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Und ist erst vorbei der Schicksals-
Tag – wird Marger blühn und leben.


          Das Mädchen.
Schlau ersonnen, klug gethan,
Durch die Stein- und Eisenschichten
Schlägt der Blitz selbst keine Bahn.


          Maija.
Eitler Trotz, wenn Götter richten,
Sündhaft thör’ger Menschenwahn!


          Das Mädchen.
Und wann wird er zwanzig Jahre?


          Maija.
Das weiß niemand unterm Volke;
Vater, Mutter, Marger selbst
Halten’s streng geheim.


          Das Mädchen.
                    Der Arme,
Wie er fürchten, leiden muß!
     (Beide gehen in den Hintergrund zu den anderen.)


          Marger.
     (den Kopf erhebend und ihnen nachblickend).
Diese birkenschlanken Mädchen,
Flink wie Bachstelzen und zierlich,
Plauderhaft wie junge Elstern,
Haben wieder über Marger
Und sein Schicksal sich gegrämt,
Haben viel von grauenvollem
Los, von Furcht und Leid gefabelt;
Ihrem Flüstern, ihren scheuen
Mienen hab’ ich’s wohl entnommen.
Doch wie falsch, wie mißverstanden
Ist, was all die Menschen draußen
Reden über mein Geschick!
Nicht vorm nahen Tode schreck’ ich
Wie ein Lüstling mark- und kraftlos,

Empfohlene Zitierweise:
Victor von Andrejanoff: Lettische Volkslieder und Mythen. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1896, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AndrejanoffLettischeVolkslieder.pdf/52&oldid=- (Version vom 26.12.2019)