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Wie hat die Sonne schön geschienen!
Nun ist so alt und schwach die Zeit;
Wie steh’st so jung Du unter ihnen,
Wie wird mein Herz mir stark und weit!

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Der Dichter kann nicht mit verarmen;

Wenn Alles um ihn her zerfällt,
Hebt ihn ein göttliches Erbarmen –
Der Dichter ist das Herz der Welt.

Den blöden Willen aller Wesen,

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Im Irdischen des Herren Spur,

Soll er durch Liebeskraft erlösen,
Der schöne Liebling der Natur.

D’rum hat ihm Gott das Wort gegeben,
Das kühn das Dunkelste benennt,

35
Den frommen Ernst im reichen Leben,

Die Freudigkeit, die Keiner kennt.

Da soll er singen frei auf Erden,
In Lust und Noth auf Gott vertrau’n,
Daß aller Herzen freier werden,

40
Erathmend in die Klänge schau’n.


Der Ehre sei er recht zum Horte,
Der Schande leucht’ er ins Gesicht!
Viel Wunderkraft ist in dem Worte,
Das hell aus reinem Herzen bricht.

Empfohlene Zitierweise:
Joseph von Eichendorff: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Vereinsbuchhandlung, Berlin 1826, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Aus_dem_Leben_eines_Taugenichts_und_das_Marmorbild.djvu/281&oldid=- (Version vom 31.7.2018)