mit einem schon halb Verlorengegebenen scheinen. Wenn ich mich für einen Moment in das Angstgefühl zurück versetzte, welches mich vor Friedrichs Rückkunft erfüllte, oder mir die Bilder herauf beschwor, welche meine Fiebernächte gequält hatten – Friedrich, allerlei Todesqual erleidend – und mich dann an seinem Anblick weidete, so jubelte mir das Herz. Ich hatte ihn jetzt noch lieber, noch hundertmal lieber, den wiedererlangten Gatten, und ich empfand seinen Besitz als einen immer anwachsenden Reichtum. Schon hatte ich mich für eine Bettlerin gehalten – und jetzt: – die Freudenmillion war mein!
Die ganze Familie war in Grumitz versammelt. Auch Otto, mein Bruder, brachte seine Ferien bei uns zu. Er war jetzt fünfzehn Jahre alt und sollte noch drei Jahre in der Wiener-Neustädter Militärakademie zubringen. Ein herziges Bürschchen, mein Bruder, und des Vaters Liebling und Stolz. Er sowohl, als Lilli und Rosa füllten das Haus mit ihrer Lustigkeit. Das war ein ewiges Lachen und Springen und Ball- und Raquette-Spiel und allerlei tolles Streiche-machen. Vetter Konrad, dessen Regiment unweit von Grumitz in Garnison lag, kam so häufig als möglich herübergeritten und hielt bei den Ausgelassenheiten der Jungen wacker mit. Eine zweite Partei bildeten die Alten – nämlich Tante Marie, mein Vater und einige als Gäste bei uns weilende Kameraden des Letzteren. Unter diesen wurde fleißig Karten gespielt, gemäßigte Parkpromenaden gemacht, den Tafelfreuden gehuldigt und unabsehbar viel „kannegegossen“. Die eben stattgehabten
Bertha von Suttner: Die Waffen nieder!. Dresden/Leipzig: E. Pierson’s Verlag, 1899, Band 1, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Bertha_von_Suttner_%E2%80%93_Die_Waffen_nieder!_(Band_1).djvu/245&oldid=- (Version vom 31.7.2018)