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Jahrhunderts das Linnenpapier. Die erste noch vorhandene Urkunde auf diesem Papier stammt aus dem Jahre 1270. Doch mochte es mit der Herstellung und Verbesserung der zu der Fabrikation dieses Papiers nöthigen Maschinen seine besonderen Schwierigkeiten haben, denn erst zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts ward es allgemein angewendet. 1390 entstand zu Nürnberg die erste Papiermühle.

Nun verbreitete sich das Linnenpapier schnell nach allen Richtungen und in alle Länder Europas, in Italien wie in Rußland, in Spanien wie in Schweden entstanden Papiermühlen nach deutschem System und bald nach Entdeckung Amerikas drang die Papierfabrikation auch dahin. Nach England kam diese Fabrikation 1558 durch einen Deutschen, Namens Spielmann, welcher dafür den Ritterschlag erhielt. Man hatte schon längst die Wichtigkeit des Papiers hinreichend erkannt, um es richtig zu würdigen.

Die erste Zeit hatte man nur aus Hanf und Flachs, bisweilen wohl auch aus Stroh, Fichtennadeln, Holzfasern und Moos Papier hergestellt; erst später verfiel man darauf, abgetragene Kleider und Wäsche dazu zu benutzen und damit war das Papier so weit vervollkommt, daß man jetzt ungehindert darauf schreiben und drucken konnte.

Wie es scheint, geschah von da an für Vervollkommnung der Papiermasse wenig mehr, denn bis 1820 ist in diesem Theile der Fabrikation nichts Erwähnungswerthes mehr geschehen, man wendete vielmehr seine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf Verbesserung der vorhandenen Maschinen und die Erfindung neuer. Von diesen Erfindungen sind besonders wichtig die der Formen zur Herstellung des Velinpapiers, gemacht 1783 durch Leger Didot und verbessert 1785 durch Montgolfier; die Erfindung der chemischen Bleiche; die Erfindung der Form zur Herstellung des endlosen Papiers durch Roger, 1799; und vor allen die Erfindung der Papiermaschine durch Louis Robert, einem einfachen Arbeiter in der Papiermühle zu Esonne bei Paris, welcher diese Maschine 1799 zu Stande brachte. 1804 ging diese Erfindung nach England über und kam von da verbessert nach Deutschland.

In den ersten Jahrhunderten hatten Deutschland und Italien die besten Papierfabrikanten, aber beide Länder blieben später sehr gegen Holland, Frankreich und England zurück, und in den beiden letzten Ländern steht die Papierfabrikation gegenwärtig in der höchsten Blüthe. Doch hat sich seit ungefähr dreißig Jahren die deutsche Industrie bestrebt, auch in dieser Branche dem Auslande gleich zu kommen, und dieses Streben ist von dem schönsten Erfolg gekrönt worden, denn jetzt liefern die deutschen Fabriken die mehrsten feineren Papiere in gleicher Güte und Schönheit wie das Ausland, für dessen Produkte nicht selten auch in dieser Branche die Erzeugnisse des deutschen Gewerbfleißes ausgegeben werden, weil nun einmal der Deutsche glaubt etwas Besseres und Vollkommneres zu kaufen, wenn es nur eine ausländische Firma trägt; Mancher, welcher sogenannte französische und englische feine Papiersorten kauft, ahnt dann wohl nicht, daß nicht eben selten diese Papiere deutschen Fabriken ihren Ursprung verdanken. In der Herstellung der wohlfeileren Papiere übertrifft gegenwärtig Deutschland alle anderen Länder.

Noch sei bemerkt, daß Europa jetzt gegen fünfzig Millionen Centner Papier im Werth von etwa sechsundsechszig Millionen Thalern liefert.

Was nun unser Sachsen im Besonderen betrifft, so bewährte es seinen Eifer, so weit als möglich neu auftauchende Industriezweige sich eigen zu machen, auch in dieser Branche, denn schon im Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts entstanden in Sachsen Papiermühlen und als die ältesten werden die zu Annaberg und Freiberg mit bezeichnet. Die Papierfabrikation hat sich in Sachsen mit der Zeit bedeutend ausgebreitet, aber obgleich daselbst jetzt über sechszig Papierfabriken bestehen und unter diesen mehrere sehr großartige, die auf mechanischem Wege bedeutende Massen liefern, so wird doch Sachsens Bedarf an Papier, namentlich[WS 1] an Druck- und Postpapier, noch nicht gedeckt und es muß seinen sehr ansehnlichen Mehrbedarf von dem Auslande, namentlich Rheinpreußen, Baiern, Würtemberg und Baden beziehen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: nameutlich
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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/320&oldid=- (Version vom 9.3.2019)