Zum Inhalt springen

Seite:Artistisches Notizenblatt 1824 Kunstausstellung Dresden.djvu/1

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Die Dresdner Kunstausstellung.

Die Eröffnung der Kunstausstellung fand auch diesmal an dem jedem Sachsen so feierlichen Augustustage, dem 3ten August, statt. Die Strenge, womit die Direktion darauf bestand, daß alle zur Ausstellung geeigneten Gegenstände unfehlbar vor der Eröffnung überreicht und eingesandt werden müßten, hat vielleicht einiges zurückgehalten, was doch wohl für eine künftige Ausstellung nicht verloren ist, aber gewiß manche Klage beschwichtigt, die sonst mit Recht über das oft absichtlich verspätete Aufstellen geführt wurde. Der freiaufstrebende Genius der Kunst läßt sich freilich nicht nach der Sanduhr regeln und meistern. Allein jeder wahre Künstler kennt die Beschwörungsformel, welcher jener sich fügt, und die bloße nachbildende Technik hat den Kalender das ganze Jahr vor Augen.

Wenn was zählt, auch in die Wage gelegt bestünde, so wäre eine Ausstellung, deren gedrucktes Verzeichniß 671 Nummern aufführt, und wo alle auch diesmal vervielfältigten Wände (etwa das Professorzimmer, welches ohne Hülfstruppen sich schwerlich anfüllen dürfte) bis oben hinauf voll behangen erschienen, für eine alljährig wiederkehrende akademische Bilderschau sehr ansehnlich. Allein da unsere Ausstellung stets als eine ehrerbietige Huldigung beurtheilt werden muß, welche dem Landesfürsten dargebracht wird und dabei auch die schwächsten Bestrebungen der verschiedenen Kunst- Zeichnen- und Industrieschulen in den königlichen Instituten in Dresden, Leipzig und Meißen nicht unbeachtet bleiben sollen; da ferner auch alle unter den Augen der Professoren von den Zöglingen der Akademie im Actsaale, nach Gypsmodellen und in den Museen gemachten Studien hier nicht nur nicht zurückgewiesen werden können, sondern pflichtmäßig auftreten und nach geschlossener Ausstellung mit Prämien und Belobungen anerkannt werden; so müssen wir zufrieden seyn, wenn dieser scheinbare Vollmond nur noch im ersten und nicht im letzten Viertel steht, und der bekannte Vers Martials auf seine in zwölf Büchern aufgeschichteten Sinngedichte

Gutes ist hier, doch manches ist Mittelgut, vieles ist schlecht auch![1]

auch hier seine Anwendung leidet.

Dabei darf diesmal nicht übersehen werden, daß viele Gegenstände der plastischen und technischen Kunstleistungen bei der K. Porzellanmanufactur in Meißen, zierliche Silbergefäße, wie die des Vascularius Westermann in Leipzig, Kunstuhren, Stickereien und Damastarbeiten, die sonst auch mit unter den Artikeln der Kunstausstellung verzeichnet und beschauet wurden, dießmal in einem besondern polytechnischen, zu dieser Absicht trefflich eingerichteten Saale, wo zum erstenmal die Ausstellung der inländischen Gewerbartikel allgemeinen Beifall und dankbare Aufmunterung fand, sehr zweckmäßig durch den damit beauftragten Legationsrath Reyer nach Rang und Würde vertheilt und also den akademischen Ausstellungen, die doch durch die Gunst des beides vereinigenden Lokals als die wahren Propyläen gelten, entnommen worden waren.[2]


  1. Sunt bona, sunt quaedam mediocria, sunt mala multa. Martial I., 17.
  2. Das Verzeichniß der im Industriesaale aufgestellten Artikel enthielt bei der Eröffnung 224 Nummern, ist aber seitdem bald an 300 gestiegen. Noch ist diese schon seit Jahren gewünschte Anstalt einem neugebornen Kinde zu vergleichen, wird aber – das läßt sich von dem erfinderischen Wetteifer des kunstfertigen sächsischen Volke ohne Prophetengabe voraussagen – bald zu jenem lieblichen Knaben erwachsen, der, wie Schiller ihn besingt, lustig auf dem sonnigen Rasen gelagert, sich in Silberwellen spiegelt. Schon in Athen gab es eine Straße der Dreifüsse, wo alle Metallarbeiten verkäuflich ausgestellt waren. Die ganze Ausstellung hat durch diesen Zusatz einen doppelten Reiz erhalten, wie das Herbeiströmen der Schaulustigen zur Genüge beweiset. Eine ausführliche Anzeige findet man in den gehaltreichen Elb-Blatt polytechnischen Inhalts No. 32, womit man aber eine in No. 34 abgedruckte Berichtigung zu vergleichen nicht unterlassen darf.
Empfohlene Zitierweise:
Karl August Böttiger und Johann Gottlob von Quandt: Die Dresdner Kunstausstellung (1824). Arnoldische Buchhandlung, Dresden 1824, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Artistisches_Notizenblatt_1824_Kunstausstellung_Dresden.djvu/1&oldid=- (Version vom 20.12.2024)