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befindlich ist und ohne allen Zweifel im Jahre 1490 heissen soll, um welche Zeit auch das Weissenbach’sche Geschlecht in Zöpen und das von Künritz zu Grosszössen florirt hat, auch der Pfarrherr Benedikt Windisch allhier gewesen ist. Andere sagen: diese Kreaturen wären keinesweges Misgeburten, sondern Ungeziefer und grosse Ratten, von welchen sich ehedessen eine sehr grosse Menge auf einmal in allen Häusern, besonders in der Kirche aufgehalten hätten, davon noch ein paar zum Andenken in dieser Schachtel aufgehoben wären. Doch dieses Vorgeben scheint mit der in der Schachtel befindlichen Schrift zu streiten. Indessen glaube ich gleichwohl aus unterschiedenen Gründen, dass diese geschriebenen Blätter besonders auch ein Geschlechtsregister oder Stammtafel anzeigen.

Zöpen, den 30. Aug. 1756.
M. Christ. Gottl.
Lindner.     

Die zerstreuten schriftlichen Nachrichten, welche über die Vergangenheit Zöpens berichten, erzählen, dass im Jahre 1598 man die Leichen nicht mehr auf dem Kirchhofe, sondern auf dem neuen noch jetzt benutzten, schönen, freien Gottesacker beerdigte. Zu Ende des siebzehnten Jahrhunderts herrschte auch hier jene furchtbare Wanderseuche, deren Symptome denen der asiatischen Cholera so ähnlich geschildert werden, dass kaum ein Zweifel möglich ist, dieser grausige Gast herbe schon vor fast zweihundert Jahren einen Schreckenszug durch unser Vaterland unternommen. In Zöpen erlag dieser Krankheit, sammt einer grossen Zahl seiner Kirchkinder, auch der Pastor M. Graf, und es wurde der hiesige Gottesdienst dem Pfarrer zu Lobstädt übertragen, wo die Pest ebenfalls entsetzlich wüthete. Merkwürdig ist es, dass Treppendorf, das in die Kirche zu Trachenau gewiesen wurde, und Kahnsdorf, wo der Gottesdienst in einem an der Strasse liegenden Hause stattfand, von der Krankheit gänzlich unberührt blieben. – Der siebenjährige Krieg brachte ausser kostspieligen Einquartirungen auch noch zwei aufeinander folgende schlechte Ernden, trotzdem mussten die Landleute Lieferungen für die Heere schaffen, so dass eine grosse Theurung entstand. Man bezahlte den Scheffel Korn mit 14 Thalern, Weizen mit 15 Thalern, Gerste mit 10 Thalern, Hafer mit 10 Thalern, Erbsen mit 7 Thalern und Kartoffeln mit 6 Thalern. Ein vierzehntägiges Kalb kostete 16 Thaler, ein ungemästetes Schwein 30 Thaler, ein Pfund Rindfleisch 8 Groschen, Kalbfleisch 5 Groschen, Schöpsenfleisch eben so viel, Schweinfleisch 7 Groschen, eine Kanne Butter 1 Thaler 18 Groschen, ein Schock Käse 2 Thaler, eine Kanne Oel 16 Groschen, eine Ruthe Rochlitzer Bruchsteine mit Fuhrlohn 50 Thaler, eine Elle grobe Hausleinwand 12 Groschen, ein Besen achtzehn Pfennige, der Tagelohn eines Arbeiters 14 Groschen, ein neues Hufeisen aufzuschlagen 12 Groschen, ein Viertel Bornaisches Bier 11 Thaler, ein Pfund Kaffee 15 Groschen, eine Dreiersemmel einen Groschen. Im Jahre 1763 feierte die hiesige Parochie das Friedensfest, wobei man einen Zug veranstaltete, der sich an der Kahnsdorfer Schäferei ordnete, und bei welcher Gelegenheit die Kirche mit einem aus grünem Damast bestehenden Altartuche geschmückt wurde, das 98 Thaler 16 Groschen kostete. Das Jahr 1763 war ungemein reich an Erndesegen, dagegen herrschte eine Viehseuche, so dass man das Kraut auf den Feldern armen Leuten schenkte. Am 30. Juni 1771 richtete eine Ueberschwemmung der Pleisse und ihrer Nebengewässer ausserordentlichen Schaden an, indem das Wasser zu so ausserordentlicher Höhe stieg, dass es in der Mühle zum Fenster hineinfloss, in die Ställe des Rittergutes drang, wo man kaum Zeit hatte, das Vieh zu retten, und ein Gebäude wegschwemmte. Der Besitzer des Rittergutes, Hauptmann von Minkwitz, flüchtete mit seiner Familie vor den Fluthen auf einem Leiterwagen, über den Breter gedeckt waren, nach dem Pfarrhause. Am schlimmsten traf die Ueberschwemmung das nahe Treppendorf, wo fast sämmtliche Gebäude beschädigt, theils eingeweicht, theils niedergerissen wurden; von einem der zunächst am Flusse stehenden Häuser blieb nicht einmal der Grund stehen.

Am 22. August 1775 Nachmittags drei Uhr wurde hier ein Erdbeben bemerkt, das ein entsetzlicher Orkan begleitete, der viele Dächer beschädigte und in den Waldungen die stärksten Bäume umstürzte. Am 4. Juli 1776 entstand ein heftiges Schlossenwetter, das alle Winter- und Sommerfrüchte niederschlug; das Sommergetreide erholte sich jedoch wieder und gab eine ziemliche Ernde. Ein besonderes Glück hatte Zöpen im letzten französischen Kriege, indem es durch die Truppen weniger als alle Nachbarorte zu leiden hatte. Zwar fehlte es nicht an bedeutenden Contributionen, aber feindliche Soldaten kamen nicht in den Ort nur einige kleine Colonnen zogen in den Octobertagen des Jahres 1813 still und friedlich nahe am Dorfe vorüber indem gegen Morgen, wo die Alliirten kaum einen Büchsenschuss entfernt marschirten, die Pleisse einigen

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/143&oldid=- (Version vom 16.9.2022)