gegangen, die Trennung hätte mich unsäglich traurig gemacht – Scheiden thut ja so weh – aber in den Krieg! Dem Feuerregen der feindlichen Geschütze entgegen! … Warum konnte ich in jener Nacht bei dem Worte Krieg durchaus nicht mehr dessen erhabene, historische Bedeutung erfassen, sondern nur dessen toddrohendes Grausen?
Arno war eingeschlafen. Ruhig atmend, mit heiterem Gesichtsausdruck lag er da. Ich hatte eine frische Kerze angezündet und hinter einen Schirm gestellt: ich konnte heute nicht im Finstern bleiben. Von Schlafen war ja für mich ohnehin keine Rede – in dieser letzten Nacht. Da mußte ich ihm wenigstens die ganze Zeit ins liebe Gesicht schauen. In einen Schlafrock gehüllt, lag ich auf unserm Bette; den Ellbogen auf das Kissen, das Kinn in die Handfläche gestützt, blickte ich auf den Schlummernden herab und weinte still … „Wie lieb – wie lieb ich Dich habe, mein Einziger – und Du gehst fort von mir … Warum ist das Schicksal so grausam? Wie werde ich leben ohne Dich? Daß Du mir nur bald wiederkehrst! O Gott, mein guter Gott, mein barmherziger Vater dort oben – laß ihn bald zurückkommen – ihn und alle … Laß es bald Frieden sein? … Warum kann es denn nicht immer Frieden sein? … Wir waren so glücklich … zu glücklich wohl … es darf ja auf Erden kein vollkommenes Glück geben … O Seligkeit – wenn er unversehrt heimkehrt und dann wieder so an meiner Seite liegt und für den kommenden Morgen kein Abschied droht … Wie er
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/041&oldid=- (Version vom 31.7.2018)