Stiehler, Bernhard: Aus der Vergangenheit der Kinderbesserungsanstalt Marienhof zu Trachenberge bei Dresden | |
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meiner größten Wünsche sein und bleiben, wenn Wohll. Armen-Versorgungs-Behörde von dem Vorbehalte in meiner Vokation, nach welchem dieselbe mich unter Umständen an eine hiesige Schule versehen kann, so bald wie immer möglich, Gebrauch machen wollte!“
Hauptsächlich resultierten aber die nicht immer glücklichen Erziehungserfolge der Anstalt in jener Zeit offenbar aus der Organisation derselben und aus dem Mangel an genügenden Räumlichkeiten zur Aufnahme der zahlreichen verwahrlosten Kinder, sodaß, um Platz zu schaffen, die Zöglinge nur kurze Zeit detiniert blieben, und aus den Volksschulen nur die Kinder zur Aufnahme berücksichtigt werden konnten, die am tiefsten gesunken waren und mit einer sehr schweren Disposition zur Besserung in die Anstalt eintraten. Der als Jugendschriftsteller allgemein bekannte Schuldirektor Nieritz berührt diesen Übelstand in seiner als Mitglied der Waisenhaus-Deputation verfaßten Schrift: „Ein Wort über die Kinderbesserungsanstalt.“ Er schreibt unter anderem: „Ein Kind, das durch mehrjährig falsche oder schlechte Erziehung verderbt worden ist, kann nicht in einem halben oder ganzen Jahre wieder gut gezogen werden, darum verlängere man die Dauer der Besserungszeit. – Man liefere nicht dann erst die Kinder in die Anstalt, wenn nichts mehr an ihnen zu bessern ist. Ich getraue mir jetzt schon alle die Zöglinge unserer Schule zu bezeichnen, welche einst die Kinderbesserungsanstalt bevölkern werden. Jetzt würden sie noch zu bessern sein, später schwerlich oder nur mit großen Opfern.“ –
Schubert beklagt ferner das Zusammenleben aller Zöglinge, wodurch die Mitteilung ihrer Vergehen erleichtert war, die Gleichheit in diätetischer Hinsicht und den Mangel fortwährend guter Beaufsichtigung bei der Arbeit. Ein weiteres Hindernis der Erziehung war der Umstand, daß die zahlreichen Häftlinge von den Zöglingen örtlich nicht getrennt werden konnten, ebenso wie eine genügende Trennung der Geschlechter sich nicht durchführen ließ.
Es war natürlich, daß diese Mängel organisatorische Bestrebungen hervorriefen, aber man scheint hierbei die Klarheit und Stetigkeit zu ihrer Erprobung und den praktischen Blick zu ihrer Verwirklichung nicht immer besessen zu haben.
Ein Beleg hierfür sind z. B. die wiederholten Veränderungen in der Beköstigung der Zöglinge. Durch Verordnung vom 23. April 1842 erhielt jeder Zögling wöchentlich 8 Pfd. Brot. Bald darauf beantragt der Inspektor täglich 1/2 Pfd. für jeden Zögling mehr, so daß ein solcher ein größeres Brotquantum hatte, als ein Aufseher, für welchen wöchentlich 101/2 Pfd. berechnet waren. Später geht man von 111/2 Pfd. Brot auf 7 Pfd. zurück. 1845 gewährt man 7 Pfd. wöchentlich und nach der am 2. März 1846 ins Leben getretenen Speiseordnung erhielt jeder Zögling wieder eine wöchentliche Brotration von 8 Pfund.
Nach dieser Speiseordnung gab es in der Anstalt 3 Kostklassen. Die erste war der der Waisenkinder gleich. Bei der 2. und 3. Kostklasse ist aus den Akten nicht ersichtlich, ob die Zöglinge früh eine warme Suppe erhielten; denn ein Zögling 3. Kost hatte zum ersten und zweiten Frühstück je 8 Lot Brot, mittags Wassersuppe, zum Vesper 8 Lot, zum Abende 102/7 Lot Brot. Zöglinge 2. Kost hatten zum ersten Frühstück 8, zum zweiten 6 Lot Brot, mittags
Stiehler, Bernhard: Aus der Vergangenheit der Kinderbesserungsanstalt Marienhof zu Trachenberge bei Dresden. Henkel, Dresden 1888, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ausdeved_391715186.pdf/24&oldid=- (Version vom 26.12.2024)