nicht im stande, Dir einen niedrigen Gedanken zuzumuten“ …
„Woher dieses Vertrauen? Eigentlich kennst Du mich ja so wenig.“
Und jetzt forschten wir einander noch weiter aus. Auf diese Frage „seit wann“ wir uns liebten, folgten nun die Erörterungen „warum“? Was mich zuerst angezogen, war die Art gewesen, wie er vom Kriege gesprochen hatte. Was ich im stillen gedacht und gefühlt – glaubend, es könne kein Soldat ein Gleiches denken und am allerwenigsten äußern – das hatte er mit größerer Klarheit gedacht, als ich, stärker gefühlt – und ganz freimütig ausgesprochen. So sah ich, wie sein Herz die Interessen seines Standes und sein Geist die Ansichten seiner Zeit überragten. Das war’s, was sozusagen die Grundlage meiner ihm geweihten Liebe bildete – daneben gab es für das aufgestellte „warum“ noch unzählige „weil“. Weil er eine so hübsche, vornehme Erscheinung besaß; – weil in seiner Stimme ein so sanfter und doch fester Ton vibrierte; – weil er ein so liebender Sohn gewesen; – weil –
„Und Du? Warum liebst Du mich?“ unterbrach ich meinen Rechenschaftsbericht.
„Aus tausend Gründen und aus einem.“
„Laß hören. Zuerst die tausend.“
„Das große Herz – der kleine Fuß – die schönen Augen – der glänzende Geist – das sanfte Lächeln – der scharfe Witz – die weiße Hand – die frauenhafte Würde – der wunderbare –“
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/166&oldid=- (Version vom 31.7.2018)