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939 Des Königs Kriegsvolk war an den Rhein gelangt bei einem Orte Namens Bierten, und hatte bereits begonnen über den Strom zu setzen, ohne zu wissen daß Heinrich mit den oben erwähnten Grafen ihnen schon so nahe sei. Nur sehr wenige erst waren aus den Schiffen gestiegen, kaum hatten sie ihre Pferde besteigen und sich wappnen können, da kommt ihnen nicht etwa Botschaft von der Ankunft des feindlichen Heeres, sondern mit ihren eigenen Augen sehen sie es vor sich. Sie aber redeten so zu einander: „Dieser Strom ist, wie ihr sehet, zu breit, als daß unsere Gefährten uns beistehen, oder wir, wenn wir auch wollten, zu ihnen zurückkehren könnten; auch wissen wir wie schimpflich es, besonders bei unsern Landsleuten, ist, wenn kräftige Männer sich dem Feinde ergeben, wenn sie, um dem Tode zu entgehen, keinen Widerstand leisten, und sich so das Leben mit ewiger Schmach erkaufen. Wer keine Aussicht zu entfliehen hat, ist oft dem Feinde desto furchtbarer; um Gnade aber zu flehen, wäre eine unauslöschliche Schande. Drum bleibt uns nichts als muthig zu kämpfen, aber stärker noch drängt uns zum Kampfe die gute Sache, die Sache der Wahrheit und des Rechtes. Denn wenn im Streite wider das Unrecht unser irdisches Haus zerbrochen wird, so empfangen wir im Himmel ein Haus, das ewig ist und nicht mit Händen gemacht[1].“ Durch solche Reden entflammt reiten sie mit raschem Angriff unter das feindliche Heer. Der König, der wohl erkannte, daß in solch standhaftem Muth der Seinen Gottes Beistand sichtbar war, gedachte des Volkes Gottes, wie es den Widerstand der Amalekiter durch das Gebet Mosis, des Knechtes Gottes, überwand, und da er, durch den Fluß getrennt, den Seinen keine leibliche Hülfe bringen konnte, stieg er vom Pferd, und warf sich mit dem ganzen Volke weinend nieder zum Gebet vor den siegreichen Nägeln, welche einst die Hände unsers

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Liudprand: Aus Liudprands Werken. Verlag der Dyk'schen Buchhandlung, Leipzig 1890, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_Liudprands_Werken.pdf/83&oldid=- (Version vom 9.4.2023)
  1. Nach dem zweiten Briefe Pauli an die Korinther 5, 1.