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und Beglückerin der Menschen; und eine ächte, wahre Industrie, betrieben mit möglichster künstlerischer Vollendung, bedingt und erzeugt nur Volkswohlstand. Mit voller Wahrheit läßt sich hier unsers trefflichen Schillers Wort, etwas variirt, anwenden:

Im Fleiße kann Dich die Maschine meistern,
In richt’ger Arbeit selbst ein Rad Dein Vorbild sein,
Dein Wissen theilest Du mit theoret’schen Geistern,
Die Kraft hast Du mit Dampf gemein:
Die Kunst, o Mensch, hast Du allein!

Durchwandert man im Geiste die lange Reihe der bei uns blühenden Gewerbszweige, so drängt sich unwillkürlich die Erscheinung der merkwürdigsten Vielseitigkeit der sächsischen Industrie auf. Welche Fülle von Arbeitsfächern in dem kleinen Lande! Hier finden wir, um nur beispielsweise Einiges anzuführen: den uralten, in neuester Zeit wiederum in neuer, verjüngter und erhöhter Blüthe prangenden Bergbau mit allen seinen Branchen, die Porzellanfabrikation, die Maschinen-Bau-Fabriken, Papiermanufacturen, Steingut- und Thonwaaren-Fabriken, die Tuchfabrikation, die Kunst- und Maschinenweberei (Baumwollenweberei vom luftigen Bobbinet an bis zum stärksten Piqué, vom ordinärsten Mousselin bis zum feinsten Mull; die Leinen- und Damast-, Seiden- und Schaafwollenweberei), verbunden mit der ihnen verwandten Spinnerei, Bleicherei, Färberei und Appretur; Zeug- und Kattundruckereien; Band- und Posamentierwaarenfabrikation, Spitzen-, Nähwaaren- und Teppich-, Wachstuch- und Leder-, Holzwaaren- und Strohwaaren-, Tabak- und Zucker-Fabrikation; die Metall-Fabrikation (Eisen-Fabrikation, Stahl-Fabriken, Draht- und Messingwerke, Kupferhämmer, Gold- und Silberspinnereien u.s.w.); Fabriken für chemische Präparate (z. B. Oleum, Salzsäure, Bleiweiß etc.), Instrumenten-Fabrikation, Pulver-Fabriken, sowie auch Parfümerie-, Chocoladen-, Cichorien- und Essig-Fabriken, Bijouteriewaaren-, Wand- und Stutzuhren-, Glas- und Papiermaché-Waaren- und Tapeten-Fabriken, und sogar Fabriken für künstliche Locken, Blumen, Puppenköpfe und – moussirende Weine (Champagner-Fabrik); ferner noch eine große Anzahl anderer Industriezweige, welche alle hier mit zu erwähnen, für unsere Einleitung zu weitläufig werden dürfte!

Welche großartige und vielseitige Betriebsamkeit, von dem Kühnsten und Höchsten bis zum Kleinsten und Unbedeutsamsten, thut sich uns hieraus kund! Wahrlich, Sachsens Gewerbfleiß gleicht einem vielverzweigten Baum, dessen Wurzeln sich weithinein in’s Land verbreiten. Wird auch im Laufe der Zeit eine derselben als morsch und unbrauchbar, oder überwuchert und überflügelt von andern, abgehauen: der Stamm grünt fort, treibt neue Keime und setzt neue Blüthen an!

Diese Zuversicht wird und muß unsere Industriellen trösten, wenn auch – was nie ganz ausbleibt – bisweilen Zeiten des Druckes kommen, denn ebenso wenig als ein Winter ewig dauern kann, ebenso gewiß kommt dann stets wieder für sie ein Frühling mit seinem neuen Aufblühen und ein Sommer und Herbst mit ihren Blumen, Früchten und Ernten!

Und so schließen wir diese einleitende Abhandlung mit dem herzlichen Wunsche in Bezug auf unsere herrlich blühende sächsische Industrie:

Mit der duft’gen Blüthe paare
Prangend sich die gold’ne Frucht,
Stehe in dem Sturm der Jahre,
Daure in der Zeiten Flucht!



Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/11&oldid=- (Version vom 7.1.2019)