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In Deutschland und somit auch in Sachsen, kannte man zu jener Zeit nur die gestickten Spitzen und es war daher ein wichtiges Ereigniß, als das Spitzklöppeln durch eine wackere Frau in dem Erzgebirge begründet wurde.

Barbara Uttmann ist der Name dieser Frau, die mit Recht als Wohlthäterin des Erzgebirges heute noch gepriesen wird.

Barbara wurde im Jahre 1514 geboren, angeblich in dem Städtchen Elterlein; sie stammte aus der Familie von Elterlein, ein ansehnliches nürnberger Patriziergeschlecht, welches sich wegen des damals im höchsten Flor stehenden Bergbaues nach Sachsen gewendet und seinen Wohnplatz in Elterlein genommen hatte. Hier starb auch 1582 Barbaras Vater Heinrich von Elterlein im sieben und neunzigsten Jahre seines Alters.

Späterhin verheirathete sich Barbara mit dem reichen Bergherrn Christoph Uttmann in Annaberg, der in hohem Ansehen stand, was dadurch bewiesen wird, daß ein Berggebäude bei Annaberg „Christoph Uttmanns Lehn“ genannt wurde, eine Ehre, die nur hochgestellten oder sonst ausgezeichneten Personen zu Theil ward.

Daraus geht nun hervor, daß es Sage ist, wenn man erzählt, Barbara sei die Tochter eines ganz armen Bergmanns gewesen, sie habe durch ihre Schönheit das Herz des reichen Bergherrn Uttmann gewonnen, so daß dieser sich mit ihr vermählte.

Auf gleicher Stufe steht die poetisch ausgeschmückte Erzählung, nach welcher Barbara in Brabant geboren sein und dort die Kunst des Klöppelns erlernt haben soll; von dort sei sie mit Uttmann, der als Hauptmann in spanischen Diensten gestanden, wegen Religionsverfolgungen nach Sachsen geflüchtet und habe die Kunst Brabants nach dem Erzgebirge verpflanzt.

Einige erzählen nun, Barbara habe sich viel mit dem Spitzensticken beschäftigt und sei dabei auf den Gedanken gekommen, durch in einander verschlungene Fäden auf leichtere Weise Spitzen herzustellen, denn durch das mühsame und viele Zeit verlangende Sticken und dieses habe sie dann auf die Erfindung des Klöppelns geleitet. Diese Erfindung soll im Jahre 1561 geschehen sein.

Wahrscheinlicher klingt die andere Erzählung. Eine protestantische Brabanterin aus Brüssel war um den Verfolgungen durch Albas blutigen Henkern zu entgehen, nach Deutschland ausgewandert und nach Annaberg gekommen, wo sie in Uttmanns Hause gastfreundliche Aufnahme fand und zum Dank dafür Barbara die Kunst des Spitzenklöppelns lehrte.

Barbara ergriff mit Begier diese Kunst und suchte sie, mit hellem Blick ihre Wichtigkeit für das Gebirge erkennend, nach Kräften weiter zu verbreiten, sie sammelte junge Frauen und Mädchen aus der Stadt und der Umgegend um sich und lehrte sie die neue Kunst. Sie hatte auch die Freude zu sehen, wie das Spitzenklöppeln schnell sich durch das ganze Gebirge verbreitete und reichlichen Verdienst den damit Beschäftigten gewährte.

Die würdige Frau führte ein glückliches Leben; nachdem sie vier und sechszig Kinder und Enkel erlebt und in den letzten Jahren Wittwe geworden, starb sie am 14. Januar 1575 allgemein geliebt und betrauert. Sie ruht auf dem Gottesacker in der Nähe der bekannten großen Linde und eine eiserne Platte deckte Jahrhunderte lang ihr Grab. Die Platte hatte nicht die Dauer, wie der Name der unter ihr Schlummernden, die Innschrift verwitterte, das Eisen rostete und zersprang endlich.

Um die Ruhestätte der edlen Barbara vor Vergessenheit zu retten, errichtete im Jahre 1835 Herr August Reiche-Eisenstuck senior, einer der Chefs des bekannten Annaberger Handlungshauses Eisenstuck und Comp., welches seit länger als einhundert fünf und zwanzig Jahren in erzgebirgischen Spitzen große Geschäfte gemacht und dabei großen Wohlstand erlangt hatte, aus Dankbarkeit gegen Barbara Uttmann über ihrem Grabe ein einfaches Denkmal aus Sandstein, welches auf der vorderen Seite die Innschrift trägt:

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 2. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_2.pdf/308&oldid=- (Version vom 11.5.2019)