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Spinnereien fehlen hier gänzlich, weshalb der Ort genöthigt ist, seinen Bedarf an Garnen aus dem Voigtlande, aus der Chemnitzer Gegend und zum Theil auch aus England zu beziehen.

Was nun die Erzeugnisse Meeranas betrifft, so hat die Seidenwaarenfabrikation längst aufgehört und den Merinos Platz gemacht, welche dann wieder von dem Thibet, den Orleans und Mousseline de laine verdrängt wurden, die nebst Sommerstoffen für Herren, halbwollenen gemusterten Tüchern (die sich durch Billigkeit auszeichnen und dabei an Schönheit und Güte den Wiener und französischen Fabrikaten nicht nachstehen), gemusterten und buntgewebten ganz- und halbwollenen Kleider- und Mantelstoffen für Frauen, Berkan zu Priesterröcken u. s. w., jetzt vorzüglich häufig hier fabricirt werden.

Bei dem immer lebhafteren Aufschwung der Industrie Meeranas nahm auch dessen Bevölkerung im Verhältniß zu andern Orten überraschend schnell zu. 1776 hatte die Stadt nur 293 Häuser mit kaum 1200 Bewohnern, 1801 gab es bereits 2121, 1815 2438, 1819 2798, 1830 3521 und 1834 in 459 Wohngebäuden 4339 Einwohner, 1843 war die Zahl der Wohngebäude auf 594 und die der Einwohner auf 5740 gestiegen, während jetzt in 845 Wohngebäuden 9530 Einwohner leben.

Von den Etablissements Meeranas wählen wir für jetzt zur näheren Betrachtung eines der ältesten und berühmtesten, die


Fabrik von Orleans, wollenen und halbwollenen Manufacturwaaren v. J. F. Gräfe & Söhne,


welches vor einer langen Reihe von Jahren durch Herrn J. F. Gräfe gegründet und später in Gemeinschaft mit seinen Söhnen unter der heute noch bestehenden Firma fortgeführt wurde. Gegenwärtig sind Besitzer des Geschäfts die Herren F. W. Gräfe und C. F. Starke.

Das Etablissement besitzt

ein Hauptgebäude, enthaltend das Comptoir, die Warenannahme für außer dem Hause gearbeitete Waaren, die Lagerräume u. s. w.;
ein Färbereigebäude für Schwarz- und Schönfärberei und auch die Wäscherei enthaltend;
einen Maschinenwebesaal, wo glatte Stoffe auf mechanischen Webestühlen gewebt werden und in dem sich auch zwei Scheercylinder, Spuhl- und Treibmaschinen befinden;
drei andere Gebäude zu verschiedenen Zwecken und
eine Scheune, so wie Stallung und Schuppen u. s. w.

An die Gebäude schließt sich ein großer Trocken- und Rahmenplatz.

Die hier vertretenen Branchen sind

die Weberei wollener und halbwollener Waaren, von denen als die berühmtesten, die Pure lains, Poil de chevere, Cassinetts, Neapolitains, Lamas u. s. w. aufgeführt zu werden verdienen,
die Färberei und
die Appretur.

Die genannten Fabrikate finden ihren Absatz in den Zollvereinsstaaten, in der Schweiz, Italien, Schweden, Holland und nach Nord- und Südamerika. Von Messen werden nur die Leipziger bezogen.

Bei der Ausstellung in London erhielt die Firma die Prämie auf Buntweberei.

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 2. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_2.pdf/24&oldid=- (Version vom 17.1.2018)