Seite:Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen I.djvu/179

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

mit fortgerissen wurde. Ein Rittmeister vom Rheingräflichen Regiment, der lange Fritz genannt, erreichte den fliehenden Tilly, schlug ihn mit dem Faustrohre schwere Wunden in den Kopf und wollte ihn eben gefangen nehmen, als der Herzog von Sachsen-Lauenburg herbeieilte und dem langen Fritz eine Kugel durch den Schädel schoss. Inmitten der entsetzlichsten Verwirrung hielten sich nur vier Wallonenregimenter in ihrer Ordnung, alte schlachtergraute Soldaten, die niemals von einem Schlachtfelde geflohen waren und es auch jetzt nicht wollten. In enggeschlossenem Viereck drangen die alten Krieger durch das Schwedenheer und erreichten fechtend das Tannenwäldchen bei Lindenthal, wo sie auf’s Neue Front gegen die Schweden nahmen und bis zum Abend Widerstand leisteten. Hierdurch deckten die braven Pappenheimer die Flucht der geschlagenen Armee – nur sechshundert dieser Helden blieben am Leben und folgten unter dem Schutze der Nacht den Trümmern des kaiserlichen Heeres. Die Schlacht hatte fünf Stunden gedauert. Gustav Adolf warf sich mitten unter den Todten und Verwundeten nieder, um Gott für den erlangten Sieg zu danken. Der flüchtige Feind wurde, so weit es die Dunkelheit der Nacht gestattete, durch die Reiterei verfolgt; das Sturmgeläute in den Dörfern brachte aber auch die Landleute in Bewegung, welche viele der fliehenden Kaiserlichen todt schlugen. Die Niederlage der Oestreicher war so bedeutend, dass Tilly auf seiner Flucht nach Halberstadt nicht über sechs hundert Mann und Pappenheim nicht über vierzehn hundert zusammenbringen konnte. – Die Folgen dieses herrlichen, entscheidenden Sieges waren gross, das kaiserliche Heer vernichtet und der Kriegsschauplatz vom Feinde vollständig gesäubert; vom Würgengel Magdeburgs, dem schrecklichen Tilly aber, „der nie eine Schlacht verloren, nie einen Rausch gehabt und nie ein Weib berührt“, wie er sich rühmte, war das Glück gewichen für immer. Noch ehe ein Jahr verging, traf ihn am Lech die tödtliche Kugel, welche dem Kaiser zwar einen vortrefflichen General raubte, Deutschland aber auch von einem unmenschlichen Wütherich befreite. – Zum Andenken an diese Schlacht liess der hochherzige Besitzer des Rittergutes Breitenfeld, Herr Ferdinand Gruner-Blümner, einen Denkstein setzen, mit der Inschrift:

Glaubensfreiheit für die Welt
Rettete bei Breitenfeld
Gustav Adolph, Christ und Held,
Am 7. September 1631.
 1831.

welcher am wiedergekehrten zweihundertjährigen Erinnerungstage der Schlacht, am 7. September 1831, feierlich geweiht wurde.

Noch einmal während des dreissigjährigen Krieges sahen diese Fluren die Schrecken der Schlacht, als am 23. October (3. November neuen Styls) der Schwedische General-Feldmarschall Torstenson hier abermals einen glänzenden Sieg über die Kaiserlichen erfocht. Die Schweden hatten Leipzig belagert, wo sie reichlichen Vorrath an Lebensmitteln und Geld zu finden hofften und die Oestreicher eilten unter dem Erzherzog Leopold Wilhelm und dem General Piccolomini über Dresden zum Entsatz herbei. Torstenson zog sich von Leipzig zurück und die Oestreicher, in der Meinung er wolle eine Schlacht vermeiden, folgten ihm auf dem Fusse, als ihnen plötzlich die Schweden in völliger Schlachtordnung entgegenstanden. Die Begeisterung des Schwedischen Heeres war auf diesem ihm so heiligen Boden auf das Höchste gestiegen und als die Generale Wittenberg und Stahlhantsch sich auf den linken Flügel der Oestreicher stürzten, wurde dieser, sammt der ganzen ihn bedeckenden Reiterei, über den Haufen gerannt und aus dem Treffen gedrängt. Der rechte Flügel hielt sich besser und die kaiserlichen Kürassiere drangen in die Schwedische Reiterei, wo sie jedoch kräftigen Widerstand fanden. Königsmark fiel den Kaiserlichen in die Flanke und brachte die Reiterei in solche Unordnung, dass sie Piccolomini nicht wieder zusammenbringen konnte. Die Infanterie beider Armeen stand wie Mauern und als das Pulver verschossen war, schlug sie sich mit umgekehrten Musketen. Endlich nöthigte die schwedische Infanterie, unterstützt von ihrer anrückenden Reserve, nach dreistündigem Gefecht das kaiserliche Fussvolk zum Rückzuge. Torstenson verfolgte den linken Flügel der Kaiserlichen bis Leipzig und Königsmark gab dem rechten Flügel keinen Pardon. Ein grosser Theil der Oestreichischen Infanterie hatte sich in das durch Pappenheims Vertheidigung berühmt gewordene Lindenthaler Holz geflüchtet, wurde aber hier von den Schweden umzingelt und bis auf Wenige, welche die Waffen streckten, niedergemacht. Von den Kaiserlichen blieben 5000 Mann auf dem Platze, darunter der Feldzeugmeister von Soye und dreihundert Offiziere. General Fermont und fünf tausend Soldaten wurden gefangen. Die Schweden verloren zwei tausend Mann, darunter die tapferen Generale Lilienhöck und Schlange.

Die weite Ebene, auf der vor zwei Jahrhunderten die beiden berühmten Schlachten geschlagen wurden, war auch in unserer Zeit dazu bestimmt, dass auf ihr die blutigen Würfel der grossen Entscheidungsschlacht geworfen werden sollten, von welcher das Schicksal Europas abhing. Schon vierzehn Tage vor der grossen Völkerschlacht bei Leipzig schlugen sich hier die feindlichen Truppen. Am 16. October 1813 begann hier eine blutige Schlacht. Auf der Ebene von Breitenfeld standen drei französische Corps unter Marmont, ihnen gegenüber drei Schlesische Heerhaufen unter dem alten Blücher, befehligt von York, Langeron und Sacken. Um 1 Uhr begann der Kampf, und nachdem Langeron die Feinde aus Freiroda und Radefeld herausgeworfen, drang er siegend über den alten berühmten Schlachtplan bis Grosswiederitzsch vor. Vier Stunden dauerte die furchtbare Schlacht: mit Sturm wurden die Dörfer zweimal genommen, deren geringer Zwischenraum allein die feindlichen Heere von einander trennte. Mit einbrechender Nacht war die Schlacht beendet; nun aber begann das ungestüme Treiben der kampferhitzten Soldaten, welches die Bewohner der Dörfer in die schützenden Wälder scheuchte. Während viele Dörfer des grossen Schlachtfeldes in Flammen aufgingen, blieb das Rittergut Breitenfeld mit den dazu gehörigen Ortschaften von gänzlicher Vernichtung verschont.

Otto Moser, Red.     



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/179&oldid=- (Version vom 30.7.2020)