Du mich, viel zu glücklich – und deshalb ist mir bang.“
„Abergläubisch, meine Martha? Stellst Du Dir auch neidische Götter vor, welche zu schönes Menschenglück zerstören?“
„Nicht die Götter – die unsinnigen Menschen selber beschwören das Unglück auf sich herab.“
„Du spielst auf den möglichen Krieg an? Es ist ja noch nichts entschieden, wozu denn der frühzeitige Kummer? Wer weiß, ob es zum Kampfe kommt, wer weiß, ob ich mitgehen muß? … Komm her, mein Liebling, setzen wir uns“ – er zog mich neben sich auf das Sofa – „verschwende Deine Thränen nicht an eine bloße Möglichkeit.“
„Schon die Möglichkeit ist mir schmerzlich. Wäre es Gewißheit, Friedrich, ich würde nicht sanft und still an Deiner Schulter weinen – ich müßte laut aufschreien und aufjammern … Aber die Möglichkeit, die Wahrscheinlichkeit, daß in dem anbrechenden Jahre Du mir durch Armeebefehl aus den Armen gerissen würdest – die genügt schon, mich in Bangen und Trauer zu versetzen.“
„Bedenke, Martha, Du gehst ja auch selber einer Gefahr entgegen – wie mir dies Dein Weihnachtsgeschenk so lieb verkündet hat – und doch denken wir beide nicht an die grause Möglichkeit, die jeder Frau im Wochenbette beinahe ebenso häufig droht, wie jedem Manne auf dem Schlachtfelde … Freuen wir uns des Lebens und denken wir nicht an den über unser aller Häupter schwebenden Tod.“
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/197&oldid=- (Version vom 31.7.2018)