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Auf einer Veranda beim Garten hatten die Goldinger Primaner, der letzte „Cötus“ des gewesenen Gymnasiums, darunter auch I., ihre „Fuchsschmore“ gehalten. Die Wände waren mit Sprüchen über das Trinken bekritzelt, von denen so mancher gar witzig lautete, wie z. B. der folgende:

„Aber wer dem braunen Stoffe
Schwelgend sich ergibt, der hoffe
Ungestraft nicht zu bestehn:
Eine kugelrunde Tonne,
Muß er zu der Spötter Wonne
Keuchend durch das Leben gehn.“

Bei Sternenhimmel und Mondenschein kehrten wir nach Goldingen heim.

26. Juli. Am Morgen besuchten wir den lauschigen Schloßpark, an der Stelle am hohen Ufer der Windau gelegen, wo früher das Schloß gestanden, in dem Herzog Jakob das Licht der Welt erblickt hat. Beim Parke unten befand sich die Rummel, zu der wir auch hinabgingen. Großartig war der Anblick des mächtig rauschenden, über den ganzen Fluß sich hinziehenden Falles. Die Goldinger Herren nehmen hier im Sommer ihr Morgenbad. Schön muß es wohl sein, unter dem Falle die Wasserstrahlen über sich errauschen zu lassen! Doch muß der Badende zu schwimmen verstehen, da sich, wie man mir erzählte, hier im Flusse eine Tiefe von 12 Fuß vor­finde. Hier war es auch, wo die Fische in der Luft gefangen werden, was eine Erfindung des Herzogs Jakob sein soll. Die Fische schwimmen stromaufwärts, suchen durch Springen über den Fall hinüber zu gelangen und fallen dabei in die oben an hölzernen Gerüsten (Böcken) aufgehängten Reisigkörbe und Netze hinein. Einmal habe man auf diese Weise sogar einen Stör von großem Gewichte gefangen. Wir besuchten auch eine Sitzung des Goldinger Friedensgerichts. Hier fiel mir der Ehrenfriedensrichter, ein Baron zu M., mit wichtiger

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Edgar Baumann: Im Gottesländchen. In Kommission bei Kluge und Ströhm [et al.], Reval [et al.] 1904, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:BaumannImGottesl%C3%A4ndchen.pdf/106&oldid=- (Version vom 20.8.2021)