheit sich abzuringen hat, wer mißt die Last von Jammer und Elend, unter welcher sie seufzt? Der Klageton über die Mühsal dieses irdischen Lebens durchdringt alle Zeiten und alle Geschlechter der Menschen und wird nur überboten von einem noch tiefern Nothschrei, von dem Hilferuf des geängsteten Gewissens. Was ist alle äußere Last des Leidens gegen die Last der Schuld, die wir alle mit uns herumtragen, in der wir dem strafenden und verdammenden Gerichte des heiligen Gottes verfallen sind, gegen den Stachel des bösen Gewissens? Und wenn auch der Leichtsinnige gegen den Ruf in seinem Innersten: du bist gewogen worden und zu leicht gefunden (Dan. 5, 27), sich wie oft verschließt, es bestätigen die Zornesruthen des heiligen Gottes, das ernste, erschütternde Todesgeschick mit seinen tausend und abertausend Denkmalen immer wieder neu, daß die Rede von Sünde und Fall, von einer tiefen Entzweiung des Menschen keine leere Rede ist. Ja es ist der Mensch in seiner natürlichen Lebensgestalt ein