war, nicht gerüttelt werden; Alles, was von ihm ausging, war von vornherein „bösewichterisch“. Noch ein leiser Zweifel stieg in mir auf. In allen geschichtlichen Kriegsberichten hatte ich die Sympathie und die Bewunderung der Erzähler immer für diejenige Partei ausgedrückt gefunden, welche einem fremden Joche sich entringen wollte und welche für die Freiheit kämpfte. Zwar wußte ich mir weder über den Begriff „Joch“ noch über den so überschwänglich besungenen Begriff „Freiheit“ einen rechten Bescheid zu geben, aber so viel schien mir doch klar: die Jochabschüttelungs- und Freiheitsbestrebung lag diesmal nicht auf österreichischer, sondern auf italienischer Seite. Aber auch für diese schüchtern gedachten und noch schüchterner ausgedrückten Skrupel wurde ich niedergedonnert. Da hatte ich Unselige wieder an einem sakrosankten Grundsatz gerührt, nämlich daß unsere Regierung – d. h. diejenige, unter welcher man zufällig geboren worden – niemals ein Joch, sondern nur einen Segen abgeben könne; daß die von „uns“ sich losreißen Wollenden nicht Freiheitskämpen, sondern einfach Rebellen sind, und daß überhaupt und unter allen Umständen „wir“ allemal und überall in unserm vollen Rechte sind.
In den ersten Maitagen – es waren kalte, regnerische Tage zum Glück; sonniges, lenzfrohes Wetter hätte einen noch schmerzlicheren Kontrast bewirkt – marschierte das Regiment ab, welchem Arno sich hatte zuteilen lassen. Um sieben Uhr früh … ach, die vorhergehende Nacht … war das eine fürchterliche Nacht! Wäre der Teure auch nur auf eine gefahrlose Geschäftsreise
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 35. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/040&oldid=- (Version vom 31.7.2018)