„Vor drei Tagen in die Irrenanstalt überführt worden.“ Und der Kopf war hinter der zufallenden Thür wieder verschwunden.
Ein paar Minuten blieb ich regungslos auf demselben Flecke stehen und vor meinem inneren Auge spielten sich die Szenen ab, die hier stattgefunden haben mochten. Bis zu welchem Grade mußte die arme Frau gelitten haben, bis daß ihr Schmerz in Wahnsinn ausbrach!
„Und da wollte mein Vater, daß der Krieg dreißig Jahre währte – für das Wohl des Landes … wie viele solcher Mütter mußten da noch im Lande verzweifeln?“
Aufs tiefste erschüttert ging ich die Treppe herab. Ich beschloß, noch einen anderen Besuch bei einer befreundeten jungen Frau abzustatten, deren Gatte gleich dem meinen auf dem Kriegsschauplatz war.
Mein Weg führte mich durch die Herrengasse an dem Gebäude – das sogenannte Landhaus – vorbei wo der „patriotische Hilfsverein“ seine Büreaus untergebracht hatte. Damals gab es noch keine Genfer Konvention, kein „Rotes Kreuz“, und als Vorbote jener humanen Institutionen hatte sich dieser Hilfsverein gebildet, dessen Aufgabe es war, allerlei Spenden in Geld, Wäsche, Charpie, Verbandszeug u. s. w. für die armen Verwundeten in Empfang zu nehmen und nach dem Kriegsschauplatz zu befördern. Von allen Seiten kamen die Gaben reichlich geflossen; ganze Magazine mußten zur Aufnahme derselben dienen; und
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/051&oldid=- (Version vom 31.7.2018)