„Ich könnte noch mehr Beispiele anführen: ebensowenig wie ein Arzt den Krebs und den Typhus lieben, oder ein Richter ein besonderer Verehrer von Einbruchsdiebstählen sein muß. Aber meine Laufbahn aufgeben? Was hätte ich für eine Veranlassung dazu?“
„Veranlassung wäre,“ sagte Tante Marie, „Ihrer Frau das Garnisonleben zu ersparen – und die Angst zu ersparen, falls ein Krieg ausbricht …. Obgleich diese Angst ein Unsinn ist; denn wenn es einem bestimmt ist, alt zu werden, so lebt er lange, trotz aller Gefahren.“
„Die genannten Gründe wären freilich gewichtig. Meiner künftigen Gefährtin die Unannehmlichkeiten des Lebens so viel als möglich fernzuhalten, wird ja mein eifrigstes Bestreben sein; aber die Unannehmlichkeit, einen Mann zu haben, der berufs- und beschäftigungslos wäre, müßte doch noch größer sein, als diejenige des Garnisonlebens. Und die Gefahr, daß mein Rücktritt von irgend jemand als Faulheit oder Feigheit ausgelegt werden könnte, wäre doch noch schlimmer, als die Gefahren eines Feldzuges. Mir ist der Gedanke wirklich keinen Augenblick gekommen … Hoffentlich auch Ihnen nicht, Martha?“ (Vor Leuten hatten wir das „Du“ wieder eingestellt.)
„Und wenn ich es als Bedingung stellte?“
„Das werden Sie nicht. Denn sonst müßte ich auf das höchste Glück verzichten. Sie sind reich – ich besitze nichts als meine militärische Charge, als
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/172&oldid=- (Version vom 31.7.2018)