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Kinderfreund sei; aber einmal war der Kleine seiner Martha Sohn, und zweitens war er wirklich lieb und herzig und schmiegte sich seinem Stiefvater gar so zärtlich an. Wir machten häufig Pläne für die Zukunft des Knaben. Soldat? … Nein. Dazu würde er nicht taugen, denn in unserem Erziehungsplan würde die Drillung zur Kriegsruhmliebe keinen Platz finden. Diplomat! Vielleicht. Am wahrscheinlichsten aber Landwirt. Als künftiger Erbe des Dotzkyschen Majorats, welches ihm von dem nunmehr sechsundsechzigjährigen Onkel Arnos einst zufallen mußte, würde es ihm Berufs genug sein, seine Besitzungen rationell zu verwalten. Dann sollte er seine kleine Braut Beatrix heimführen und ein glücklicher Mensch werden. Wir waren selber so glücklich, daß wir gern für die ganze Mitwelt, und für die künftigen Geschlechter obendrein, Schätze von Lebensfreude hätten gesichert sehen wollen … Dennoch verschloß sich unsere Einsicht dem Elend nicht, unter welchem der größte Teil der Menschheit seufzt und wohl noch durch manche Generation wird seufzen müssen: Armut, Unwissenheit, Unfreiheit – so vielen Gefahren und Übeln ausgesetzt – unter diesen Übeln das fürchterlichste: der Krieg. „Ach, wenn man beitragen könnte, es abzuwälzen!“ Dieser seufzende Wunsch entrang sich oft unseren Herzen, aber die Betrachtung der herrschenden Zustände und Ansichten stellte solchen Wünschen ein entmutigendes „Unmöglich“ entgegen. Leider – der schöne Traum, daß es allen „wohlergehe, und alle lange leben mögen auf Erden“, läßt sich nicht erfüllen – wenigstens nicht in der Gegenwart.

Empfohlene Zitierweise:
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/182&oldid=- (Version vom 31.7.2018)