„Weil in ihr ein Spott auf eine Sache liegt, die mir heilig ist.“
„Spott? Nicht doch … Einfach eine vernünftige Erwägung.“
„Du weißt doch, daß es Sünde ist, der eigenen Vernunft die Kraft zuzutrauen, in Dingen urteilen zu wollen, die über sie erhaben sind.“
„Ich schweige schon, Lori. Du kannst recht haben: das Nachdenken und Grübeln taugt nicht … Seit einiger Zeit steigen mir so allerlei Zweifel an meinen ältesten Überzeugungen auf, und ich empfinde dabei nur Qual. Wenn ich die Überzeugung verlöre, daß es unbedingt notwendig und gut war, diesen Krieg zu beginnen, so könnte ich jenen nicht verzeihen, welche –“
„Du meinst Louis Napoleon? Das ist freilich ein Intrigant.“
„Ob dieser oder andere – ich wollte unerschüttert glauben, daß es überhaupt keine Menschen waren, die den Krieg veranlaßt haben, sondern, daß er von selber „ausgebrochen“ – ausgebrochen wie das Nervenfieber, wie das Vesuvfeuer –“
„Wie Du exaltirt bist, mein Schatz. Laß uns doch vernünftig reden. Also hör’ mich an. In kurzem wird die Campagne ein Ende haben und unsere beiden Männer kommen als Rittmeister zurück … Ich werde den meinen dann zu bewegen trachten, daß er einen vier- oder sechswöchentlichen Urlaub nehme, um mit mir ins Bad zu reisen. Es wird ihm gut thun nach seinen ausgestandenen Strapazen und auch mir, nach der ausgestandenen Hitze, Langeweile und Bangigkeit.
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/059&oldid=- (Version vom 31.7.2018)