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Viel die Meise prophezeite,
Ahnte nicht die eigne Zukunft:
Jählings faßte sie der Habicht,
Daß die Federn nur so stäubten.

Balz’ nur, Birkhahn! Weggestorben
Ist dein Weibchen; nimmst ein neues
Du, so ist’s doch nicht dasselbe,
Nimmer folgen ihm die Kindlein.

Haselhuhnes Töchterchen
War beim Birkhahn in der Lehre,
Lernte dort, aus Birkenknospe
Fleißig Brot und Kuchen backen.

Sitzt das Haselhuhn im Heidkraut,
Mit dem schwärzlich bunten Zöpfchen;
Stehst du früh am Morgen auf,
Brüderchen, so kannst du’s fragen.

Morgens tönen ihre Stimmchen,
Tönen auch am späten Abend,
Nur um Mittagszeit sie schweigen,
Denn im Klee sind dann die Bienen.

Summend, brummend fliegt ein Bienchen
Immer um mein Jungfernkränzchen;
Kam gewiß, um mich zu werben
Für des Bienenvaters Sohn!

Munter, munter, liebes Rößlein!
Schleich nicht, zähl nicht deine Schritte!
Wenn ich dir den Hafer bringe,
Zähl’ ich vorher wohl die Körner?

Empfohlene Zitierweise:
Victor von Andrejanoff: Lettische Volkslieder und Mythen. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1896, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AndrejanoffLettischeVolkslieder.pdf/29&oldid=- (Version vom 11.1.2019)