Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section | |
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Mehrere Jäger, welche die Aufsicht in diesen Waldungen führen, stehen unter dem Forstschreiber und dem Rentbeamten.
Die Jagd, die sehr bedeutend ist, wurde Purschenstein erst im Jahre 1814 verliehen.
Ein ferneres Zubehör des Gutes sind eine grössere Menge kleinerer Teiche, sowie die grosse untere Mühle in Neuhausen.
Die Zahl der Mühlen ist überhaupt auf der Herrschaft sehr gross, denn schon vor dreissig Jahren gab es auf dem ganzen Gebiete 28 Mahlmühlen.
Die Oekonomie, die in neuerer Zeit sehr bedeutend verbessert und daher auch im Ertrage erhöht worden ist, wird von 5 verschiedenen Orten, theils pachtweise, theils in eigenem Betriebe, versehen; diese Orte sind: 1) das Schloss, d. h. die bei demselben liegenden Wirthschaftsgebäude; 2) das grosse Vorwerk oder der Zuckerhof, ½ Stunde nördlich von dem Schlosse gelegen; 3) das neue Vorwerk, ¼ Stunde von Sayda; 4) das Vorwerk oder der Hof in Heydersdorf, der von Purschenstein beinahe eine Stunde entfernt liegt; 5) das Bad bei Heidelberg (oder Einsiedel), welches jedoch nur geringe Oekonomie hat, die gewöhnlich zusammen mit der von Heydersdorf verpachtet wird.
Als integrirende Theile der Oekonomie müssen die Brauerei und die Brennerei erwähnt werden, sowie zwei Kalköfen, die eine Viertelstunde nördlich von dem Gute liegen und deren Erzeugniss grösstentheils zur Verbesserung des Bodens bestimmt ist.
Das Schloss Purschenstein ist 1¼ Stunde von der böhmischen Grenze entfernt, und liegt 2 Stunden ostnordöstlich von Katharinenberg, 7 Stunden südlich von Freiberg, 1⅛ Stunde südlich von Sayda, 2 Stunden ostnordöstlich von Olbernhau, unter 50° 40⅔’ der Breite und 31° 75’ der Länge, gegen 1700 Fuss über der Meeresfläche. Es ist, wie bereits oben erwähnt, eines der ältesten in ganz Sachsen, obgleich man ihm dies in seiner jetzigen Beschaffenheit nicht mehr ansieht, denn mehrmals eingeäschert, niedergebrannt, wieder aufgebaut und wieder zerstört, ist es gegenwärtig ein neueres Gebäude, dessen älteste Theile nicht über das 16. Jahrhundert zurückgehen.
Es hat ein grosses Hauptgebäude mit zwei Seitenflügeln und drei kleinere Nebengebäude. Das Hauptgebäude, der älteste Theil, ist drei Etagen hoch und 12 Fenster breit. Es mangelt demselben zwar an Symetrie, indess mag es immerhin seiner Zeit als Prachtbau betrachtet worden sein. Die Seitenflügel, jeder 35 Ellen lang, aber von sehr geringer Tiefe, sind erst im vorigen Jahrhundert angebaut worden; der nördliche enthält sehr schön möblirte Zimmer, der südliche die Schlosskapelle, die zugleich als Archiv dient. Sie ist ganz als kleine Kirche eingerichtet, mit Logen und zwei Emporkirchen und sehr freundlich decorirt. Sie hat 9 Fenster, welche durch zwei Etagen gehen.
Der Berg, auf dem das Schloss steht, ist ein aus grauem Granit bestehendes Vorgebirge. Er steigt von der rechten Seite des Flöhethales sanft an, senkt sich aber auf den drei andern Seiten schroff ab, und seinen höchsten Gipfel krönt das Schloss.
Der Pastor von Neuhausen muss auf Verlangen der Herrschaft in dieser Kirche den Gottesdienst halten, ist dazu jedoch nur an Wochentagen verpflichtet. Uebrigens wird er ausser am Johannistage, nur in grossen Zwischenräumen an diese Pflicht gemahnt, für deren Erfüllung er eine regelmässige Zulage erhält und überdies den Titel als Schlossprediger führt. Erbauer dieser Kapelle war 1789 der damalige Besitzer von Purschenstein, Geheimerath, General-Postmeister und Johanniterritter Adam Rudolph von Schönberg. Eine aus älterer Zeit stammende, und seitdem zu anderen Zwecken verwendete Schlosskapelle war baufällig geworden. Von eben diesem Erbauer wurde auch im Schlossgarten eine Familiengruft errichtet.
Unter der Kapelle befindet sich das Wasserhaus, in welches das Wasser durch ein Kunstwerk gehoben wird, und der Thurm hat eine Schlaguhr. Ausser dem Kapellenthurme hat das Schloss auch einen neuen Thurm, sowie einen dritten, dessen unterer Theil uralt und wahrscheinlich das einzige Ueberbleibsel von der ursprünglichen Begründung des Schlosses ist. Er wurde in seinem obern Theile renovirt, und hat eine Höhe von 70 Ellen. Alle drei Thürme geben dem Schlosse aus der Ferne ein stattliches und imposantes Ansehen; in der Nähe wird dies freilich dadurch vermindert, dass das Schloss mit Schindeln gedeckt ist.
Am 30. August 1800 wurde das Schloss von einem Blitzstrahle getroffen, der, ohne zu zünden, eine gewaltige Zerstörung in einer Menge von Zimmern anrichtete und mehrere Personen betäubte, von denen die eine in Folge dessen taub blieb. Um vor grösserem Unglück durch solch einen himmlischen Boten für die Zukunft bewahrt zu sein, liess der damalige Besitzer das Schloss 1801 mit einem Blitzableiter versehen, der den Feuerzungen, die etwa Lust hätten, auf das Schloss zu stürzen, zur Abwehr sechs Fangspitzen entgegenstreckt.
Das Schloss wird durch einen tiefen Graben von dem Schlossgarten getrennt, der sehr gefällig angelegt ist, und durch ein grosses Treibhaus
Erzgebirgischer Kreis, 11tes Heft oder 60stes der ganzen Folge.
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Schlösser und Rittergüter im Königreiche Sachsen IV. Section. Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins, Leipzig 1856, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_IV.djvu/130&oldid=- (Version vom 11.6.2017)