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 Die Brautfahrt.

Durch des Meeresschlosses Hallen
Auf bespültem Felsenhang,
Weht der Hörner festlich Schallen;
Froher Hochzeitgäste Drang,

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Bei der Kerzen Zauberglanze,

wogt im buntverschlungnen Tanze.

Aber an des Fensters Bogen,
Ferne von der lauten Pracht,
Schaut der Bräut’gam in die Wogen

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Draußen in der finstern Nacht,

Und die trunknen Blicke schreiten
Furchtlos durch die öden Weiten.

„Lieblich,“ sprach der wilde Ritter
Zu der zarten, schönen Braut,

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„Lieblich girrt die sanfte Zitter –

Sturm ist meiner Seele Laut,
Und der Wogen dumpfes Brausen
Hebt das Herz in kühnem Grausen.

Ich kann hier nicht müßig lauern,

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Treiben auf dem flachen Sand,

Dieser Kreis von Felsenmauern
Hält mein Leben nicht umspannt;
Schön’re Länder blühen ferne.
Das verkünden mir die Sterne.

Empfohlene Zitierweise:
Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Vereinsbuchhandlung, Berlin 1826, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_Leben_eines_Taugenichts_und_das_Marmorbild.djvu/262&oldid=- (Version vom 31.7.2018)