ruhig schläft – o Du mein tapferer Schatz! Aber wie wirst Du dort schlafen? Da gibt es kein weiches Bett für Dich – da mußt Du auf harter, nasser Erde liegen … vielleicht in einem Graben – hilflos – verwundet …“ Bei diesem Gedanken konnte ich nicht anders, als mir eine klaffende Säbelhiebwunde auf seiner Stirn vorstellen, von der das Blut herabsickert, oder ein Kugelloch in seiner Brust … und ein heißer Mitleidsschmerz ergriff mich. Wie gerne hätte ich meine Arme um ihn geschlungen und ihn geküßt, aber ich durfte ihn nicht wecken; er brauchte diesen stärkenden Schlaf. Nur noch sechs Stunden … tik – tak – tik – tak: unbarmherzig schnell und sicher geht die Zeit jedem Ziele entgegen. Dieses gleichgültige Tick – Tack that mir weh. Auch das Licht brannte ebenso gleichgültig hinter seinem Schirm, wie diese Uhr mit ihrem blöden regungslosen Bronze-Amor tickte … Begriffen denn all diese Dinge nicht, daß dies die letzte Nacht war? Die thränenden Lider fielen mir zu, das Bewußtsein schwand allmählich, und den Kopf auf das Kissen sinken lassend, schlief ich dennoch selber ein. Aber immer nur auf kurze Zeit. Kaum verlor sich mein Sinn in die Nebel eines formlosen Traumes, so krampfte mein Herz sich plötzlich zusammen und ich erwachte durch einen heftigen Schlag desselben, mit dem gleichen Angstgefühle, wie wenn man durch Hilferuf oder Feuerlärm geweckt wird … „Abschied, Abschied!“ hieß der Alarm.
Als ich zum zehnten oder zwölften male so aus
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/042&oldid=- (Version vom 31.7.2018)