Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section | |
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Kauffungen ist auch die richtigere, denn weder auf dem Marktplatze zu Freiberg, wo Kunz von Kauffungen hingerichtet wurde, liegt derselbe nach genauen Erörterungen begraben, noch viel weniger unter dem Freiberger Galgen, wie man der Volkssage nach Glauben machen will; Kunz von Kauffungens Entfernung aus der Peterskirche zu Freiberg beweiset aber um so klarer, dass es nicht in dem Sinne des Kurfürsten Friedrich des Sanftmüthigen lag, Kunzen zu begnadigen und daher ist denjenigen Geschichtsschreibern kein Glauben beizumessen, welche der Nachwelt eine solche Fabel hinterlassen wollen.
Eingepfarrt nach Neu-Kirchen ist Steinbach, früher und zu gewissen Zeiten ein selbstständiges Rittergut, welches im 16ten Jahrhundert den Herren von Allnpeck gehörte, meistenstheils aber mit Neukirchen combinirt war und selbst noch in neuesten Zeiten als zusammengehörig zu betrachten ist.
Neukirchen liegt in einer sehr hochgekrümmten Gegend, aber sehr fruchtbar und die Gegend selbst ist sehr obstreich.
Im untern Theil des Dorfes fliesst ein kleiner Bach, der eine Mühle treibt, ausser welcher noch eine Windmühle hier existirt.
Im 7jährigen Kriege und im Jahre 1813 hatte der Ort viel Drangsale zu erleiden und musste erst durch die Jahre des Friedens, die darauf folgten, sich zu erheben suchen.
Niederpolenz, ? Stunde südlich von Meissen am Abhange des Gebirges, unter dessen Vorsprung bei Semmelsberg die grosse und kleine Trübische einen Vereinigungspunkt finden, in einer schönen und fruchtbaren und obstreichen Gegend gelegen, 550 pariser Fuss über dem Meere.
Das hiesige Rittergut war nach alter Verfassung altschriftsässig und wurde mit ½ Ritterpferd verdient.
Die schlossähnlichen Gebäude sind bequem eingerichtet und gewähren einen vortrefflichen Anblick; Felder und Wiesen sind überaus fruchtbar, wie dies die überreiche Gegend erwarten lässt.
Nieder-Polenz ist das Stammhaus des ansehnlichen Adelsgeschlechts derer von Polenz.
Petrus Longus von Polenzk (im 14ten Jahrhundert) und die burggräflichen Vasallen Arnold und Frysiold von Polenzk waren Vorfahren von den Besitzern des Gutes.
Im 17ten und 18ten Jahrhundert befand sich das Gut lange in Händen der von Miltitzschen Familie auf Scharfenberg und Robschütz, 1790 war Erb-, Lehn- und Gerichtsherr Herr von Berlepsch auf Gröbitz und im 19ten Jahrhundert kam es an eine Familie Jahn. Jetzt besitzt es wieder der Kammerherr von Miltitz.
In der Mitte des 18ten Jahrhunderts wurde im Meissner Kreise hier der erste Tabaksbau versucht.
Uebrigens enthält der Horn- und Pechstein-Porphyr des Polenzer Bergs ausgezeichneten erbsen-, wachs- und isabellgelben Opal.
Eingepfarrt ist Niederpolenz nach Meissen, wohin auch die 100 Bewohner, welche in 20 Häusern leben, hinsichtlich ihrer Gerichtsbarkeit, gewiesen sind.
Niederpolenz hängt mit Oberpolenz genau zusammen.
Nieder-Reinsberg, in äusserst fruchtbarer, anmuthiger Gegend, durch welche die Bobritzsch bald sanft, bald brausend sich dahinzieht, 2½ Stunde von Freiberg, 1½ Stunde von Nossen gelegen.
Reinsberg selbst ist ein sehr alter Ort und das Geschlecht gleichen Namens kommt schon 1197 vor. Der Ort scheint früher sogar ein Städtchen gewesen zu sein.
Die alten Gebäude des Schlosses sind durch einen Brand zerstört worden und Nieder-Reinsberg hat daher neue und schöne Wirthschaftsgebäude, wo das berühmte Reinsberger Doppelbier gebraut wird.
Die Oekonomie des Gutes ist überhaupt einträglich, weshalb das Weitere bei der Beschreibung von Ober-Reinsberg nachzulesen ist.
Von Reinsberg führt das vom 13ten bis ins 18te Jahrhundert blühende Rittergeschlecht von Reinsberg seinen Namen; seit dem 15ten Jahrhunderte aber ist Ober- und Nieder-Reinsberg der Familie von Schönberg gehörig, welche hier ein Majorat begründet hat, welches beim Aussterbender Reinsberger Linie auf die Purschensteiner übergeht. Der jetzige Besitzer ist Herr Kammerherr Friedrich Ludwig Wolf Oswald von Schönberg.
Es wurden beide Güter zusammen, welchen die Altschriftsässigkeit zustand, mit 2 Ritterpferden verdient und das Rittergut obern Theils übt das Patronat-Recht über Kirche und Schule in Nieder-Reinsberg. Auch Nieder-Reinsberg, wie Ober-Reinsberg, hat eine Freistelle auf der; Fürstenschule zu Meisssen zu vergeben.
Die Schriftsässigkeit über Dittmannsdorf, Obercunnersdorf bei Höckendorf, halb Herzogswalde, ein Antheil an Grumbach, Hütte und Wüstehatzdorf stand beiden Gütern gemeinschaftlich zu.
Die Kirche des Orts von Nieder-Reinsberg steht in dessen Mitte. Der Ort selbst ist ein ansehnlicher und wohlhabender Ort, welcher, obschon die Feldflur nicht stark ist, von 700 Seelen bewohnt wird, die in 150 Häusern leben.
Die nördlichen und südlichen Umgebungen des Orts sind Waldungen, nicht ohne Bedeutung wie das Streit- und Grötzschenholz nach Deutzschenborn und Tanneberg hin.
Die Einwohner sind dem Gerichtsamte Nossen zugewiesen.
Obereula, 1 Stunde von Nossen am Euler Bache gelegen, gehört eigentlich zum Erzgebirge, wurde aber an’s Stift Wurzen gewiesen und ging bei diesem bis 1818 zu Lehn.
In den ältesten Zeiten wurde es zur Nossener Pflege gerechnet, welche im Jahre 1430 vom Stift Meissen an Altzelle kam. Bei dieser Trennung wurde Obereula ausgenommen und bleib beim Stifte Meissen.
Die hiesigen Rittergutsgebäude sind schön, wenn auch nicht imposant, aber sehr nutzbar. Nach alter Verfassung hatte es die Neuschriftsässigkeit erlangt und der unter des Orts Rittergut gehörige Dorfantheil bildete vor der neuen Gerichtsorganisation eine Commun für sich, wogegen der unterDeutschenbora gehörige Dorfantheil wieder eine besondere Commun ausmachte, jetzt ist die Eintheilung aufgehoben.
Die Familie von Reinsberg hat das Gut noch im 15ten Jahrhundert besessen, von denen es die Familie von Miltitz acuirirte und zu Anfang des 17ten Jahrhunderts finden wir hier die reichen Herren von Bünau, denen Philipp Ernst von Mergenthal folgte.
Zu Ende des 18ten Jahrhunderts lebte hier der Cabinetsminister von Ende auf Altjessnitz und Deutschenbora, von welchem es an das von Pflug’sche Geschlecht kam.
Der jetzige Besitzer ist Herr Johann Gottlob Lautwitz.
Eingepfarrt ist Obereula nach Wendischbora.
Der Ort selbst ist nicht unbedeutend und das langgedehnte Dorf endigt östlich mit einem Chausseehause und einem grossen weit sichtbaren Gasthofe da, wo die Chausseen von Nossen nach Meissen und von Döbeln nach Dresden sich kreuzen.
Obereula hat 40 Häuser, in welchen 300 Einwohner leben, die dem Gerichtsamte Nossen zugetheilt sind.
Löthayn, 1 Stunde von Meissen entfernt, auf dem Wege nach Döbeln gelegen, zwischen flachen Höhen mit Mohren, Schlettau, Garsebacn und Canitz rainend.
Die Gegend von Löthayn ist herrlich zu nennen, mitten durch fruchtbare Felder und prangende Obstalleen wandert man dahin und wünscht nie, das Ende einer solch prangenden Natur.
Mitten unter diesen herrlichen Fluren ersieht der Beobachter das herrliche Gut mit seinen schönen Gebäuden und nicht kleinem Wirthschaftsräumen, die die Zierde des Orts bilden.
Fraget der Wanderer, wer hausete hier in den früheren Zeiten, so hört man von Ortskundigen, in Jahren vorgerückten Bewohnern, hier waren Eigenthümer des Schlosses die im Meissner Lande bekannten Herren von Heynitz, welche schon im 15ten Jahrhundert hier lebten und wirkten.
Hier wohnte auch die allgeliebte und wohlbekannte Justina von Heynitz, die Mutter, die allverehrte der meissner Bischöfe Caspar und Dietrich von Schönberg, die diesem Jahrhundert in Bildung und Humanität vorausgeschritten waren.
Im 18ten Jahrhundert gelangte das Gut an die Familie Vitzthum von Eckstädt und im 19ten Jahrhundert wurden Erb-, Lehn- und Gerichtsherren die Herren von Römer. Der jetzige Besitzer ist Herr Rudolph Benno von Römer.
Das Rittergut wurde mit ½ Ritterpferd verdient und war nach alter Verfassung altschriftsässig, weshalb auch noch mehrere Orte hierher gehörten, wie z. B. die Dörfer Bauschütz, Könitz und ein Theil von Kröpert und das sogenannte Buschhaus mitten im Walde gelegen.
Die Anhöhe bei Löthayn wird zu den grössten um Meissen gerechnet und ist 400 Ellen über dem Elbstrom erhaben und die Aussichten erstrecken sich hier auf 8–10 Meilen weit in die Ferne.
In der Nähe dieses Dorfes und des Rittergutes gräbt man Thon, der weithin verfahren wird.
Die Zahl der Einwohner von Löthayn, welche in 40 Wohnhäusern leben, beläuft sich auf 300; welche nach Meissen eingepfarrt sind und im Gerichtsamte daselbst Recht erleiden müssen.
Lomnitz, das reiche Weber-Dorf, liegt 2 Stunden westlich von Pulsnitz, nahe an der Laussnitzer Haide.
Das hiesige Rittergut war bis zum Jahre 1554 nur Vorwerk, womit die Herren von Schönfeld zuerst beliehen wurden. Im 17ten Jahrhundert und zwar 1632 erkauften das Gut die Herren von Oppel; aber schon 1679 war es nicht mehr in den Händen dieser Familie, sondern wir finden hier als Erb-, Lehn- und Gerichtsherrn einen von Boblik auf Dürrhennersdorf, dann folgte 1752 ein gewisser Zschoche und in der neuern Zeit die Familie Steglich, von welcher es Ernst Ludwig Leuthold acquirirte.
Der Ort hat eine Kirche und Schule, über welche dem Rittergutsbesitzer die Collatur zusteht; ausserdem giebt es 3 Mühlen an der kleinen Röder, überhaupt 150 Häuser und 700 Einwohner, die dem Gerichtsamte Radeberg unterworfen sind.
Oberzschörnewitz, als der Theil, welcher zum Meissner Kreis gehört, wird gewöhnlich Oberzschörnewitz mit Mockritz oder vielmehr Mockritz mit Oberzschörnewitz genannt, der andere Theil des Dorfes gehört in den Leipziger Kreis und zu dem Rittergute Rittmitz.
Der Ort liegt in einer angenehmen, reizenden sehr fruchtbaren Gegend, 1 Stunde nordnordwestlich von Döbeln, nach einem nach dem Orte benannten Bache, welcher bei Grossbauchlitz die Mulde erreicht.
Das Gut ist nicht unbedeutend und die herrschaftlichen Gebäude geräumig und im guten durablen Zustande.
Mit Mockritz gehörte das Gut Broche der Familie von Pantzschmann, im 18ten Jahrhundert Gottlieb von Hardenberg und dann dem Mittweida’schen Kaufmann Lorenz, dann dessen Wittwe und später den Lorenz’schen Erben, dem Amtshauptmann von Boblik, dann der Fräulein Lorenz. Bei deren Nachkommen befindet sich das Gut jetzt noch.
Das Gut ist Mann- und Weiberlehn, wogegen es früher blos Mannlehn war.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen II. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1856, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_II.djvu/373&oldid=- (Version vom 28.5.2017)