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Zugleich wurde nun die Dampfkraft eingeführt, denn sie allein ist mächtig genug, den gefährlichsten Feind des Kohlenbaus, das Wasser, zu bekämpfen und zu besiegen; durch die Dampfmaschine wurde es erst möglich, die tieferen Flötze abzubauen, welches bis jetzt durch das Wasser verhindert war, und je tiefer der Schacht in die Erde kam, in immer größeren Massen vordrang, so daß es die gewöhnlichen Maschinen bald nicht mehr bewältigen konnten. Die erste Dampfmaschine stellte der Rittergutsbesitzer Kirsch in Oberhohndorf auf seiner Grube junger Wolfgang auf, welche gegenwärtig ein fiskalisches Werk ist. Kirsch Beispiel folgten bald andere Kohlenwerksbesitzer.

Der nun bei dem Grubenbau erzielte Gewinn war sehr bedeutend und mehrte sich noch durch einen neuen Industriezweig, die in England erfundene Koksfabrikation, welche die Befreiung der Steinkohle von Harz und Schwefelgehalt und die Verwandlung derselben in reinen Kohlenstoff durch Feuer in verschlossenen backofenartigen Oefen bezweckt, eine Procedur, zu welcher man vorzugsweise die sonst werthlose pulverige Pechkohle verwendet, nachdem dieselbe durch Waschen und Schlemmen gereinigt ist. Die ersten Koksöfen entstanden 1830 bei dem jungen Wolfgang und bald errichteten auch andere Grubenbesitzer solche.

Aber der höhere Aufschwung des Zwickauer Kohlenbau’s begann erst 1837 auf Anregung von Außen, und das Verdienst, diese Anregung gegeben zu haben, gebührt dem Professor Breithaupt in Freiberg. Professor Breithaupt hatte in geognostischer Hinsicht die Gegend um Zwickau genau studirt und stellte jetzt das Gesuch um Gestattung von Bohrversuchen nach Steinkohlen auf den Fluren des bei Nieder-Planitz gelegenen und der Stadtgemeinde gehörigen rothen Vorwerks und Pietzschens Gut. Dadurch wurden die Zwickauer recht eigentlich erst aufmerksam auf den Reichthum ihres Gebiets, rasch bildete sich ein Verein, welcher auf den angedeuteten Stellen Bohrversuche anstellte und zwar mit solchem glücklichen Erfolg, daß man mit 82 Lachtern – ein Lachter hat 7 Fuß – Tiefe, das erste 12 Fuß mächtige Kohlenflötz erreichte. Nun constituirte sich der Zwickauer Steinkohlenbau-Verein, welcher im Januar 1839 den Schacht Vereinsglück bei Neudörfel abteufte und zwei Dampfmaschinen daselbst aufstellte. 1842 teufte der Verein östlich von diesem Schacht einen zweiten ab, Aurora, bei welchem man schon bei 75 Lachtern auf das 4 Fuß mächtige Schichtenkohlenflötz stieß. Gegenwärtig ist der Verein mit dem Abteufen des Glückauf-Schachtes beschäftigt; derselbe wird auf Doppelförderung eingerichtet und also einen bedeutend höheren Ertrag liefern.

Das Kohlenfeld dieses Vereins umfaßt 513 Scheffel und die Kohlenförderung betrug im Jahre 1856 182,802 Karren. Die Actien des Vereins, auf welche im Ganzen 40 Thaler eingezahlt sind, haben gegenwärtig schon den Werth von 340 Thalern.

Professor Breithaupt hatte aber seinen Plan nicht aufgegeben, bei Zwickau ein großes Kohlenwerk zu gründen und er verband sich zur Erreichung dieses Zweckes mit dem Bergrath Kühn in Freiberg und den Kaufleuten Karl und Gustav Harkort in Leipzig. Diese vier Herrn erwarben auf der Lichtentanner-Planitzer und Marienthaler Flur, westlich der Stadt, 3000 Scheffel Areal und gründeten 1840 den erzgebirgischen Steinkohlenbau-Verein. Nachdem ein Versuch bei Lichtentanne verunglückt, indem der Bohrer auf Urgebirge traf, ward bei Marienthal ein Pechkohlenflötz erbohrt und noch in demselben Jahre in dem sogenannten Galgengrunde der Segen-Gottes-Schacht abgeteuft. In Folge eines glücklichen Bohrversuchs auf Schedewitzer Flur kaufte der Verein daselbst das gesammte Unterirdische von circa 250 Scheffeln und teufte 1844 den Hoffnungsschacht bei Schedewitz ab, wo bei 83 Lachter Tiefe sich der erste Kohlenflötz vorfand. Ein zweiter Schacht auf Schedewitzer Flur, der Vertrauensschacht, kommt nächstens in Betrieb und wird derselbe nicht nur der umfangreichste des Zwickauer Reviers, sondern auch als Musteranstalt in seiner Art dastehen.

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/208&oldid=- (Version vom 9.3.2019)